Dieselskandal Was wusste Müller?

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Topthema „Emissionen und Grenzwerte“

In den Jahren des Manipulationssoftware-Rollouts war ein Mann an oberster Stelle für die weltweite Produktstrategie verantwortlich: Müller. In Sitzungen von Lenkungskreisen saß er, diskutierte mit Technik-, Produktions- und Vertriebsverantwortlichen die Produktstrategien für einzelne Länder. Dabei „ganz häufig ein Topthema“, wie ein VW-Manager berichtet: „Emissionen und Grenzwerte.“

"Ich bin ja kein Software-Ingenieur"
Martin Winterkorn Quelle: dpa
Martin Winterkorn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Volkswagen Quelle: dpa
Martin Winterkorn (M), ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, steht, begleitet von seinen Anwälten, als Zeuge in der Sitzung des Abgas-Untersuchungsausschusses Quelle: dpa
Martin Winterkorn Quelle: dpa
An den Ausschussvorsitzenden Herbert Behrens (Linke) gerichtet: „Sie stellen nun zurecht viele Fragen. Wie konnte so etwas passieren? Und, die Kardinalfrage: Wer ist dafür verantwortlich?“ Quelle: REUTERS
Auf Behrens' Frage, wann Winterkorn erstmals vom Einsatz einer Täuschungssoftware („defeatdevice“) erfahren habe: „Sicher nicht vor September 2015. (...) Ich bin ja kein Software-Ingenieur.“ Quelle: REUTERS
Martin Winterkorn Quelle: REUTERS

Selbst wenn dabei die großen Themen von Müller ferngehalten wurden, stellt sich die Frage, ob ihm kein Verschulden vorgeworfen werden kann. Denn auch Gefahren zu übersehen oder bewusst wegzusehen kann Managerversagen sein und Regressansprüche des Unternehmens nach sich ziehen, sagt Rechtsanwalt Andreas Lotze von der Kanzlei Aulinger in Essen. Er vertritt Manager, die vom Unternehmen in Regress genommen werden. „Sobald ein Manager etwa weiß, dass ein bestimmtes Produkt zum Beispiel besonders gefährlich ist, Risiken von ihm ausgingen oder dies mit extremen Mängeln behaftet ist, ist er verpflichtet, genauer hinzusehen“, sagt er. Die Pflicht gelte auch für nachfolgende Führungsebenen.

Müller hielt es bis 2010 auf der zweiten Führungsebene des VW-Konzerns, dann zog es ihn nach Stuttgart. VW hatte Porsche übernommen, Müller wurde Chef der Nobelmarke. Ein Jahr später stieß Weggefährte Hatz zu ihm, als neuer Entwicklungschef von Porsche. Den Posten als Motorenchef des VW-Konzerns behielt Hatz.

Der Abgasskandal und der Machtkampf im Frühjahr 2015 halten den VW-Konzern seit zwei Jahren im Krisen-Modus. Dabei wurden einige interessante Sätze gesagt – können Sie die Zitate der richtigen Person zuordnen?

2010–2015: Chef der Marke Porsche

Müller war kaum bei Porsche an Bord, da packten die Stuttgarter einen Vorstoß in den USA an. Mit dem Geländewagen Cayenne wollte Porsche in den US-Dieselmarkt einsteigen. Porsche hatte keinen eigenen Dieselmotor und wollte daher den Motor des Q7 von Audi kaufen. Die Ingolstädter boten nicht nur den Motor an, sondern auch die dazugehörige Abgasreinigung inklusive Schummelsoftware. US-Fahndern zufolge erklärten sie Porsche en détail, was es mit der AdBlue-Dosierungsstrategie auf sich hat. „Trotz dieser Informationen“, schreibt der Generalstaatsanwalt von New York, „verfolgte die von Wolfgang Hatz geführte Entwicklungsabteilung den Kauf der mit der illegalen Software ausgerüsteten Audi-Motoren“. Dieselgate war auch bei Porsche angekommen. Doch weder Hatz noch Müller, so sagt VW, hätten davon etwas mitbekommen.

Wie intensiv die Einblicke der ersten und zweiten Führungsebene in technische Fragen sein können, zeigt ein Arbeitsrechtsprozess bei Audi. Exdieselmotorenchef Weiß wurde im Zuge des Abgasskandals entlassen. Dokumente, die Weiß’ Anwalt Ende Februar vor Gericht präsentierte, sollen eine Verwicklung von Audi-Chef Rupert Stadler belegen. So ist etwa in dem Beschluss eines Steuerkreises bei Audi, dem Stadler als Chef der Marke vorstand, von einer ganz bewusst „dreckigen“ Betriebsweise eines Dieselmotors die Rede.

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