
"Mission: Future Sportscar." Unter dieses Motto hatte Porsche seinen diesjährigen Auftritt bei dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans gestellt. Auf riesigen Plakaten an der Haupttribüne machte der Stuttgarter Sportwagenbauer klar, was er mit seinem Motorsport-Engagement bezweckt: Der Rennwagen 919 Hybrid soll die Grundlage für künftige Straßensportwagen sein.
Dass Porsche mit dem 919 Hybrid bereits viel gelernt hat, demonstrierte das Unternehmen in Le Mans eindrucksvoll: Im zweiten Jahr nach der werksseitigen Rückkehr haben die Zuffenhausener gleich einen Doppelsieg eingefahren. Der 919 war über das gesamte Rennen das schnellste und zuverlässigste Auto im Feld.
Posted by Porsche on Donnerstag, 11. Juni 2015
Den Triumph hat Porsche nun genutzt, um Pläne für ein neues Modell anzudeuten. Auf Facebook veröffentlichte der Autobauer ein Foto, auf dem neben dem siegreichen 919 Hybrid von Nico Hülkenberg, Nick Tandy und Earl Bamber ein mit einem weißen Tuch verhülltes Auto steht. Unter dem Porsche-Logo ziert ein Schriftzug das weiße Tuch: "Future Sportscar".
Porsche wird zum Tesla-Gegner
Da das Foto ohne weiteren Kommentar gepostet wurde, hat Porsche viel Raum für Spekulation gelassen. Bei Facebook wünschte sich zwar der ein oder andere Fan, dass der Sportwagen der Zukunft von einem Zwölfzylinder-Boxermotor angetrieben wird, wie einst der legendäre Porsche 917. Tatsächlich dürfte es aber eher ein Schritt in die Zukunft als in die Vergangenheit werden: ein Elektro-Porsche.
Das Fachmagazin "Autobild" schließt aus dem Foto, dass es sich aufgrund der Länge des verdeckten Autos nicht um einen neuen 911er handeln könne. Hier kusierten zuletzt Gerüchte, dass die kommende Generation der Sportwagen-Ikone neben aufgeladenen Turbo-Benzinern auch einen Hybridantrieb bekommen könnte. Als deutlich wahrscheinlicher gilt allerdings, dass sich unter dem Tuch eine komplett neue Baureihe verstecken könnte: das Projekt 717.
Unter diesem Namen entwickelt Porsche dem Vernehmen nach ein Elektroauto. Nicht auf Basis eines der Sportwagen, aber auch kein SUV. Der 717 soll Sportwagen-typisch flach wie ein 911er sein, vier Sitze und vier Türen haben, aber nicht ganz so groß wie die Porsche-Limousine Panamera werden. Zusammen mit einer kolportierten Leistung von 500 PS wird das Vorbild des Elektro-Porsche klar. Es wird – vereinfacht gesagt – ein Tesla Model S aus Zuffenhausen.
Im vergangenen Jahr hatte sich Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz noch skeptisch über einen reinen Elektro-Porsche geäußert. "Ein reines E-Fahrzeug ist aktuell nicht der Weg von Porsche. Für mich bleibt der Pferdefuß die Reichweite", sagte Hatz in einem Interview mit der "Auto, Motor, Sport". "Selbst die besten elektrischen Sportwagen kommen bei sportlicher Fahrweise nicht über 150 Kilometer hinaus. Mit einem Porsche muss ich aber wenigstens von München in die Berge oder von Stuttgart zum Bodensee und zurück mit Spaß sportlich fahren können, sonst ist das für mich kein tragfähiges Konzept. Und so weit ist die Batterietechnologie heute noch nicht." 350 bis 400 Kilometer bei sportlicher Fahrweise seien eine Zielgröße, die man erreichen müsse.
Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen
Noch sind die reinen E-Autos deutlich teurer als ihre Benzin-Pendants. Ein Beispiel: Der E-Golf von Volkswagen ist ab 35 000 Euro zu haben. Ein Golf mit vergleichbarer Ausstattung kostet nur 24 150 Euro. Doch das könnte sich ändern. Laut Berechnungen des Ingenieurbüros P3 sind Elektrofahrzeuge ab dem Jahr 2018 beim Preis wettbewerbsfähig, wenn nicht sogar im Vorteil. Dabei werden neue Batterien zu Grunde gelegt, die einen höheren Nickelanteil vorweisen.
Die Batterietechnologie, die für den Preis verantwortlich ist, ist auch der Grund für einen weiteren Knackpunkt: Für den E-Golf gibt Volkswagen eine Reichweite zwischen 130 und 190 Kilometern an. Für eine Fahrt in den Urlaub dürfte das kaum reichen, zumal die Zahl der Ladepunkte in Deutschland im Vergleich zu den herkömmlichen Tankstellen noch klein ist. Auch das dürfte sich aber mit der Weiterentwicklung der Batterietechnologie ändern.
Vor allem auf dem Land kann die geringe Reichweite zum Problem werden. Deutschland liegt laut der Nationalen Plattform Elektromobilität mit 4800 Ladepunkten an 2400 Standorten im internationalen Mittelfeld. Nach dem Willen der EU Kommission sollen bis 2020 in Deutschland 150 000 öffentlich zugängliche Ladestationen entstehen. Zum Vergleich: Laut ADAC lag die Zahl der herkömmlichen Tankstellen 2013 bei 14 328.
Smart-Chefin Annette Winkler spricht sich schon lange offen für eine Förderung von E-Autos aus. Das müssen nicht unbedingt finanzielle Anreize sein: Der Bundestag erlaubte jüngst Städten und Gemeinden, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Ob das ausreicht, zweifelt unter anderem VDA-Präsident Matthias Wissmann an. Er fordert finanzielle Impulse - wie zum Beispiel Sonderabschreibungsregeln für Firmenwagen. In anderen Ländern wie den USA, China oder Frankreich bekommen Käufer Cash vom Staat beim Kauf eines E-Autos.
Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) rollten Ende 2014 knapp 19 000 reine E-Autos auf deutschen Straßen. Die Zahl der sogenannten Plug-In-Hybride, die die Bundesregierung zu den E-Autos zählt und die sowohl an der klassischen Tankstelle als auch an der Steckdose betankt werden, lag bei 108 000. Insgesamt waren 44,4 Millionen Pkw in Deutschland unterwegs. Das Ziel der Bundesregierung von einer Million elektrisch betriebenen E-Autos bis 2020 liegt damit noch in weiter Ferne. An der Auswahl kann es nicht liegen: Im vergangenen Jahr kamen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) 17 neue Serienmodelle mit Elektroantrieb auf den Markt. 2015 sollen noch einmal zwölf weitere hinzukommen. Selbst der elektroskeptische Porsche-Chef plant offenbar mit einem E-Auto: Zuletzt schloss Müller nicht mehr aus, dass das bis Ende des Jahrzehnts geplante nächste Porsche-Modell rein elektrisch betrieben wird.
Wenige Monate später zeigte sich Hatz im Vorfeld des 24-Stunden-Rennens schon deutlich optimistischer. "Bei der Batterie sind wir durch das Le-Mans-Programm in Leistungsdichten vorgestoßen, die wir sonst kaum kennengelernt hätten", so der Entwicklungsvorstand. "Das heißt nicht, dass wir das 1:1 in die Serie übertragen können, denn da spielt die elektrische Reichweite gegenüber dem Zuwachs an Performance noch die dominierende Rolle. Aber durch den ungeheuren Leistungsdruck in dieser Topliga lernen wir unglaublich viel in sehr kurzer Zeit."
Es dürfte kein Zufall sein, dass das "Future Sporstcar" direkt neben dem Le-Mans-Rennwagen das erste Mal gezeigt wurde.