Elektroauto Chinesisches Start-up Nio setzt auf den Standort Deutschland

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Autonomes Fahren: Vision schlägt Marke

Um die besten Lösungen in puncto Personal zu finden, rekrutiert Nio-Gründer William Li gern auch mal persönlich bei BMW: „Ich wurde direkt von William Li angesprochen“, sagt Kris Tomasson, New Yorker isländischer Herkunft, der zuletzt das Design für BMWi, die E-Linie von BMW, verantwortet und auch schon in prestigeträchtigen Positionen wie Global Design Director bei Coca-Cola gearbeitet hat.

„Es war die Art und Weise wie er mir diese Gelegenheit präsentiert hat: Eine brandneue Automarke, eine völlig neue Identität, zu kreieren – ohne an Vorgaben, ohne an eine bereits existierende Geschichte gebunden zu sein. Das ist für einen Designer einfach ein Traum – und eine wirklich sehr seltene Gelegenheit.“

Ähnlich muss es Carsten Breitfeld, dem Entwicklungsleiter des BMW i8 gegangen sein, als er ein Angebot aus China erhalten hatte: Mit chinesischem Geld, Innovationskraft aus dem Silicon Valley und deutscher Ingenieursarbeit will auch er das Auto neu erfinden, so heißt es. Dafür hat Carsten Breitfeld Byton, ehemals Future Mobility Corporation, gegründet. Und auch bei Byton kommt das Design aus: München.

Diese Start-ups greifen die großen Hersteller an

Insidern zufolge soll nun nach Nio und Byton auch Chery, der größte chinesische Fahrzeugexporteur, mit dem Gedanken spielen, nach München zu gehen. Derweil ranken sich um das ebenfalls Tesla nacheifernden China-Start-up Faraday Future, 2017 noch mit der Präsentation eines Elektro-SUV vorgeprescht, Gerüchte über Geldprobleme.

Viele Designer sind von BMW gekommen

„Wir konzentrieren uns im Moment darauf, Autos nach europäischen Standards für den chinesischen Markt zu entwickeln“, sagt Nio-Chefdesigner Tomasson. „Wir nehmen die guten Eigenschaften, die speziell deutsche Autos weltweit zu diesem hohen Ansehen verholfen haben: Qualität, Expertise, Design und Materialien.“ Dafür hat er sich – wie auch Breitfeld – bewährte Kollegen von BMW ins Team geholt, etwa den Koreaner Juho Suh, der zuvor bei BMW das Advanced Exterior Design verantwortet hat. Oder Jochen Paesen mit einem Abschluss in Vehicle Design vom Royal College of Art in London, der bei BMW i für das Interieur Design zuständig war. Da ist es kein Wunder, dass die Entwürfe vom neuen BMW-i-Modell und von Nios Vision Car Eve trotz aller kreativen Freiheit nicht wirklich weit auseinanderliegen.

„Wenn Sie einmal die Tür geöffnet haben, sehen Sie den großen Unterschied, denn wir haben ein von Grund auf autonomes Auto gestaltet, dessen Innenraum wie ein zweites Wohnzimmer ist. Denn in diesem Wagen werden die Menschen alles andere machen, nur nicht mehr fahren“, so Tomasson.

Bei Nio wird derzeit emsig an weiteren Modellen gearbeitet, an welchen, bleibt noch geheim. Ebenso, welche europäischen Märkte zuerst erschlossen werden sollen. Selbstbewusst plant das Start-up seine Show- und Verkaufsauftritte: Nach derzeitigem Stand wird Nio dieses Jahr auf keiner der klassischen Automessen vertreten sein, da es sich als eine neue Generation von Autohersteller positioniert. Dem technologie- und nachhaltigkeitsinteressierten Autofahrer in Deutschland wird Nios erstes Elektro-SUV deshalb im Februar 2018 auf der Jahreskonferenz von Infineon in München präsentiert.

In China soll der Wagen bereits 2018 auf den Markt kommen – und damit in etwa im selben Zeitraum wie das erste Serienauto von Byton. Auch beim Image liefert sich Nio noch den Wettstreit mit Byton, wer in Zukunft bei den Fans als Apple unter den autonomen China-Elektroautos gilt.

Dafür setzt Nio nach der Eröffnung des ersten „Nio House“ noch in diesem Jahr auf zehn weitere so genannte User-Experience- und Lifestyle-Center in Chinas Megacities und Ballungsräumen – und holt der neuen chinesischen Mittelschichtsfamilie (mit dem Kauf eines Nio-Autos) deutsches Design, europäischen Lebensstil und den amerikanischen Traum vom Tellerwäsche zum Millionär in ihr Leben. Verspricht zumindest das Image-Video.

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