Alle reden von der Reichweite. Geht es um Elektroautos, kommt das Gespräch schnell auf eine der Grundängste der Autofahrer: mit leerem Akku liegenzubleiben. Ohne Strom geht nichts in einem Elektroauto, einfach etwas Benzin aus einem Kanister nachfüllen geht nicht. Eine Ladesäule muss her, und zwar dringend.
Dass die Akku-Angst deutsche Autofahrer vom Kauf eines Elektroautos abhält, haben schon diverse Umfragen gezeigt. 2014 wurden hierzulande gerade einmal 8500 E-Autos neu zugelassen, damit sind derzeit rund 24.000 Elektroautos auf in Deutschland unterwegs – inklusive der teilelektrischen Plug-In-Hybride. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Stromer auf der Straße zu haben, ist in schier unerreichbare Ferne gerückt.
Die Reichweiten-Sorgen will der Elektro-Pionier Tesla jetzt gelöst haben – per Software-Update. Das System soll den Fahrer davor warnen, unabsichtlich wegen einer zu geringen Reichweite liegen zu bleiben. „Es wird unmöglich sein, die Batterie leer zu fahren, wenn man es nicht mit voller Absicht tut“, kündigte Tesla-Chef Elon Musk kürzlich an.
Vernetzte Ladestationen
Die Idee der Kalifornier: Die Ladestationen sollen nicht nur in einer Karte verzeichnet, sondern auch intelligent miteinander vernetzt werden. Mit der neuen Software überprüft das Tesla Model S alle 30 Sekunden, welche Ladestation für den aktuellen Standort die beste ist und ob sie noch frei ist. „Es gibt viele Tesla-kompatible Ladestationen, etwa bei Hotels, die einfach vernetzt werden müssen, damit sie im System auftauchen und die Autos sie ansteuern können“, so Musk.
Umstrittene Förderung für Elektroautos
Beim Kampf gegen die Erderwärmung geraten immer wieder die Autofahrer in den Blick. Der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) geht in Deutschland nämlich zu einem Sechstel auf das Konto des Straßenverkehrs. Als klimaschonende Variante gelten Elektroautos, die nicht mit Benzin, sondern mit Strom angetrieben werden. Deshalb will der Bundestag am Donnerstagnachmittag ein Gesetz verabschieden, das einige Privilegien für die Besitzer von E-Autos vorsieht.
Wenn es nach der Bundesregierung geht: viel zu wenige. Bis zum Jahr 2020 wird nämlich die Zielmarke von einer Million E-Autos angepeilt. Zu Jahresbeginn waren es aber nur 18.948 Fahrzeuge mit reinem Elektromotor sowie 107.754 Hybrid-Autos, die sowohl mit einem Elektro- als auch mit einem herkömmlichem Verbrennungsmotor fahren können. Im Vergleich zu den bundesweit 44,4 Millionen zugelassenen Pkw ist der Anteil der Elektroautos aber verschwindend gering.
Zum einen ist der Anschaffungspreis relativ hoch: So kostet der VW-Kleinwagen Up! in der Elektroversion mit fast 27.000 Euro etwa dreimal so viel wie das Basismodell. Ein weiteres Problem ist die Reichweite: Derzeit muss ein reines E-Auto im Schnitt nach 150 Kilometern neu geladen werden, doch dafür fehlt vor allem auf dem Land die notwendige Infrastruktur. Und die niedrigen Spritpreise motivieren derzeit auch nicht gerade zum Abschied vom Benziner.
Eine staatliche Kaufprämie, die immer wieder gefordert wird, ist derzeit nicht vorgesehen. Stattdessen sollen E-Autos die innerstädtischen Busspuren nutzen können und spezielle, kostenfreie Parkplätze erhalten. Allerdings schafft der Bundestag mit seinem Gesetz lediglich die rechtliche Grundlage dafür. Ob den Elektroautos tatsächlich solche Privilegien eingeräumt werden, muss jede Kommune für sich selbst entscheiden.
Eher nicht. Kaum eine deutsche Großstadt will ihre Busspuren für Elektroautos öffnen. So haben Berlin, Hamburg und München bereits deutliche Ablehnung signalisiert: Mit Bussen, Taxis und Krankenwagen sei bereits die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Auch der Deutsche Städtetag warnt, die Zulassung weiterer Fahrzeuge auf der Busspur würde den öffentlichen Nahverkehr verlangsamen. Die Forderungen nach staatlichen Kaufanreizen reißen ebenfalls nicht ab. So wünscht sich die Autoindustrie großzügige Steuererleichterungen für elektronische Firmenwagen. Für Privatleute brachte der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) eine Kaufprämie von 5000 Euro ins Gespräch. Ähnliche Regelungen gibt es bereits in Frankreich und China. Doch davon will die Bundesregierung nichts wissen.
Die Lösung von Tesla setzt also nicht auf größere Batterien, die höhere Reichweiten ermöglichen, um die Zweifel der Kunden zu zerstreuen. „Wir könnten bereits heute Batterie-Packs bauen, die Reichweiten von 500 Meilen möglich machen“, sagt Musk. „Die Fahrer würden im Alltag dann aber sehr viel ungenutzte Kapazität mit sich herumschleppen. Und das wird schwer und auch teuer. Ich halte Batterien mit einer Reichweite von 250 bis 300 Meilen für optimal.“
Das Aufladen dauert Stunden
Auch wenn sich die Reichweiten-Angst – zumindest für Tesla-Fahrer – mit einem intelligenten und engmaschigen Ladenetz umgehen lässt, ein Problem bleibt: Das Aufladen der Akkus dauert Stunden. Für die Alltagstauglichkeit von Elektroautos ist auch entscheidend, wie schnell der Stromspeicher wieder voll ist. Und bei den Ladezeiten gibt es gewaltige Unterschiede. Denn auch Strom ist nicht gleich Strom – auf Leistung und Spannung kommt es an.
Dirk Uwe Sauer, Professor für Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der RWTH Aachen, hält eine Verbesserung der heutigen Ladezeiten für nötig. „Bei Elektroautos mit einer Reichweite von 300 Kilometern sollte das Aufladen idealerweise nicht länger als 15 Minuten dauern“, sagt Sauer. Doch selbst der inoffizielle Schnelllade-Meister, der Renault Zoë, hängt derzeit noch mindestens eine Stunde am Netz, bis der Akku voll ist – für rund 150 Kilometer.
Wallbox für Garagenbesitzer
Entscheidend ist, woher der Strom kommt. Die Haushaltssteckdose liefert Wechselstrom mit einer Spannung von 230 Volt – diese Zahl kennt jeder. Viel entscheidender ist aber eine andere Zahl: Die Steckdose liefert eine Leistung von 2,4 Kilowatt. Um zum Beispiel einen Nissan Leaf, dessen Akku 24 Kilowattstunden (kWh) fasst, voll zu laden, dauert es mit dieser Leistung zehn Stunden. Ein Tesla Model S mit bis zu 85 kWh hängt sogar 36 Stunden am Kabel.
Elektroauto-Absatz 2014 in Deutschland
Modell: Audi A3 e-tron
Verkaufte Autos: 460 Fahrzeuge
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt KBA
Modell: Renault Twizy
Verkaufte Autos: 573 Fahrzeuge
Modell: VW E-Golf
Verkaufte Autos: 601 Fahrzeuge
Modell: Nissan Leaf
Verkaufte Autos: 812 Fahrzeuge
Modell: Tesla Model S
Verkaufte Autos: 814 Fahrzeuge
Modell: Mitsubishi Outlander PHEV
Verkaufte Autos: 1.068 Fahrzeuge
Modell: VW E-Up
Verkaufte Autos: 1.354 Fahrzeuge
Modell: Renault Zoë
Verkaufte Autos: 1.498 Fahrzeuge
Modell: Smart Fortwo ED
Verkaufte Autos: 1.589 Fahrzeuge
Modell: BMW i3*
Verkaufte Autos: 2.231 Fahrzeuge
*inklusive Modelle mit Range Extender
Abhilfe könnte eine Wallbox schaffen – eine Art Ladestation, die sich Garagenbesitzer an ihren Stellplatz bauen können. Je nach Modell schaffen die Geräte bis zu 22 kW. Mit der hohen Ladeleistung sinkt die Ladezeit entsprechend. Statt der 36 Stunden an der Haushaltssteckdose ist der Akku des Model S an einer 22-kW-Säule bereits nach etwas mehr als vier Stunden voll.
Auch die meisten öffentlichen Ladesäulen arbeiten nach dem 22-kW-Prinzip. Das Wechselstrom-System ist preisgünstig in der Anschaffung und theoretisch fast überall umsetzbar.
Hohes Ladetempo nur gegen Aufpreis
In der Praxis sieht das aber anders aus. Ab Werk können einige der heutigen Elektroautos die 22 kW der Ladesäule gar nicht voll ausnutzen – der Smart Fortwo electric drive etwa nutzt serienmäßig nur 3,3 Kilowatt. Für die volle Leistung muss ein anderes Ladegerät eingebaut werden. Leistungselektronik ist teuer: beim Smart kostet das stolze 3060 Euro.
Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen
Noch sind die reinen E-Autos deutlich teurer als ihre Benzin-Pendants. Ein Beispiel: Der E-Golf von Volkswagen ist ab 35 000 Euro zu haben. Ein Golf mit vergleichbarer Ausstattung kostet nur 24 150 Euro. Doch das könnte sich ändern. Laut Berechnungen des Ingenieurbüros P3 sind Elektrofahrzeuge ab dem Jahr 2018 beim Preis wettbewerbsfähig, wenn nicht sogar im Vorteil. Dabei werden neue Batterien zu Grunde gelegt, die einen höheren Nickelanteil vorweisen.
Die Batterietechnologie, die für den Preis verantwortlich ist, ist auch der Grund für einen weiteren Knackpunkt: Für den E-Golf gibt Volkswagen eine Reichweite zwischen 130 und 190 Kilometern an. Für eine Fahrt in den Urlaub dürfte das kaum reichen, zumal die Zahl der Ladepunkte in Deutschland im Vergleich zu den herkömmlichen Tankstellen noch klein ist. Auch das dürfte sich aber mit der Weiterentwicklung der Batterietechnologie ändern.
Vor allem auf dem Land kann die geringe Reichweite zum Problem werden. Deutschland liegt laut der Nationalen Plattform Elektromobilität mit 4800 Ladepunkten an 2400 Standorten im internationalen Mittelfeld. Nach dem Willen der EU Kommission sollen bis 2020 in Deutschland 150 000 öffentlich zugängliche Ladestationen entstehen. Zum Vergleich: Laut ADAC lag die Zahl der herkömmlichen Tankstellen 2013 bei 14 328.
Smart-Chefin Annette Winkler spricht sich schon lange offen für eine Förderung von E-Autos aus. Das müssen nicht unbedingt finanzielle Anreize sein: Der Bundestag erlaubte jüngst Städten und Gemeinden, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Ob das ausreicht, zweifelt unter anderem VDA-Präsident Matthias Wissmann an. Er fordert finanzielle Impulse - wie zum Beispiel Sonderabschreibungsregeln für Firmenwagen. In anderen Ländern wie den USA, China oder Frankreich bekommen Käufer Cash vom Staat beim Kauf eines E-Autos.
Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) rollten Ende 2014 knapp 19 000 reine E-Autos auf deutschen Straßen. Die Zahl der sogenannten Plug-In-Hybride, die die Bundesregierung zu den E-Autos zählt und die sowohl an der klassischen Tankstelle als auch an der Steckdose betankt werden, lag bei 108 000. Insgesamt waren 44,4 Millionen Pkw in Deutschland unterwegs. Das Ziel der Bundesregierung von einer Million elektrisch betriebenen E-Autos bis 2020 liegt damit noch in weiter Ferne. An der Auswahl kann es nicht liegen: Im vergangenen Jahr kamen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) 17 neue Serienmodelle mit Elektroantrieb auf den Markt. 2015 sollen noch einmal zwölf weitere hinzukommen. Selbst der elektroskeptische Porsche-Chef plant offenbar mit einem E-Auto: Zuletzt schloss Müller nicht mehr aus, dass das bis Ende des Jahrzehnts geplante nächste Porsche-Modell rein elektrisch betrieben wird.
BMW verlangt für die aufwändige Ladeelektronik in seinem i3 1590 Euro. Wollen i3-Fahrer aber nicht an öffentlichen Ladesäulen, sondern in der heimischen Garage laden, werden nochmals 895 Euro für die passende Wallbox fällig. Schlägt man noch die Kosten für die Montage der Wallbox auf, ergibt eine Beispielrechnung der „Auto, Motor und Sport“ einen Gesamtbetrag von 3000 Euro – nur um zu Hause mit schneller laden zu können. Schnell heißt aber noch nicht superschnell: 22 kW unterstützt BMW in Deutschland nicht, hier ist selbst mit der Wallbox Pro bei 4,6 kW Schluss. Für den Gesamtbetrag gibt es auch 2500 Liter Diesel, mit dem ein Kompaktwagen rund 45.000 Kilometer weit kommt. Einmal Aufladen dauert beim i3 aber selbst dann immer noch fünf lange Stunden – statt acht an einer Haushaltssteckdose.
Gleichstrom lohnt sich für Privat-Lader nicht
Doch bei den Schnellladesystemen ist Vorsicht geboten, wenn der E-Autofahrer lange etwas von seiner Batterie haben will. „Lädt man eine Batterie schnell auf, entsteht mehr Wärme – und zu viel Wärme ist auf Dauer nicht gut“, sagt Batterie-Spezialist Sauer. „Aber auch andersherum kann man einer Batterie schaden. Ist die Temperatur nicht hoch genug und man lädt mit hoher Leistung, verkürzt man wegen bestimmter chemischer Effekte die Lebensdauer dramatisch.“
Je schneller eine Batterie geladen wird, desto stärker wird sie in ihrer Haltbarkeit belastet. Deshalb „drosseln“ einige Autobauer das Ladetempo, um die Batterie zu schonen. Lädt man sein Elektroauto über Nacht langsam an der Haushaltssteckdose, ist das laut Sauer selbst bei Frost kein Problem. Aber bereits mit einer 11-kW-Wallbox könne es bei niedrigen Temperaturen zu Problemen kommen. Anders sieht es aus, wenn während einer Langstreckenfahrt an einer Schnellladestation „getankt“ wird – dann ist der Akku bereits warm.
Schneller geht der Ladevorgang, wenn der Wagen nicht mit Wechsel- sondern mit Gleichstrom geladen wird. Teslas Supercharger arbeitet mit bis zu 135 kW, der deutsche Standard mit immerhin noch 50 Kilowatt. Die kostentreibende Technik ist vor allem in den Ladesäulen verbaut, die Autos selbst kommen mit einem relativ simplen Ladegerät aus. Wegen der hohen Anschaffungskosten lohnt es sich für Garagen-Lader kaum, auch die Infrastruktur wird nur langsam aufgebaut – ein Multicharger kostet rund 35.000 Euro.
Das Stichwort Multicharger ist wichtig, denn derzeit konkurrieren vier Schnellladestandards um die Gunst von Kunden und Herstellern. Leistung, Abrechnungsmodalitäten und die Steckerform variieren zum Teil – der „getankte“ Strom ist aber immer gleich. Dazu kommt, dass die öffentlichen Ladesäulen von vielen verschiedenen Unternehmen und Stadtwerken betrieben werden, 230 an der Zahl. Als ob es nicht schwierig genug wäre, eine passende und freie Ladesäule zu finden, man muss auch noch die passende Kundenkarte für die Abrechnung in der Tasche haben.
Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland 2009-2015
Im Jahr 2009 wurden in Deutschland 162 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt
Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 541 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2011 wurden in Deutschland 2.154 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 2.956 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 6.051 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 8.522 Elektroautos zum ersten Mal zugelassen.
2015 stieg der Elektroauto-Absatz auf 12.363 Exemplare. Für das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 ist das weiter viel zu wenig. Der Bestand liegt derzeit bei rund 19.000 Elektroautos.
Wenigstens dieses Problem hat die Politik erkannt und Maßnahmen ergriffen – über die sich aber nicht jeder freut. Bis zum Jahr 2017 sollen im Rahmen des Forschungsprojektes SLAM (Schnellladenetz für Achsen und Metropolen) bis zu 400 Schnell-Ladesäulen aufgestellt werden. Zur deren Finanzierung von insgesamt 12,9 Millionen Euro steuert das Wirtschaftsministerium 8,7 Millionen Euro bei. Die neuen Stationen können allerdings nur von Fahrzeugen mit dem europäischen Stecker-Standard CCS (Combined Charging System) genutzt werden.
Während dieser Standard unter anderem von BMW, VW, Daimler und teilweise GM genutzt wird, fallen Nissan, Toyota, Honda, Mitsubishi, Peugeot, Citroën und sogar Opel mit dem Ampera unter den Tisch. Fahrzeuge dieser Marken benötigen des sogenannte Chademo-System, eine Abkürzung für Charge de Move, was zum Ausdruck bringen soll, dass mit Chademo ein Ladevorgang in Windeseile geschieht. Beide Methoden werden inzwischen von der EU anerkannt – aber eben nur eine wird vom deutschen Staat gefördert.
Experten sehen darin eine Diskriminierung jener Kunden, die sich frühzeitig ein Elektroauto angeschafft haben. Denn auch der Nissan Leaf, das derzeit am weitesten verbreitete Elektroauto der Welt, kann an den SLAM-Ladesäulen keinen Strom zapfen.
Induktion als Lösung?
Das Gezanke um Ladesäulen und -standards hält Sauer für fehl am Platz. „Die Diskussion um die angeblich fehlende Lade-Infrastruktur ist schädlich“, sagt der RWTH-Professor. „Bei einer Strecke von 40 Kilometern am Tag reicht eine Haushaltssteckdose vollkommen aus. Gibt es am Arbeitsplatz und zu Hause eine Lademöglichkeit, braucht man kaum Schnellladesysteme.“
Auch Charly Schorr findet die Diskussion um die Ladesäulen unnütz – wie auch das Laden an der Steckdose. Der Erfinder aus Franken verfolgt einen radikal anderen Denkansatz: „Der Akku in Elektroautos soll das Erfolgsprinzip der Verbrennungsmotoren simulieren, der seine Energie im Tank die ganze Zeit mittransportiert“, sagt Schorr. „Die Energiedichte von Akkus ist aber um Lichtjahre schlechter als die von Benzin, deshalb wird das nie funktionieren.“
Diese Plug-In-Hybride dürfen auf die Busspur
Trotz des Verbrennungsmotors dürfen einige Plug-In-Hybride auf die Busspur, wenn die Kommune es grundsätzlich erlaubt. In den Genuss der Sonderrechte kommen Autos mit einem CO2-Ausstoß von weniger als 50 Gramm pro Kilometer oder einer reinen Elektro-Reichweite von mindestens 30 Kilometer. Ein Überblick.
Audi A3 Sportback e-tron
BMW i8
Chevrolet Volt
Ford C-Max Energi
Mercedes-Benz S 500 Plug-In-Hybrid
Mitsubishi Outlander PHEV
Opel Ampera
Porsche 918 Spyder, Cayenne SE-Hybrid, Panamera SE-Hybrid
Toyota Prius Plug-In-Hybrid
Volvo V60 Plug-In-Hybrid
VW Golf GTE
Audi A4 e-tron
BMW 2er Active Tourer eDrive, X5 eDrive
Mercedes-Benz C 350 Plug-In-Hybrid
Volvo XC90 Plug-In-Hybrid
VW Passat GTE
Audi Q7 e-tron
BMW 3er eDrive
Seine Idee: Mit Induktionsschleifen in den Straßen sollen die Autos erst in dem Moment mit Strom versorgt werden, in dem er gebraucht wird – der Transrapid lässt grüßen. „Straßen, bei denen es sich lohnt, werden mit dem „Schorr Power Net“ ausgestattet. Dabei zählt nicht der Status der Straße, ob es zum Beispiel eine Autobahn oder eine Landstraße ist“, sagt Schorr. „Es geht nur um die Verkehrsdichte. Somit müsste nur ein geringer Teil des Straßennetzes mit dem System ausgestattet werden, um bereits einen großen Effekt zu erzielen.“ Auf dem Rest der Straßen müssten die Autos nach Schorrs Plan wieder mit Verbrennungsmotor fahren – CO2-Ausstoß und Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen inklusive.
Infrastruktur ist teuer
Im Prinzip umgibt jeden Stromleiter ein Induktionsfeld, bei gewöhnlichem Wechselstrom mit einer Frequenz 50 Hertz aus der Haushaltssteckdose bleibt dieses Induktionsfeld in der Isolierung des Kabels stecken. „Bei hohen Frequenzen von 35.000 Hertz reicht das Feld aber rund 20 Zentimeter weit – weit genug, um von der Straße in ein Auto übertragen zu werden“, behauptet Schorr.
Doch selbst dann wären enorme Investitionen notwendig. Neben der Straße müsste eine Versorgungsleitung gelegt werden. Alle 100 bis 200 Meter müsste ein Schaltschrank aufgestellt werden, in dem ein Frequenzumrichter den Strom auf die notwendigen 35.000 Hertz bringt. Von dort aus gelangt der hochfrequente Strom dann in die einzelnen Induktionsschleifen.
Das Wichtigste über Wasserstoff und Brennstoffzelle
Wasserstoff ist im Gegensatz zum Öl kein begrenzter Rohstoff. Es ist das am häufigsten vorkommende chemische Element. Größter Erzeuger ist die chemische Industrie, die Wasserstoff als Neben- oder Koppelprodukt herstellt. Allein damit könnten in Deutschland nach Angaben des Technologiekonzerns Linde 750.000 Fahrzeuge betrieben werden.
Das Prinzip ist einfach, die technische Umsetzung aber anspruchsvoll: Bei der energieaufwendigen Elektrolyse wird Wasser mit Hilfe von Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Wasserstoff ist ein flüchtiges und reaktionsfreudiges Gas, das nur unter hohem Druck oder extrem gekühlt gelagert werden kann.
In einer Brennstoffzelle erzeugen Wasserstoff und Sauerstoff an einer Membran in einer sogenannten kalten Verbrennung Elektrizität. Dabei entsteht auch Wärme. Das Abgas ist Wasserdampf. In einem Auto kann mit einer Brennstoffzelle ein Elektromotor angetrieben werden.
Umstritten ist aber die Erzeugung des Wasserstoffs. Bislang wird der Energieträger zu 90 Prozent aus dem fossilen Rohstoff Erdgas hergestellt. Während aus dem Auspuff eines Brennstoffzellenautos nur Wasserdampf entweicht, wird bei der Herstellung des Wasserstoffs das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) freigesetzt. Wird Wasserstoff aber mit Hilfe von Strom aus Windenergie oder Photovoltaik gewonnen, ist die Klimabilanz deutlich besser.
Die Reichweite von Autos mit Brennstoffzelle ist deutlich größer als die der batteriegetriebenen Fahrzeuge. Ein Beispiel: Eine Mercedes-Benz B-Klasse mit Brennstoffzelle hat nach Unternehmensangaben eine Reichweite von 385 Kilometern, der Elektro-Smart mit Batterie kann bis zu 135 Kilometer zurücklegen.
Dass Energieübertragung per Induktion keine Utopie ist, zeigt unter anderem ein Modellversuch in Braunschweig. Dort fährt ein Elektrobus im Linienbetrieb, der ohne Ladekabel auskommt. An speziell ausgerüsteten Haltestellen wird per im Boden versenkter Induktionsplatte der Akku nachgeladen – womit es sich von Schorrs System unterscheidet, bei dem die Energie „just in time“ übertragen werden soll.
In einem Punkt ähneln sie sich aber wieder: Man ist von einer bestimmten Infrastruktur abhängig. Und genau da liegt für Dirk Uwe Sauer das Problem. „Das Schöne an der Elektromobilität ist aus meiner Sicht, dass ich kein Henne-Ei-Problem habe. Jeder hat zu Hause eine Steckdose und kann sofort loslegen“, sagt der RWTH-Professor. Eine Induktions-Infrastruktur müsse erst für viel Geld aufgebaut werden. „Solange investiert niemand in ein entsprechendes Fahrzeug, was wiederum die Verbreitung der Infrastruktur hemmt. Brennstoffzellenautos und Wasserstofftankstellen sind hier ein gutes Beispiel.“
Ob per Heimlader, Supercharger oder Induktion: Den Durchbruch hat die Elektromobilität noch nicht geschafft. Obwohl inzwischen einige Modelle auf dem Markt sind, steigt die Nachfrage nur langsam. Laut dem Plan der Bundesregierung müssten es bis Ende 2015 200.000 Elektroautos sein. Sprich: In den kommenden neun Monaten müssten noch gut 175.000 Elektroautos auf die Straße.
Nur in Ländern, in denen die Regierungen Elektroautos subventionieren, habe die Stromer nennenswerte Anteile an den Neuzulassungen geschafft – allen voran das Paradebeispiel Norwegen mit elf Prozent. In Berlin will die Politik nach wie vor nichts von einer Kaufprämie wissen. Stattdessen soll die Befreiung von der Kfz-Steuer Autokäufer zum E-Auto locken. Bei einem Steuersatz von zwei Euro pro 100 Kubikzentimeter Hubraum fällt die Ersparnis selbst mit einem Zwei-Liter-Verbrenner vernachlässigbar gering aus: Es sind lediglich 40 Euro pro Jahr.
Anmerkung der Redaktion: In einer frühreren Version des Artikels hieß es, ein BMW i3 könne mit bis zu 22 kW geladen werden. Das stimmt nicht, BMW unterstützt diese Technologie nicht – maximal sind 4,6 kW möglich.