Elektroauto-Förderung Was man über die E-Auto-Prämie wissen muss

Die Kaufprämie für Elektroautos spaltet die Nation: Ist sie teures Wunschdenken der Politik auf Kosten der Steuerzahler oder sinnvolle Anschubfinanzierung? Das Wichtigste im Überblick.

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Für diese Autos gibt es die Elektro-Kaufprämie
Der kompakte Nissan Leaf profitiert nach der Ankündigung der staatlichen E-Auto-Prämie von einer Aktion Quelle: Presse
Der Kleinwagen Renault Zoe ist der aktuelle E-Auto-Bestseller in Europa.Hierzulande steht der Franzose für mindestens 21.500 Euro in der Preisliste, hinzu kommt eine monatliche Batteriemiete von mindestens 49 Euro. Renault hat angekündigt, zusätzlich zum Herstelleranteil weitere 1.000 Euro vom Preis nachzulassen, der Kunde zahlt also insgesamt 5.000 Euro weniger. Der Elektromotor leistet maximal 65 kW/88 PS. Damit kommt der Renault Zoe in 13,5 Sekunden bis auf Tempo 100, maximal bei 135 km/h. Als Reichweite gibt Renault 210 Kilometer an. Je nach Methode dauert das Aufladen der Akkus zwischen 30 Minuten und 9 Stunden. Quelle: Presse
Der kompakte Nissan Leaf profitiert nach der Ankündigung der staatlichen E-Auto-Prämie von einer Aktion:Der japanische Hersteller hat angekündigt, nicht nur den geforderten Industrieanteil von 50 Prozent zu zahlen, sondern mit dem Preis seiner E-Autos um weitere 1.000 Euro runterzugehen. Der regulär ab 23.365 Euro erhältliche Kompaktwagen wird somit 5.000 Euro günstiger. Hinzu kommt die Batteriemiete von 79 Euro pro Monat. Den 80 kW/109 PS starken Stromer gibt es in zwei Varianten: mit einer 24 kWh oder 30 kWh großen Batterie. Mit dem stärkeren Akku steigt die Reichweite des Kompakten auf 250 Kilometer. Quelle: Presse
Die baugleichen Elektro-Kleinstwagen Citroen C-Zero, Mitsubishi Electric Vehicle (Foto) und Peugeot Ion stellen eine Leistung von 49 kW/67 PS bereit Quelle: Presse
Peugeot IonDer Franzose ist Teil eines Trios, denn er ist baugleich mit den Elektro-Kleinstwagen Citroen C-Zero und Mitsubishi Electric Vehicle. Mit 49 kW bzw. 67 PS beschleunigen alle drei von 0 auf 100 km/h in 15,9 Sekunden und erreichen eine Maximalgeschwindigkeit von 130 km/h. Rund 150 Kilometer reicht der Akku, die Ladezeit liegt zwischen 30 Minuten (80 Prozent) und neun Stunden. Die Preise für den C-Zero und den Ion starten bei 19.390 Euro. Das dritte Modell im Trio, das Mitsubishi Electric Vehicle, kostet ab 23.790 Euro. Quelle: Presse
Die Elektro-Version des Kleinstwagens VW Up kommt inklusive Batterie und kostet 26.900 Euro Quelle: Presse
Smart for two electric drive (bis 2015)Der Smart Fortwo Electric Drive  befindet sich gerade im Wechsel der Modellgenerationen. Die alte mindestens 23.680 Euro (inkl. Akku) teure Generation mit 55 kW/75 PS starkem Elektromotor wird nicht mehr produziert, bei einigen Händler sind aber noch vorkonfigurierte Neufahrzeuge erhältlich. Das auf der aktuellen Generation Smart basierende neue E-Auto kommt Ende des Jahres auf den Markt. Neben dem zweisitzigen Smart Fortwo und seinem Cabrio-Ableger wird erstmals den viersitzige Smart Forfour mit E-Motor geben. Der 65 kW/88 PS starke Antrieb stammt vom Zoe des Kooperationspartners Renault. Quelle: Presse

Ende April trommelte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Autobosse und ihr halbes Kabinett zusammen. Nach einem langen Abend war klar: Mit einem milliardenschweren Förderprogramm will Schwarz-Rot dafür sorgen, dass bald Elektroautos das Stadtbild prägen. Heute hat die Bundesregierung nun Details zu Kaufprämien, Steueranreizen und Ladesäulen beschlossen. Für die müssen zwar teilweise noch die EU-Kommission und der Haushaltsausschuss des Bundestages grünes Licht geben, aber dass die Elektroauto-Zuschüsse kommen werden, steht fest. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur E-Auto-Förderung:

Wie funktionieren die Kaufprämien?

Wer ein E-Auto kauft - ob Hybrid oder "reiner" Stromer, bekommt von Staat und Autoindustrie einen kräftigen Zuschuss. Für reine E-Autos mit Batterie gibt es insgesamt 4000 Euro „Umweltbonus“, wie die Prämien offiziell heißen - also 2000 Euro vom Bund und 2000 Euro vom Hersteller, die sich die Gesamtkosten von 1,2 Milliarden Euro teilen. Bei Hybridautos, die per Stecker geladen werden und einen ergänzenden Verbrennungsmotor haben, sind es insgesamt 3000 Euro Prämie (1500 Euro Staat/1500 Euro Hersteller).

Allerdings müssen Interessierte bei hoher Nachfrage nach der Prämie schnell zugreifen. Wenn die 1,2 Milliarden Euro verteilt sind, ist der Topf leer und es besteht kein Anspruch mehr auf Förderung. „Wenn Sie eine Prämie wollen, kaufen Sie schnell“, rät Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Spätestens Schluss sein soll am 30. Juni 2019.

Welchen Effekt soll die Prämie haben?

Die Regierung erwartet, dass so der Kauf von „mindestens 300.000 Fahrzeugen“ angeschoben wird. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hofft sogar auf 500.000. Das wäre zwar immer noch nur die Hälfte des regierungsamtlichen Ziels von einer Million E-Autos bis 2020 - verglichen mit 25.500 reinen „Stromern“ plus aktuell 19.000 Stecker-Hybriden zu Beginn des Jahres dennoch ein Durchbruch.

Gibt es Kritik an der Prämie?

Ja. Schon alleine in der Bundestagsfraktion von CDU und CSU gab es große Bedenken gegen die staatlichen Kaufanreize - einen Aufstand gegen Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, die für die E-Prämien ist, wagte die Fraktion jedoch nicht.

FDP-Chef Christian Lindner hält die staatlichen Kaufanreize für Elektroautos für einen Fehlgriff der schwarz-roten Koalition. „Die Kaufprämie für E-Autos kostet viel und bringt wenig“, sagte Lindner. Die Förderung diene nur der Gesichtswahrung von Union und SPD, die mit ihrer „E-Planwirtschaft“ Schiffbruch erlitten hätten. „Der Verlierer steht heute schon fest: Es ist wieder einmal der Steuerzahler“, meinte Lindner. An diesem Mittwoch will das Kabinett ein Maßnahmenpaket beschließen, um den Absatz von Elektrofahrzeugen anzukurbeln.

Lindner zeigte sich verwundert, dass die Wirtschaftspolitiker von CDU und CSU bei den Prämien, die ein Rückfall in alte Subventionszeiten seien, mitmachten: „Das ist die völlige Marginalisierung des marktwirtschaftlichen Flügels der Union.“

Diese Elektroautos gibt es zu kaufen
Smart fortwo electric drive Quelle: Daimler
VW e-Up! Quelle: Volkswagen
BMW i3BMW ist mit dem i3 einen mutigen Schritt gegangen: Die Münchner haben nicht nur ein futuristisches Design gewagt, sondern auch gleich eine Kohlefaser-Karosserie in Serie gebracht. Alle anderen Elektroautos auf dem Markt basieren auf mehr oder weniger mutig gezeichneten Stahl- und/oder Alu-Karosserien. Deutlich über 2000 i3 sind bereits auf deutschen Straßen unterwegs. Dabei fällt er stärker auf als andere Elektroautos, denn sein extrovertiertes Design polarisiert. Minuspunkt: Beim Laden ist der Elektro-BMW nicht der allerschnellste, da er nicht mit den dafür nötigen Schnelllade-Standard unterstützt. In der Preisliste steht der i3 ab 34.950 Euro.Leistung: 170 PSAkku: 18,8 kWhReichweite: 190 km Quelle: BMW
Nissan Leaf Quelle: Nissan
Volkswagen e-Golf Quelle: Volkswagen
Renault Zoë Quelle: Renault
Mitsubishi EV/Peugeot iOn/Citroën C-Zero Quelle: Mitsubishi

Die Grünen kritisieren die Finanzierung der Kaufprämien durch die Steuerzahler. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Oliver Krischer, hält die Anreize von bis zu 4000 Euro aus Klimaschutzgründen zwar für vernünftig - es gebe aber keinen Grund, warum alle Steuerpflichtigen dafür bezahlen sollten. „Richtig wäre es, wenn die Fahrer von übermotorisierten Spritschluckern die Prämie finanzieren“, sagte Krischer.

Selbst Umweltschützer kritisieren die milliardenschwere Förderung für die Autobranche, die gerade wegen diverser Abgas-Affären im Fokus steht und auch aus Verbraucherverbänden hagelt es Kritik. Das alles sei ein „Förderungsprinzip per Gießkanne“, meint der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD): „Elektroautos unabhängig von ihrem Nutzwert und ihrem Energieverbrauch zu fördern, ist aus der Sicht des Klimaschutzes sinnfrei.“ Klaus Müller vom Verbraucherzentralen-Bundesverband hat eine soziale Schieflage im Paket ausgemacht: „Die Kaufprämie kommt nur wenigen Verbrauchern zugute, die sich ohnehin so ein Auto leisten können.“

Was gibt es bei der Elektro-Offensive über die Kaufprämie hinaus?

Neben dem wohl für Verbraucher naheliegendsten Aspekt der Kaufprämie hat das Kabinett Steuererleichterungen und einen Plan für eine stärke Ladeinfrastruktur vorgestellt. "Wir starten heute unsere Ladesäulen-Offensive für Deutschland", erklärte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Der Schlüssel für den Durchbruch der Elektromobilität sei eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Mögliche Standorte von Ladesäulen sind Tankstellen und Autohöfe an Hauptverkehrsachsen, Einkaufs- und Sportzentren, Carsharing-Stationen sowie Bahnhöfe, Flughäfen und Messezentren.

Außerdem werden reine E-Autos rückwirkend zum 1. Januar für zehn Jahre von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Kleiner Randaspekt: Wer im Betrieb sein E-Auto auflädt, muss dies nicht als geldwerten Vorteil bei der Steuer anmelden.



Was die Prämie bringt und wie Autokäufer sie bekommen

Wie wird ein Prämienantrag gestellt?

Wie 2009 bei der „Abwrackprämie“ beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) in Eschborn bei Frankfurt - allerdings nur online in einem Internet-Portal, das bald freigeschaltet wird. Dort werden auch alle Fahrzeugmodelle der verschiedenen Hersteller aufgeführt sein, für die die Prämie gilt.

Wer die Prämie bekommen will, muss eine Rechnungskopie vom Autohändler sowie den Zulassungsnachweis auf den Antragsteller (Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief) vorlegen. Dafür hat man einen Monat Zeit nach Eingang des Antrags beim Bafa. Achtung: Um die 2000 Euro Bonus vom Staat für einen reinen „Stromer“ oder 1500 Euro für einen Hybrid-Wagen zu bekommen, muss auf der Rechnung vom Autohändler stehen, dass der Hersteller eine Prämie in selber Höhe vom Netto-Kaufpreis bereits abgezogen hat.

Wer kann den Umweltbonus beantragen?

Anträge dürfen Privatpersonen, Firmen, Stiftungen, Körperschaften und Vereine stellen. Das E-Fahrzeug darf aber erst nach dem 18. Mai gekauft worden sein. Käufer müssen das neue E-Auto mindestens neun Monate behalten, das gilt auch für Leasing.

Lohnt sich ein E-Auto steuerlich?

Ja. Rückwirkend zum 1. Januar 2016 wird die Steuerbefreiung für neue (und umgerüstete) Elektrofahrzeuge von fünf auf zehn Jahre verdoppelt. Bei der Einkommensteuer wird steuerbefreit, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern erlaubt, ihr privates E-Auto in der Firma aufzuladen. Arbeitgeber bekommen die Möglichkeit, geldwerte Vorteile pauschal mit 25 Prozent Lohnsteuer zu besteuern. Diese Regelungen gelten befristet vom 1. Januar 2017 bis Ende 2020.

Welche Hersteller machen bei den Kaufprämien mit?

Die deutschen Autobauer wie Volkswagen, Daimler und BMW sind dabei, aber auch viele ausländische Hersteller ziehen mit. So beteiligen sich nach Angaben ihres Branchenverbandes VDIK Citroen, Hyundai, Kia, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Renault, Toyota und Volvo. Einzelne Anbieter wollen sogar auf die Prämien noch einen Zuschlag drauflegen, um E-Auto-Kunden anzulocken.

Derzeit bieten die Autohersteller insgesamt etwa 30 Elektrofahrzeuge als Serienmodelle an. Das geht aus Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) hervor. Zu Elektrofahrzeugen werden dabei auch Hybridautos gezählt, die Verbrennungsmotor und Stromantrieb kombinieren. Die meisten elektrisch betriebenen Autos sind solche Hybride, die sowohl mit Benzin als auch an der Steckdose betankt werden können.

Reine Elektroversionen ohne Benzin-Unterstützung sind noch rar: Allein BMW hat ein Elektroauto im Programm, das ausschließlich als solches gedacht ist. Andere Hersteller haben den E-Motor bislang nur als Variante im Angebot. Bei Volkswagen sind das beispielsweise E-Golf und E-Up, bei Daimler die B-Klasse und eine Version des Smart.

Einige Hersteller planen aber in den nächsten Jahren reine E-Modelle. Opel will seinen bislang hybriden Ampera 2017 vollelektrisch auf die Straße schicken. Audi folgt 2018 mit einem Elektro-SUV, auch Daimler will dann ein reines E-Modell mit einer Reichweite von 400 bis 500 Kilometern schaffen. Porsches Elektromodell, dass unter dem Namen „Mission E“ läuft, wird erst später kommen - ebenso ist es bei Volkswagen.

Rechnen sich Kaufprämien für Privatleute, und was bringen sie für den Klimaschutz?

Der ADAC hat nachgerechnet. Selbst mit 4000 Euro Höchstprämie bleibe ein Großteil der aktuellen E-Modelle bei den Kosten pro Kilometer deutlich teurer als Benziner oder Diesel, heißt es beim Autofahrer-Verband. Experten monieren, dass die Batterien noch zu schwer seien, ihre Reichweite zu gering sei und im Winter zu viel Strom für die Heizung im E-Mobil verloren gehe. Wissenschaftler zweifeln, ob die Prämie ihren Zweck - weniger Kohlendioxid- und Stickstoffausstoß durch E-Antriebe - erfüllen wird. Der Chef des wissenschaftlichen Beirates beim Bundeswirtschaftsministerium, Hans Gersbach, schrieb in einem Brief an Gabriel, sinnvoller seien mehr Elektro-Stadtbusse, gezielte Fahrverbote oder eine Innenstadt-Maut wie in London und Oslo.

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