Elektroauto-Index Evi Frankreich überholt Deutschland bei Elektromobilität

Frankreich hängt Deutschland bei der Elektromobilität ab, wie der aktuelle Electric Vehicle Index (Evi) von McKinsey zeigt.

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Grafik: EVI-Index

Nicolas Sarkozy, französischer Staatspräsident, und Vincent Bolloré, bretonischer Unternehmer, haben eine gemeinsame Leidenschaft: Elektroautos. Sarkozy will mit der neuen Technik die Autobauer seines Landes sanieren, Präsidentenfreund Bolloré wittert eine Möglichkeit, sein Milliarden-Vermögen zu mehren. Die beiden reisten im Sommer 2009 nach Bolivien, um mit Staatschef Evo Morales die Belieferung der französischen Industrie mit dem Rohstoff Lithium klarzumachen, der für Elektroautobatterien benötigt wird.

Bolloré versprach daraufhin, er wolle in Frankreich Fabriken für Batterien und -Elektroautos errichten. Sarkozy wiederum beweist seine Liebe zum elektrischen Automobil mit 1,5 Milliarden Euro für Infrastrukturmaßnahmen, mit einer Prämie von 5000 Euro für jeden Käufer eines E-Autos und mit einer Selbstverpflichtung von Behörden und Staatsunternehmen, 100 000 Elektroautos anzuschaffen. Paris fördert zudem mit mehreren Hundert Millionen Euro den Bau von Elektroauto- und Batteriefabriken, beteiligt sich an einer Akkufabrik des halbstaatlichen Autobauers Renault und stampft unter Federführung des in Staatsbesitz befindlichen Stromkonzerns EDF ein Netz von E-Tankstellen aus dem Boden. Alles in allem lässt sich Sarkozy die Anschubhilfen für das Auto der Zukunft rund 2,2 Milliarden Euro kosten.

Autosalon ohne aktuell verfügbaren deutschen E-Pkw

Der Electric Vehicle Index (Evi), den die Unternehmensberatung McKinsey vierteljährlich für die WirtschaftsWoche erstellt, zeigt: Die Industriepolitik mit der Brechstange scheint sich langsam auszuzahlen. Die Grande Nation verzeichnet gegenüber der Evi-Erhebung im Juli das größte Plus, enteilt dem Autoland Deutschland und nimmt die bei der Elektromobilität führenden USA ins Visier. „Das beherzte Vorgehen der französischen Regierung trägt erste Früchte“, sagt Christian Malorny, Direktor und Autoexperte bei McKinsey.

Beim Autosalon in Paris, der vergangene Woche zu Ende ging, konnten die großen deutschen Hersteller keinen einzigen elektrischen Pkw zeigen, der jetzt oder im kommenden Jahr zu kaufen ist. Bei Renault, Peugeot und Citroën waren es fünf. In den kommenden Jahren wird jedes fünfte der neuen Modelle aus Frankreich ein rein batteriebetriebenes Elektroauto oder ein Elektroauto mit zusätzlichem Verbrennungsmotor (Plug-in-Hybrid) sein. Der Anteil von Elektrofahrzeugen an der Produktion der französischen Autoindustrie dürfte damit in fünf Jahren auf 3,4 Prozent klettern. Damit löst Frankreich Japan (3,1 Prozent) als Spitzenreiter ab. Deutschland landet mit 0,9 Prozent der Gesamtproduktion auf dem sechsten Platz.

Bis 2020 will Sarkozy den Anteil von Elektrofahrzeugen am Gesamtfahrzeugbestand auf sechs Prozent ausweiten. Das wären zwei Millionen Fahrzeuge. China peilt 5,5 Prozent an (zwölf Millionen Autos), Deutschland 2,3 Prozent (eine Million). „Deutschland lässt sich Zeit beim Elektroauto, will das Thema gründlicher angehen“, sagt McKinsey-Experte Malorny. „Das ist nicht unbedingt falsch, aber es droht die Gefahr, dass Frankreich technische Standards definiert und die Deutschen dann nachziehen müssen.“

Wie schnell das passieren kann, bewiesen die Franzosen mit dem Dieselrußfilter zu Beginn des Jahrzehnts. Die Deutschen setzten damals auf das falsche Pferd – sie wollten den schädlichen Dieselruß durch moderne Motoren vermeiden statt durch Filter. Doch die französischen Anbieter preschten mit der Filtertechnik vor, bevor die Motoren der Deutschen serienreif waren. Viele Kunden entschieden sich für Modelle mit Filter – und die deutschen Anbieter mussten kleinlaut auf die Filtertechnik umschwenken.

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