Damit ist nicht die weit entfernte Vergangenheit gemeint, als die Elektromobilität ab den 1890er Jahren vielerorts eine erste Blütezeit erlebte und mit dem Lohner-Porsche und der Elektrischen Viktoria von Siemens auch im deutschsprachigen Raum vielversprechende Modelle entwickelt wurden. Die Argumente, weshalb der erste Elektro-Boom ab 1910 wieder verpuffte, klingen den heutigen sehr ähnlich: Akkus sind teuer, schwer und sensibel, Benzin ist billig und ohnehin viel leichter zu transportieren.
Selbst in der Öl-Krise 1973 haben es die Elektroautos nicht geschafft, sich als echte Alternative zu Benzin und Diesel zu etablieren. Bei den großen Autobauern kam der Elektromotor erst wieder Anfang der 1990er Jahre auf die Agenda – als der erste Golf-Krieg das Öl verteuerte und in Kalifornien strenge Umweltgesetze erlassen wurden, die eine stufenweise Einführung von emissionsfreien Fahrzeugen vorsah.
Selbst das gestiegene Umweltbewusstsein in der Bevölkerung konnte die Chefetagen in Stuttgart, Wolfsburg oder München nicht davon überzeugen, konsequent auf den Strom zu setzen. Statt mit der geballten Finanzkraft und Manpower ihrer Entwicklungsabteilungen das Thema voranzutreiben, beschränkte sich die Industrie auf einzelne Pilotprojekte. So finanzierten VW, die damalige Daimler-Benz AG, BMW, Opel und der Bushersteller Neoplan mit 60 Millionen Mark einen Feldversuch auf der Insel Rügen. Mit 60 Fahrzeugen sollte hier im kleinen Maßstab die Praxistauglichkeit erprobt werden.
Viele Projekte liefen nur halbherzig
Doch es hakte von Anfang an. Das kleine Team musste auch die Infrastruktur selbst aufbauen, etwa eine Ladesäule und die Solar-Anlage auf dem Werkstattdach. Anstatt den elektrischen Alltag zu erleben, musste das Team um den früheren VW-Entwickler Christian Voy vor allem mit den Kinderkrankheiten der unausgereiften Testfahrzeuge kämpfen. Zu oft streikten die Batterien oder simple Teile wie ein Stecker. Keine unlösbaren Probleme angesichts der gewaltigen Entwicklungsbudgets, könnte man meinen. Dennoch verloren die Hersteller das Interesse. Später spotteten viele: Für die Autobauer habe sich das Projekt gelohnt. Weil sie beweisen konnten, dass Elektroautos nicht funktionieren.
Es war nicht das einzige Projekt, das die deutschen Autobauer nur halbherzig begleiteten – und so nie zum Erfolg brachten. Ein anderer, vielversprechender Ansatz: Ein knuffiges Stadtauto, extrem kompakte Abmessungen, zwei Sitze, ein kleiner Kofferraum, verpackt mit einer knallbunten Karosserie. Und als Cityflitzer gab es nur einen passenden Antrieb: Elektromotoren.
Diese Idee stammte allerdings weder aus der Forschungs- oder Marketingabteilung eines Autobauers oder eines anderen Unternehmens aus der Mobilitätswelt. Sondern von einem Uhrenhersteller.
Nicolas Hayek, Gründer und Chef der Swatch Group, hatte die Vision eines kleinen, umweltfreundlichen und bezahlbaren Stadtautos. Das „Swatch-Mobil“ sollte sich aufs Wesentliche konzentrieren – zwei Personen, ein Sixpack Bier und das für weniger als 10.000 Franken. Zur Umsetzung der Vision benötigte Hayek Hilfe. Und fand sie in Wolfsburg.