Bei den langsameren Wechselstrom-Ladesäulen mit bis zu 22 Kilowatt ist das Messen selbst kein Problem. Deshalb arbeiten einige Unternehmen daran, ihre Ladesäulen nachzurüsten, damit dem Eichrecht Genüge getan wird. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze:
- Der Ladesäulenhersteller EBG Compleo setzt auf ein sogenanntes „Speicher- und Anzeigenmodul“. Das Gerät, das nachträglich in die Ladesäule eingebaut werden kann, speichert die Messwerte. Über die Tasten und das Display kann der Kunde dann die Kennnummer des Ladevorgangs eingeben und die Messwerte, die er prüfen will, so auch im Nachhinein abrufen. Das geht aber nur an genau der Ladesäule, an der geladen wurde. Bei einer Langstreckenfahrt ist diese möglicherweise mehrere hundert Kilometer weg – entsprechend umständlich ist die Prüfung. Derzeit liegt das Verfahren bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zur Genehmigung. Sobald ein geeichter Gleichstrommesser auf dem Markt ist, will EBG Compleo das System auch hier anbieten.
- Der Ladesäulenhersteller Mennekes kombiniert noch in der Ladesäule die Zählerstände mit den Autorisierungsdaten der Kundenkarte zu einer Lade-Datei. Diese wird dann verschlüsselt in der Cloud gespeichert und ist dort (mit den passenden Login-Daten) abrufbar. Doch auch für die Übertragung in eine externe Datenbank gelten gewisse Vorschriften, die die PTB im März 2017 festgelegt hat. Die Mennekes-Technik wird in neue Ladesäulen eingebaut, kann aber auch bei älteren Modellen nachgerüstet werden. Doch auch dieser Vorschlag liegt noch bei der PTB zur Genehmigung.
- Die eRoaming-Plattform Hubject arbeitet an einem ähnlichen Ansatz wie Mennekes, will die „Transparenz-Plattform“ aber anbieterübergreifend zur Verfügung stellen. Bei dem Open-Source-Projekt werden ebenfalls die Daten in die Cloud übertragen und können eichrechtskonform abgerufen werden. Mit einem Start ist aber nicht vor Herbst zu rechnen.
Die Ladesäulen-Infrastruktur der Bundesländer
Bei einem Anbieter erfüllen bereits heute die Ladestationen die Vorgaben des Eichrechts: Innogy. Als noch unter RWE das Ladenetz aufgebaut wurde, hat das Unternehmen den Grundstein gelegt und kann anders als viele Wettbewerber bereits heute kilowattstundengenau den verbrauchten Strom abrechnen – zumindest bei Wechselstrom. Beim schnellen Gleichstromladen wird wie bei Fastned pauschal abgerechnet (je nach Vertrag 6,95 Euro oder 7,95 Euro, jedoch ohne Zeitbegrenzung).
Am Ende könnte noch ein ganz anderer Ansatz interessant werden: Nicht die Ladesäule wird eichrechtskonform, sondern das Ladekabel. Ein solches Kabel hat das Berliner Start-up Ubitricity entwickelt – ursprünglich mit dem Ansatz, beim Parken am Straßenrand einfach an der nächsten Laterne Strom zapfen zu können. Das Kabel misst den geladenen Strom, überträgt die Daten per Mobilfunk-Modul in die Cloud, worüber dann später abgerechnet werden kann. Auf Ladesäulen übertragen heißt das: Der geeichte Strommesser in der Säule und die Zuordnung eines Ladevorgangs zu einem Kunden samt Speicherfunktion entfällt. Der Kunde sorgt mit seinem eigenen Ladekabel, das einen geeichten Strommesser enthält und nur ihm zugeordnet ist, selbst für die Abrechnung mit dem Anbieter.
Technische Hintergründe zu Akkus
Eine Batterie hat die Aufgabe, beim Aufladen möglichst viele Elektronen aufzunehmen und diese mit möglichst wenigen Verlusten zu speichern. Beim Entladen gibt sie die Elektronen dann wieder ab, um mit diesem Strom zum Beispiel einen Elektromotor oder ein Handy zu betreiben.
Im Akku übernehmen die sogenannten Lithium-Ionen diese Speicheraufgabe: Diesen Atomen fehlt ein Elektron. Daher sind sie elektrisch positiv geladen. Beim Aufladen strömen negativ geladene Elektronen in den Akku und sammeln sich in einem dichten Geflecht aus dem leitfähigen Kohlenstoff Graphit. Dorthin wandern dann auch die positiv geladenen Lithium-Ionen. Jedes von ihnen bindet ein Elektron – man könnte auch sagen, dass jedes Ion ein Elektron festhält, um die Ladungsneutralität zu gewährleisten. Beim Entladen des Akkus verlassen die Elektronen das Graphit nach und nach wieder. Damit wandern auch die positiv geladenen Lithium-Ionen aus dem Graphit-Netzwerk heraus. Später kann der Ladezyklus dann von neuem beginnen.
Je mehr Lithium-Ionen in einen Akku hineinpassen, umso mehr Elektronen und damit Energie können auf gleichem Raum gespeichert werden. Daher arbeitet Bosch schon länger unter anderem daran, den Graphit-Anteil zu reduzieren oder ganz auf das Graphit zu verzichten. Dies würde die Energiedichte des Akkus deutlich steigern. Das scheint jetzt dem Start-up Seeo, das Bosch gekauft hat, gelungen zu sein.
Doch das System hat einen Haken: Es funktioniert nur an Ladepunkten, bei denen der Kunde sein eigenes Kabel einstecken muss. Schnellladesäulen, bei denen erhebliche Mengen Gleichstrom fließen, haben fest verbaute Kabel – ähnlich einer Zapfsäule.
Egal welche Lösung sich durchsetzt, es sollte schnell geschehen. Denn wenn ab 2019 die reichweitenstarken Elektroautos von Audi, Mercedes und Porsche zu den Händlern rollen, muss das Laden so einfach wie das Tanken werden. Kabel rein, Startknopf drücken, eventuell noch mit der Kundenkarte freischalten – alle anderen Vorgänge (etwa rund um das Eichrecht) laufen im Hintergrund ab und belasten den Kunden nicht. Wird der Ladevorgang komplizierter, wird das die Elektromobilität auf dem Weg in den Massenmarkt mehr bremsen als ein fehlender geeichter Stromzähler.