Elektroautos Das Eichrecht bremst Ladesäulen aus

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Warum es legal ist, den Strom zu verschenken

Dass Anbieter wie Allego, Fastned oder Ionity ohne eichrechtskonforme Abrechnung überhaupt Strom anbieten dürfen, liegt an einer rechtlichen Ausnahme: Wird der Strom verschenkt oder pauschal abgerechnet, greift das Eichrecht nicht.

Ionity, ein Joint Venture der Automobilhersteller BMW, Daimler, Ford sowie des Volkswagen-Konzerns mit Audi und Porsche, hatte die kostenlose Testphase zunächst bis Ende Mai befristet. Ein Bezahlmodell ist aber bis heute noch nicht umgesetzt. „Ionity diskutiert mit ihren Shareholdern aktuell über diverse Modelle – man hat sich noch nicht entschieden“, erklärt ein Sprecher auf Anfrage. Nur der Zeitraum steht: „Der Umstieg erfolgt im Laufe des Sommers.“

Fastned hat sich für die Station bei Limburg für ein anderes Modell entschieden, dort wird pauschal abgerechnet. Ein 30-minütiger Ladevorgang kostet 7,50 Euro. Das Problem: Nicht jedes Elektroauto lädt gleich schnell. Das erste Elektroauto, das überhaupt mit 350 Kilowatt laden kann, wird ab 2019 der Porsche Taycan sein. Ein BMW i3, der nur mit 50 Kilowatt laden kann, bekommt in der halben Stunde also deutlich weniger Strom in seinen Akku, es kostet aber gleich viel. Das ist nicht fair, aber eichrechtskonform.

Tesla und seine Verfolger

Anders läuft es bei Fastned im niederländischen Heimatmarkt. Dort wird nur der verbrauchte Strom abgerechnet, bezahlt werden kann per Kredit- oder EC-Karte. Das macht die gelben Fastned-Stationen auch für Spontan-Lader attraktiv, die meist nur zu Hause laden und nicht für Langstreckenfahrten einen festen Vertrag mit Grundgebühr eingehen wollen. Allerdings kostet die Kilowattstunde mit 59 Cent auch deutlich mehr als Haushaltsstrom.

Wie teuer später das Schnellladen bei Ionity wird, steht noch nicht fest. Für Unternehmenschef Michael Hajesch ist aber klar, dass es den Strom nicht dauerhaft zum Nulltarif geben wird. „Ich bin sicher, dass sich für das Schnellladen ein Markt findet und dass sich der Verbraucher schnell an die Tarife gewöhnen wird“, sagte Hajesch im Interview mit dem Fachmagazin „Edison“. „Wir werden unser Preismodell präsentieren, wenn die Zeit dafür reif ist.“

Diese Elektroautos gibt es derzeit zu kaufen
Tesla Model S an einem Supercharger Quelle: Tesla
Citroën C-Zero und Peugeot Ion Quelle: Peugeot
Smart Fortwo und Forfour EQ Quelle: Daimler
Renault Zoë Quelle: Renault
Citroën E-Mehari Quelle: Citroën
VW e-Up Quelle: Volkswagen
Kia Soul EV Quelle: Kia

Oder erst, wenn die Technik dafür reif ist. Da es bislang keinen Bedarf an eichrechtskonformen Gleichstrommessern gab, die mit großen Strommengen umgehen können und zugleich kompakt sind, hat kein Hersteller ein solches Gerät gebaut. Hohe Gleichstromverbräuche wurden bislang nur in der Schienentechnik gemessen. Dort aber spielt die Baugröße kaum eine Rolle – entsprechend sind die Messgeräte in etwa so groß wie eine Ladesäule für Elektroautos.

Die Ionity-Ladesäulen an der Raststätte Brohltal stammen von dem australischen Anbieter Tritium. Ob Tritium eine Funktion nachrüstet, die dem deutschen Eichrecht entspricht, ist nicht klar. Bei anderen Ladestationen arbeitet Ionity mit dem Technologiekonzern ABB zusammen. Die Schweizer haben auch einen 350-Kilowatt-Lader im Angebot. „Die Gleichstrommessung ist eine komplexe technische Thematik, die in ein komplexes regulatorisches Rahmenwerk eingepasst werden muss“, sagt Frank Mühlon, globaler Leiter für Elektroauto-Ladesysteme bei ABB. Für die erste Jahreshälfte 2019 erwartet er die ersten kommerziellen Geräte – gerade rechtzeitig für das Auslaufen der Sonderregelung.

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