Elektroautos Wo die Deutschen schon E-Autos fahren

Wo gibt es die meisten E-Autos in Deutschland? Quelle: imago images

Elektroautos kommen in Deutschland nur zäh in Schwung. Erst 0,12 Prozent aller Pkw fahren rein elektrisch. Doch es gibt extreme regionale Unterschiede: Wo und warum die Deutschen schon elektrisch fahren – und wo nicht.

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Die WirtschaftsWoche hat exklusiv die neusten Zulassungszahlen zu E-Autos nach Städten und Landkreisen untersucht. Betrachtet wurden nur reine Elektroautos, also keine Hybride mit zusätzlichem Benzinmotor. Insgesamt ist die Zahl der reinen E-Mobile gemessen an allen Pkw noch immer gering: 54.000 E-Mobile sind nur 0,12 Prozent aller Pkw in Deutschland. Dabei stieg die Zahl der reinen Batterieautos 2017 um 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und: es gibt extreme regionale Unterschiede.

Rechnet man die Autostädte Wolfsburg, Stuttgart und Böblingen (Daimler), Ingolstadt (Audi) sowie München und Regensburg (BMW) heraus, in denen Eigenzulassungen der Hersteller das Bild verfälschen würden, ergibt sich ein klares Süd-Ost-Gefälle: Im Süden gibt es pro Einwohner mancherorts 40 Mal mehr Elektroautos als im Osten.

Während in Bayern und Baden-Württemberg in manchen Kreisen ein Batterieauto auf wenige Hundert Einwohner kommt, kommen in manchen Kreisen Sachsen-Anhalts mehr als 10.000 Menschen auf ein E-Auto. Teilweise lässt sich das, wie im Falle Starnbergs, mit der höheren Kaufkraft der Bürger erklären. Schließlich sind reine E-Autos, die bereits alltagstauglich sind - also über ein paar hundert Kilometer Reichweite verfügen - noch immer relativ teuer.


Aber Kaufkraft erklärt nicht alles. Die Landkreise Regen in Niederbayern, Rhön-Grabfeld in Franken oder auch Nordfriesland verfügen über eine eher durchschnittliche Kaufkraft im Bundesvergleich, sind aber bei der Elektromobilität ganz vorne dabei.

„Fast immer gibt es in diesen Regionen einen lokalen Leuchtturm, einen Elektro-Pionier, der einfach damit angefangen hat“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Elektromobilität, Kurt Sigl. „Wenn die Leute erst mal am lebenden Objekt sehen, dass es funktioniert, möchten sie es in der Regel auch ausprobieren“.

Lokale Graswurzelbewegungen treiben die E-Mobilität im Süden

Das bestätigt Raimund Nowak, Geschäftsführer der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Wolfsburg-Göttingen und dort zuständig für die Aufklärungsarbeit zur E-Mobilität bei Behörden und Betrieben. „Dort, wo es lokale Pioniere gibt, finden sich meist schnell zahlreiche Nachahmer; wo es den Leuten niemand vormacht, passiert eben nichts. Im Osten gibt es leider oft mehr Wolfsrudel als E-Auto-Fahrer.“

Diese lokalen Treiber können Einzelpersonen sein, Behörden oder Unternehmen, wie der Hildener Bäckereibetrieb Schüren, der bereits seit Jahren E-Autos in seine Lieferflotte integriert und in der Gegend um Köln und Düsseldorf inzwischen auch als gefragter Berater für andere Handwerker und Privatleute fungiert.

Das gibt es auch institutionalisiert: Im unterfränkischen Landkreis Rhön-Grabfeld ist die Kreisstadt Bad Neustadt an der Saale offiziell „Modellstadt Elektromobilität“ des Landes Bayern: Ein Projektmanager der Stadt koordiniert staatlich geförderte Forschungs-, Bildungs- und Industrieprojekte zur Elektromobilität.

Konkrete Beratung am lebenden Objekt hilft

Er steht Bürgern und örtlichen Unternehmen als Ratgeber rund um die E-Mobilität zur Verfügung: welche technischen Lademöglichkeiten gibt es für Arbeitgeber, welche wirtschaftlichen Förderprogramme, welche steuerlichen Besonderheiten? Auch einen privaten Förderverein gibt es in Bad Neustadt, ein Zusammenschluss von Firmen und Privatpersonen, der sich ebenfalls zum Ziel gesetzt hat, die E-Mobilität in der Region voranzubringen.

Offenbar mit Erfolg: Der Autozulieferer Jopp etwa nutzt E-Autos in der Firmenflotte, um Stromverbrauchsspitzen abzumildern. Wenn der Verbrauch durch den Maschinenpark bei Jopp am Abend sinkt, werden die E-Autos geladen. Teilweise geben sie den Strom bei Bedarf am nächsten Tag wieder an den Produktionsbetrieb ab.

Auch der Landkreis Regen im Bayerischen Wald (617 Einwohner je Batterie-Auto) zeigt, dass es in ländlichen Regionen durchaus schon ganz gut klappen kann mit der Elektromobilität. Hier sitzt der lokale E-Autovermieter und Ladesäulenbetreiber E-Wald.

Für Sigl vom Bundesverband keine Überraschung: „Wir lesen und hören immer wieder, die Elektromobilität funktioniere nur in der Großstadt; das lässt sich aber empirisch nicht erhärten. Der viel zitierte Gegensatz zwischen Stadt- und Land existiert nicht.“ Allerdings kommt der relativ hohe Anteil an Einfamilienhäusern in Regen, Nordfriesland oder auch Starnberg der E-Mobilität sehr entgegen: Wer zu Hause laden kann, für den ist ein E-Mobil deutlich alltagstauglicher als für Mieter, die auf öffentliche Ladesäulen angewiesen sind; denn die sind auf dem Land noch immer dünn gesät.

Auch im reichen Starnberg gibt es lokale Vermieter und Car-Sharing-Initiativen, die ganz bewusst E-Autos anbieten, etwa Wunjoo. Hinzu kommt, dass Starnberg in einer günstigen Distanz zu München liegt (37 Kilometer), die es vielen Pendlern erlaubt, den Arbeitsweg rein elektrisch zurückzulegen, auch ohne einen teuren Tesla mit mehr als 500 Kilometern Reichweite.

Schlusslicht Sachsen-Anhalt

Das sieht in Teilen Sachsen-Anhalts natürlich anders aus. Im Salzlandkreis (Kreisstadt: Bernburg) gibt es ganze 19 Elektroautos auf fast 200.000 Einwohner. Damit ist der Kreis zwischen Harz und Dessau Schlusslicht in Deutschland.

Hier kommen einige Faktoren zusammen, die für die Entwicklung der Elektromobilität eher hinderlich sind. Im Zukunftsatlas 2016 belegte der Salzlandkreis Platz 390 von 402 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland und zählt damit zu den Regionen mit generell eher „hohen Zukunftsrisiken“.

Seit 1965 hat sich die Einwohnerzahl halbiert, die Bevölkerung ist überdurchschnittlich alt, die Arbeitslosigkeit hoch. Wer einen Job hat, muss oft weite Strecken fahren. Mit den aktuellen E-Autos außerhalb der hochpreisigen Tesla-Liga ist das noch schwierig.

Vielleicht hätte es ja geholfen, wenn der Landkreis selbst ein Beispiel gegeben hätte. Doch zu mehr als einem Audi A3 e-Tron in der insgesamt 55 Wagen umfassenden Fahrzeugflotte der Kreisverwaltung hat es bei der Behörde bisher nicht gereicht. Landrat Markus Bauer (SPD) fährt lieber einen 270 PS starken Audi A6 mit drei Litern Hubraum.

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