E-Auto-Hemmnis 2: „Das Aufladen ist total kompliziert“
„Viele haben vor allem Bedenken, dass das Aufladen von E-Autos sehr lange dauert und so nur begrenzte Strecken gefahren werden können“, sagt Fabian Gebauer vom Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie an der Universität Bamberg. Der Psychologe nahm im vergangenen Jahr gemeinsam mit Professor Claus-Christian Carbon und einer BMW-Forschungsgruppe diese beiden Vorurteile genauer unter die Lupe und widmete ihnen ein Experiment. 62 Testpersonen wurden zu ihrer Meinung über Elektroautos und deren Zukunftsfähigkeit befragt. Danach durften sie die E-Autos selber testen und aufladen.
Ein Teil an einer bisher üblichen langsamen Ladestation und ein Teil an einer neuen sogenannten DC-Schnellladesäule, die den Stromer in einer halben Stunde komplett auflädt. Im Anschluss daran wurden sie erneut befragt. Eine zweite Gruppe mit 62 Testpersonen bekam die neuen Entwicklungen mithilfe schriftlichen Informationsmaterials vermittelt – ohne echtes E-Auto-Erlebnis. Auch sie wurden befragt.
Man wollte damit der Frage nachgehen, wie die Akzeptanz der Elektromobilität erhöht werden könnte. Das – wohlgemerkt nichtrepräsentative – Ergebnis: Vor allem das aktive Erleben könne Vorbehalte vor E-Autos reduzieren. „Wenn man das schnelle Laden von E-Autos selbst einmal hautnah erlebt hat, fallen die typischen Vorbehalte gegenüber E-Mobilität“, erklärt Carbon. „Hersteller von E-Autos sollten vermehrt Testfahrten anbieten, um Barrieren und Vorurteile gegenüber der neuen Technik abzubauen. Gleichzeitig sollten sie weiter auf Innovation und Weiterentwicklung in diesem Bereich setzen“, so Gebauers Empfehlung.
Spätestens die Schnellladefunktion macht das „total komplizierte und zeitaufwendige“ Laden vergessen. Ladesäulen mit Schnellladefunktion benötigen mittlerweile höchstens eine Stunde, um den Akku eines E-Autos wieder komplett aufzuladen. Manche schaffen es sogar in unter 30 Minuten.
Das Laden mit Stecker ist reine Gewöhnungssache – und im Grunde nicht wirklich etwas anderes als beim Verbrenner. Zudem sind Entwicklungen – etwa bei Audi und BMW – auf dem Weg, mit denen ein Kabel gar nicht mehr nötig ist: Mithilfe einer Bodenplatte namens „Charging Pad“, die ans Stromnetz angeschlossen ist, sollen E-Autos magnetisch aufgeladen werden können. Noch Zukunftsmusik. Aber wird dies demnächst Realität, ist das Aufladen so nicht komplizierter, sondern sogar noch viel einfacherer als Benzintanken an der Tankstelle.
Technische Hintergründe zu Akkus
Eine Batterie hat die Aufgabe, beim Aufladen möglichst viele Elektronen aufzunehmen und diese mit möglichst wenigen Verlusten zu speichern. Beim Entladen gibt sie die Elektronen dann wieder ab, um mit diesem Strom zum Beispiel einen Elektromotor oder ein Handy zu betreiben.
Im Akku übernehmen die sogenannten Lithium-Ionen diese Speicheraufgabe: Diesen Atomen fehlt ein Elektron. Daher sind sie elektrisch positiv geladen. Beim Aufladen strömen negativ geladene Elektronen in den Akku und sammeln sich in einem dichten Geflecht aus dem leitfähigen Kohlenstoff Graphit. Dorthin wandern dann auch die positiv geladenen Lithium-Ionen. Jedes von ihnen bindet ein Elektron – man könnte auch sagen, dass jedes Ion ein Elektron festhält, um die Ladungsneutralität zu gewährleisten. Beim Entladen des Akkus verlassen die Elektronen das Graphit nach und nach wieder. Damit wandern auch die positiv geladenen Lithium-Ionen aus dem Graphit-Netzwerk heraus. Später kann der Ladezyklus dann von neuem beginnen.
Je mehr Lithium-Ionen in einen Akku hineinpassen, umso mehr Elektronen und damit Energie können auf gleichem Raum gespeichert werden. Daher arbeitet Bosch schon länger unter anderem daran, den Graphit-Anteil zu reduzieren oder ganz auf das Graphit zu verzichten. Dies würde die Energiedichte des Akkus deutlich steigern. Das scheint jetzt dem Start-up Seeo, das Bosch gekauft hat, gelungen zu sein.
Tatsächlich kompliziert beim E-Auto-Laden ist hingegen in jedem Fall noch die Nutzung öffentlicher Stationen. Viele Betreiber wollen, dass sich die E-Auto-Fahrer zumindest bei ihnen angemeldet haben – oder sogar einen Vertrag abschließen. Ansonsten gibt es an der Ladesäule keinen Strom. Diese Regelung will die Bundesregierung mit einer Änderung der Ladesäulenverordnung (LSV) aber bald verbessern. Demnach sollen E-Auto-Fahrer an allen öffentlichen Stationen laden zu können – egal, welcher Anbieter sie betreibt.