Das Skoda-Führungsteam unter dem Vorstandsvorsitzenden Bernhard Maier kann zufrieden sein. Zuletzt wurden 2016 mehr als 1,1 Millionen Fahrzeuge verkauft. Und darin ist das erst seit Anfang März erhältliche Mittelklasse-SUV Kodiaq als erwartetes Volumenmodell noch nicht einmal enthalten.
Der VW-Dieselskandal hat in Mlada Boleslav kaum Schaden angerichtet und so schauen alle auf die neuen Produkte. „Wir starten eine SUV-Offensive“, kündigt Maier an, „und auch bei Design, Digitalisierung und Elektroantrieben starten wir durch.“ Bei dem vielversprechend angelaufenen Kodiaq soll es nicht bleiben.
Auf der IAA im Herbst feiert die Neuauflage des kleinen Bruders Yeti seine offizielle Premiere. Er dürfte die SUV-Verkäufe mit seinem neuen, gefälligeren Design ebenfalls anheizen. Mittelfristig scheinen 1,5 Millionen verkaufte Skoda pro Jahr nur eine Frage der Zeit zu sein und die Zwei-Millionen-Marke ist kaum außerhalb der Reichweite.
Der Yeti war bisher zwar durchaus erfolgreich, polarisierte mit seinem Design jedoch noch mehr als der mittlerweile eingestellte Roomster. Anzunehmen, dass der optisch und technisch deutlich überarbeitete Octavia durch den Einzug der beiden neuen SUV beim Verkaufsanteil international unter Druck geraten könnte. Doch das ändert nichts daran, dass der Skoda Octavia gerade als Kombiversion ein Bestseller bleiben dürfte. Auch, weil die Marke durch das Engagement im Rallyesport und die überaus erfolgreichen RS-Modelle seine spritzigen Gene entdeckt hat.
Im April zeigt Skoda eine Elektrostudie
Skoda-Chef Maier will der tschechischen VW-Tochter mehr Emotionalität verpassen. Dies scheint derzeit das Motto bei vielen Automobilherstellern zu sein. Bedenken an eine drohende Kannibalisierung mit Seat oder VW wischt der ehemalige Porsche-Vorstand für Marketing und Vertrieb vom Tisch. „Man macht keine Familie stärker, indem man ein Kind absichtlich schwach hält.“ Das klingt ganz nach Ferdinand Piëch, der einen gesunden Markenwettbewerb begrüßt.
Doch das neue SUV-Doppel ist neben der Designoffensive und einem deutlichen Fortschritt bei Vernetzung und Digitalisierung nur ein kleiner Schritt nach vorn. Auf der Auto China in Shanghai Mitte April zeigt Skoda mit dem Vision E eine realitätsnahe Studie seines ersten elektrischen Autos – ebenfalls ein SUV. Der ist mit 4,65 Metern nur etwas kürzer als der aktuelle Kodiaq, verzichtet aber schon wegen seiner stark abfallenden Dachlinie auf eine dritte Sitzreihe.
„Für uns ist er kein echtes SUV, sondern eher ein Crossover, eben ein CUV mit skulpturalen Formen und einer neuen Dreidimensionalität – gerade an den Flanken“, erläutert Designer Marko Jertic, „es gibt vorne den typischen Skoda-Powerdome. Ohne den Verbrennungsmotor können wir in der Front weitgehend auf Lufteinlässe verzichten.“
Der Vision E ist dabei von vorne und hinten zweifelsfrei als Skoda zu erkennen. Ob es die langen LED-Lichtbahnen in der Front und die Heckleuchten in Kristalloptik in die Serie schaffen, darf jedoch bezweifelt werden.
Skodas Vision E basiert auf VWs Elektrobaukasten
Technisch basiert Skodas Vision E auf dem jüngst von Volkswagen eingeführt modularen Elektrobaukasten, bei dem Spur und Radstand weitgehend variabel sind. „Derzeit arbeiten wir im Konzern mit zwei Radständen“, erläutert Guido Haak, bei Skoda oberster Produktmanager, „der des Vision E liegt bei rund drei Metern.“ Die Serienversion vom ersten hauseigenen Elektromodell wird über eine elektrische Hinterachse angetrieben. Die Leistung von 225 kW beziehungsweise 306 PS reicht für eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h.
Optional gibt es einen Allradantrieb mit zwei Elektromotoren vorne und hinten. Wie bei allen Fahrzeugen auf dem MEB befinden sich die Batteriezellen zwischen den beiden Achsen im Unterboden. „So können wir einen flachen Boden realisieren. Das gibt uns neue Möglichkeiten in Bezug auf Innenraumgestaltung und autonomes Fahren“, unterstreicht Maier, „die maximale Reichweite des Vision E wird bei 500 Kilometern liegen.“
Nach der Serienversion des Vision E sollen bis zum Jahre 2025 vier weitere elektrisierte Skoda-Modelle folgen. Die geplanten Verkaufsziele sind durchaus ambitioniert. Erwarten die Tschechen bis 2020 einen eigenen Anteil von acht Prozent mit alternativen Antrieben; sollen es bis zum Jahre 2025 in Europa 25 Prozent und in China sogar 30 Prozent sein.
Bevor die elektrische Serienversion Ende der Dekade ihre Premiere feiert, bringt Skoda 2019 sein Topmodell Superb mit einem Plug-In-Hybrid auf den Markt. Das ist im Vergleich zur Konkurrenz im und außerhalb des VW-Konzerns sehr spät. So bleibt fraglich, wie lange die Halbwertzeit eines Plug-In-Hybriden ist, wenn ab 2018/2019 konkurrenzfähige Elektromodelle Einzug in die Modellportfolios der verschiedenen Autohersteller halten. „Wir werden im Vergleich zu anderen Plug-In-Hybriden im Konzern die nächste Batteriegeneration bekommen“, ergänzt Haak. Heißt, die rein elektrische Reichweite dürfte auf deutlich über 50 Kilometer steigen, während die Akkupakete günstiger als die aktuellen sind und die Preise so sinken.
Trotzdem bleibt die Frage, ob Skoda nicht zu spät auf den Plug-In-Trend aufspringt und es die Elektromodelle nicht auch getan hätten. Schließlich gibt es sowohl in Asien als auch in Europa nennenswerte Vergünstigungen wie die heiß umkämpften „Abgas-Credits“ dann wohl kaum mehr für Hybriden, sondern nur noch für reine Elektroautos.
Mit dem Elektromodell des Vision E will Skoda auch einen großen Schritt in Richtung autonomes Fahren machen. Gemäß den Voraussetzungen der Stufe drei für autonomes Fahren soll der Tschechen-Crossover unter anderem selbstständig im Stau fahren, per Autopilot Strecken auf Autobahnen zurücklegen, Überholen, freie Parkplätze suchen sowie allein ein- und ausparken können. Dafür stehen diverse Sensoren mit unterschiedlichen Reichweiten und verschiedene Kameras bereit, die das Verkehrsgeschehen überwachen.
Global wollen sich die Tschechen ebenfalls breiter aufstellen. Maier hat China als Baustelle ausgemacht und will auch in Südkorea, dem Heimatland der Hauptkonkurrenten Hyundai und Kia, etwas wagen. „Wir schauen uns Märkte und Segmente an, in denen wir bislang nicht zu Hause waren“, erklärt Maier, der mit seinem Führungsteam seit einiger Zeit an der „Strategie 2025“ feilt. Deren Dreh- und Angelpunkt sind die neuen Elektroautos.