Elon Musk Wie Twitter-Bots die Tesla-Aktie gepusht haben könnten

Meinungsmacher Fanbots: Die Stimmung gegenüber Tesla könnte durch Bot-Accounts auf Twitter gepusht worden sein. Quelle: REUTERS

Den Erfolg von Tesla könnte Elon Musk zum Teil Twitter-Bots zu verdanken haben, die die Pro-Tesla-Stimmung verstärkt haben. Wer die Bots erschaffen hat und in wessen Auftrag sie handeln, ist unklar.

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Eine Menge Bots, die dem Elektroautobauer Tesla zu seinem Erfolg verholfen haben könnten? Was auf den ersten Blick wie aus einer Dystopie klingt, könnte so gewesen sein. Zumindest laut einem Paper des US-amerikanischen Managementprofessors David Kirsch, der an der Universität in Maryland unterrichtet.

„Warum die Tesla-Aktie heute anzieht“ – „Teslas Auslieferungsfehler war bedeutungslos“ – „Enorme langfristige Wachstumsaussichten“. Solche und ähnliche Tweets könnten dem Elektroautobauer Tesla laut dem Professor zum Erfolg verholfen haben.

„Tesla hat in ganz bestimmten Momenten einen Schubs gebraucht“, sagt Kirsch der WirtschaftsWoche. „Das waren die Momente, wenn das Narrativ Risse gezeigt hat.“ Das Narrativ, in das Tesla sich hüllt, ist das eines umweltfreundlichen Unternehmens, mit einem visionären Firmenchef, das bei Batterietechnik, autonomem Fahren und Software weit vorne ist.

Das Image hat das Unternehmen erreicht und mittlerweile auch zementiert – aktuell ist der E-Autobauer über eine Billion US-Dollar wert. Doch haben dabei Bots, also automatisierte Computerprogramme, mitgemischt?

Tesla-Brände drückten Aktienkurs

Ein Blick zurück: Im November 2013 steht es nicht gut um die Tesla-Aktie. Nach mehreren Berichten über Fahrzeugbrände ist die Stimmung schlecht, der Aktienkurs, der noch im September 2013 bei knapp 40 US-Dollar lag, ist unter die 30-Dollar-Marke gefallen. „Für die Vorzeigefirma ist es bereits der dritte Brand in sechs Wochen“, schreibt etwa der „Spiegel“. Und: „Die Vorfälle bedrohen den Erfolg des jungen Unternehmens.“

Am Abend des 7. November werden dann acht Twitter-Accounts in einer Zeitspanne von 75 Minuten neu erstellt, rekonstruiert Kirsch in seinem Paper, das er gemeinsam mit seinem Kollegen Mohsen Chowdhury erarbeitet hat und das er im Juni beim Symposium für E-Fahrzeuge in Oslo veröffentlichen wird.

Diese Accounts hätten in den nächsten sieben Jahre gut 30.000 Pro-Tesla-Tweets abgesetzt. Kirsch ist sicher, dass es sich bei diesen Accounts um Bots handelt. Die kann man beispielsweise über das Social-Media-Tool Botometer erkennen. Das ist bei einigen Accounts zwar auch fehleranfällig.

Fanbots für Elon Musk?

Doch bei diesen acht Accounts ist sich Kirsch sicher. „Wenn man sich die Inhalte anschaut und wie die Accounts agieren, ist klar, dass es keine Menschen sind“, sagt Kirsch. „Menschen posten nicht regelmäßig alle drei Stunden, die schlafen auch mal.“ Für Kirsch war diese Entdeckung wie eine „Smoking Gun“.

Er nennt das Phänomen Fanbots, in Anspielung auf den Begriff Fanboys auf Twitter. Insgesamt hat er 186 solcher Tesla-Fanbots identifiziert. Die gibt es in ähnlichem Ausmaß zwar auch bei Apple oder Amazon. Der Unterschied sei aber, dass der Fanbot-Content bei Tesla viel spezifischer auf das Unternehmen selbst zugeschnitten sei – wohingegen es bei ähnlichen Fanbots eher darum ginge, die generelle Marktstimmung zu verbessern.

Bei seinen Forschungen ging es ihm eigentlich darum, die Spannungen zwischen der Pro-Tesla- (#TSLA / $TSLA) und der Anti-Tesla-Bewegung (#TSLAQ / $TSLAQ) zu untersuchen. Dabei fielen ihm die Bots, die sich hinter der Pro-Tesla-Bewegung formieren, auf. Die Aktivität der Fanbots habe dazu geführt, dass es mehr positiven Tesla-Content gegeben habe und die positive Stimmung gegenüber Tesla dann verstärkt. Den Einsatz der Fanbots nennt er im Paper eine „zusätzliche, strategische Ressource, die nur von der Pro-Tesla-Community genutzt wurde“, oder auch „computergestützte Propaganda“.

Twitter-Bots als Gefahr für die Meinungsfreiheit?

Wer die Bots erstellt hat, bleibt derweil im Unklaren. Er sei zwar neugierig, sagt Kirsch, aber allein die Tatsache, dass es die Bots gibt, zeige, dass irgendjemand überzeugt sei, dass es sich lohne, solche Bots zu erstellen. „Die Interessen dieser Person sind eindeutig Tesla und Elon Musk zugewandt. Egal, ob Musk das in Auftrag gegeben hat oder nicht.“

Ob deren Einsatz nicht auch der Meinungsfreiheit schaden könnte? „Twitter ist ein öffentlicher Raum, zu dem jeder Zugang hat“, antwortet Kirsch darauf. Aber wenn eine Stimme durch Bots eine größere Reichweite bekomme, und das nicht offenlege, dann tue sie so, als sei ihre Nachricht besser. „Dabei ist sie nur lauter.“ Elon Musks Stimme auf Twitter ist selbst schon ziemlich laut, mit über 80 Millionen Followern ist er der reichweitenstärkste Firmenlenker dort und auch selbst extrem aktiv. Seine Liebe zu Twitter zementierte er jüngst mit einem Kaufangebot.

Der Einsatz von solcher „computergestützter Propaganda“ sei vor allem in der Krisenkommunikation hilfreich, schlussfolgert Kirsch „Die sind eine Art Krisenmanagementtool, die die Stimmung von jetzt auf gleich ändern können.“ Darüber könnten Unternehmen das Image, das Narrativ ihrer Firma kontrollieren, wenn die Fundamentaldaten – wie bei Startups häufig – noch wenig über Unternehmenserfolg und Zukunftsaussichten aussagen können.

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General Motors etwa brauche keine Bots, die über sie sprächen, weil sie so eine lange Geschichte haben, sagt Kirsch. „Mittlerweile kann auch Tesla bei Problemen damit kontern, wie viele Autos sie schon gebaut haben.“ Doch in der Vergangenheit seien die Fanbots immer genau dann eingeschritten, wenn Tesla sei gebraucht habe.

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