Erstmals in Coronakrise Automarkt dreht dank Elektro-Boom ins Plus

Der gestiegene Absatz von E-Fahrzeugen hat den deutschen Automarkt im September ins Plus gehievt Quelle: dpa

Die Pkw-Neuzulassungen steigen binnen Jahresfrist um 8,4 Prozent, das hat der deutsche Automarkt vor allem Elektrofahrzeugen zu verdanken. Trotzdem erwarten Experten im Gesamtjahr einen Markteinbruch um ein Fünftel.

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Der rasant gestiegene Absatz von Elektrofahrzeugen hat den deutschen Automarkt im September erstmals in der Coronakrise ins Plus gehievt. Im vergangenen Monat stieg die Zahl aller Pkw-Neuzulassungen binnen Jahresfrist um 8,4 Prozent auf gut 265.000, wie das Kraftfahrt-Bundesamt am Montag mitteilte. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) wies darauf hin, dass der Anstieg durch einen Arbeitstag mehr in diesem Jahr und einen schwachen Vergleichswert im Vorjahr etwas überzeichnet sei.

Von Januar bis September zählte das KBA mit rund zwei Millionen Neufahrzeugen immer noch ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Fachleute erwarten im Gesamtjahr ein Minus von rund 20 Prozent. „Somit wird immer klarer, dass der deutsche Neuwagenmarkt auf eine tiefrote Jahresbilanz zusteuert“, erklärte Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst & Young. Ähnlich äußerte sich der Branchenexperte Stefan Bratzel.

Dank der staatlichen Kaufprämien, die private Käufer in Scharen in die Autohäusern trieben, kletterte die Zahl der Autos mit reinem Batterieantrieb im September um 260 Prozent auf gut 21.000 und erreichte damit einen Marktanteil von acht Prozent.


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Hybridfahrzeuge kamen binnen Jahresfrist mit einem Plus von 185 Prozent auf einen Marktanteil von 20 Prozent. Darunter legten Plug-In-Hybride mit einem Zuwachs um mehr als 460 Prozent besonders stark zu. Sie repräsentierten knapp acht Prozent aller Neuzulassungen.

Der Absatz von Autos mit Benzinmotoren hingegen brach um fast 18 Prozent ein. Die Zahl der verkauften Dieselfahrzeuge sank um gut sechs Prozent. Die Autoproduktion lag mit 2,4 Millionen Einheiten ein Drittel unter dem Vorjahresvolumen.

Der Elektro-Boom stellt die Hersteller bei Produktion und Auslieferung vor Herausforderungen. Viele E-Autos – vor allem preisgünstigen Modelle – sind zurzeit vergriffen, kommen mit hohen Warte- und Lieferzeiten daher. Im August mussten Käufer eines VW e-up! 14 Monate auf ihr Fahrzeug warten. Auf der VW-Webseite heißt es: „Der e‑up! ist vorübergehend nicht mit einer individuellen Ausstattung bestellbar.“ Allerdings stünden bereits produzierte Fahrzeuge bereit. Der Seat Mii electric – der aus der Ferne betrachtet kaum vom e-up! des Mutterkonzerns VW zu unterscheiden ist – ist schon seit mehreren Monaten ausverkauft. Das Fahrzeug sei voraussichtlich erst wieder 2021 verfügbar, so das Unternehmen. Einige preisgünstige E-Modelle sind zurzeit trotzdem verfügbar. Hier finden Sie eine Übersicht.

9 günstige E-Autos, die schon zu haben sind
1. Renault ZOE Die Renault ZOE ist eine Besonderheit: erstens legt Renault auf die staatliche Kaufprämie freiwillig noch einen Tausender drauf, zieht also statt der vorgeschriebenen 3000 gleich 4000 Euro vom eigenen Listenpreis ab. Zweitens kann man bei Renault den Akku auch mieten, statt ihn mit dem Auto zu kaufen, im Markt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Vom Bruttolistenpreis ab 19.900 (Miet-Akku) bzw. 29.900 (Kauf-Akku) gehen also 10.000 Euro Umweltprämie ab; man bekommt also eine neue ZOE für ziemlich genau 10.000 Euro. Das Auto hat einen Akku mit 41 Kilowattstunden (kWh) Stromspeicherkapazität. Damit kommt man realistisch rund 260 Kilometer weit. Die Lieferzeit liegt bei überschaubaren drei Monaten. Quelle: dpa
2. Opel Corsa e Den aus der Verbrennerwelt bestens bekannten Kleinwagen aus Rüsselsheim bekommt man in der günstigsten Version und um die Kaufprämie bereinigt schon für 19.800 Euro. Dafür gibt es knapp 300 Kilometer realistische Reichweite; das Auto kann auch Schnellladen. Die Lieferzeit beträgt inzwischen aber rund acht Monate. Quelle: Presse
3. Nissan Leaf Der Japaner war eines der ersten E-Autos auf dem Markt, ist technisch fast zehn Jahre alt. Bald soll er durch eine neue Plattform von Nissan abgelöst werden. Der Leaf ist schon kein Kleinwagen mehr, sondern Kompaktklasse; fünf Menschen haben einigermaßen Platz. Wer also die gute Förderung und die um drei Punkte gesenkte Mehrwertsteuer noch bis Ende des Jahres ausnutzen kann, bekommt ein E-Auto der Golf-Größe für ab 18.300 Euro. Der Akku ist dafür mit 40 kWh nicht allzu üppig. Der etwas reichweitenstärkere Leaf mit 62 kWh , die eine reale Reichweite von gut 330 Kilometern ermöglichen, kostet 8000 Euro mehr, läge also abzüglich Fördersumme bei rund 26.000 Euro. Quelle: Presse
4. Mini Cooper SE Trotz üppiger Prämien ist der Mini noch etwas teurer als die meisten Konkurrenzmodelle seiner Größe. Nach Abzug der Kaufprämie ist er ab etwa 21.000 Euro zu haben. Dafür bekommt man eine realistische Winterreichweite von knapp 200 Kilometern. Auch nicht gerade viel. Die Wartezeit beträgt zudem rund ein Jahr.  Quelle: Presse
5. smart EQ fortwo Mehr als ein Stadtauto war der Smart noch nie; seit 2020 gibt es ihn konsequenterweise nur noch als Elektroauto. Die äußerst mäßige Reichweite von rund 140 Kilometern lässt mehr aber auch nicht zu. Abzüglich des Umweltbonus ist der EQ fortwo dafür sehr erschwinglich : ab 10.170 Euro. Allerdings ist die Produktion von 2021 derzeit komplett ausverkauft. Der Smart ist über viele Händler aktuell nicht bestellbar. Per Internet schon, wann er geliefert wird, ist aber derzeit unklar.   Quelle: Presse
6. Peugeot e-208 Der Franzose ist technisch das gleiche Auto wie der Corsa-e von Opel. Karosserie und Motor sind baugleich. Wer die 9000 Euro Kaufprämie und den reduzierten Mehrwertsteuersatz mitnehmen kann, bekommt ihn derzeit für rund 20.000 Euro. Der Akku mit 50 kWh ermöglicht eine passable Reichweite von knapp 300 Kilometern. Die Lieferfrist liegt allerdings inzwischen auch schon bei einem dreiviertel Jahr. Quelle: Presse
7. Honda e Viele Analysten bemängelten bei der Vorstellung des ersten reinen Elektroautos des japanischen Konzerns dessen hohen Listenpreis (33.000 bis 39.000 Euro). Für äußerst überschaubare 150 Kilometer reale Reichweite ist das in der Tat ein ambitionierter Preis. Wer sich trotzdem in das ungewöhnliche Design des Autos verguckt hat, bekommt es abzüglich der Kaufprämie derzeit binnen fünf bis sechs Monaten geliefert – für knapp 24.000 Euro. Quelle: imago images

Von den deutschen Marken stach im September Audi mit einem Plus von 42 Prozent heraus. BMW und Mercedes verkauften jeweils 1,9 Prozent mehr neue Modelle. Die Marke Volkswagen, mit einem Marktanteil von 15 Prozent führend, schaffte ein Plus von gut anderthalb Prozent. Abgeschlagen waren dagegen Opel (Minus 27,6 Prozent) und Porsche (Minus 19,7 Prozent). Von den Importmarken erzielte der US-Elektroautobauer Tesla mit fast 83 Prozent den stärksten Zuwachs.

Mehr zum Thema: Der ID.3 von Volkswagen ist eines der wichtigsten Autos der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Die Redaktion der WirtschaftsWoche hat den ID.3 getestet.

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