
Die guten Nachrichten zuerst: Bis einschließlich Juni 2014 haben die Europäer 6,5 Prozent mehr Autos gekauft - respektive neuzugelassen - als im Vorjahr. Das sind 6,62 Millionen Stück um exakt zu sein. Selbst auf dem deutschen Markt, der als weitgehend gesättigt gilt, gab es noch ein kleines Plus von 2,4 Prozent. Die Händler freuten sich über 1,54 Millionen verkaufte Neuwagen. Es kommt - vermeintlich - noch besser: Der Juni war der zehnte Monat in Folge, in dem die Verkäufe zulegten - in der EU um 4,5 Prozent, was 1,2 Millionen neuer Autos entspricht.
Blutleerer Aufschwung
Das klingt nach Aufschwung. Aber die Freude verblasst, betrachten man den Verlauf genauer. Dieser Juni war der zweitschlechteste in den vergangenen elf Jahren. „Das ohnehin nur schwache Wachstum auf dem europäische Neuwagenmarkt hat sich in den vergangenen zwei Monaten weiter verlangsamt – und wird im weiteren Jahresverlauf voraussichtlich auch nicht an Fahrt gewinnen“, kommentiert Peter Fuß, Partner bei der Unternehmensberatung Ernst&Young. Nach einer Prognose des Hauses wird der Neuwagenmarkt sowohl EU-weit als auch in Deutschland im Gesamtjahr um 4 bis 5 Prozent zulegen. Fuß: "Der Aufschwung auf dem europäischen Automarkt ist bislang blutleer.“ Daran werde sich angesichts der ebenfalls nur schwachen konjunkturellen Erholung vorerst auch nichts ändern. Ökonomen gehen zwar von einer Verbesserung der Wirtschaftslage in Europa und einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit aus. Spürbare Impulse werden davon aber nicht ausgehen – dafür ist die Wirtschaftslage nach wie vor zu angespannt. Vor allem aber ist das niedrige Ausgangsniveau zu beachten, von dem die derzeitigen Zuwächse ausgehen. So wurden im bisherigen Jahresverlauf in der EU zwar 6,5 Prozent mehr Autos verkauft als 2013 – aber fast 20 Prozent weniger als im Jahr 2008. In absoluten Zahlen: Im ersten Halbjahr 2014 wurden EU-weit etwa 1,5 Millionen Autos weniger verkauft als in der ersten Hälfte des Jahres 2008.
Hersteller fahren Rabatte zurück
„Von einem einheitlichen Aufwärtstrend sind sowohl der deutsche als auch der europäische Automarkt noch weit entfernt“, glaubt Fuß. Immerhin fünf EU-Länder hätten im Juni im Minus gelegen, in vielen anderen Ländern sei der Zuwachs nicht nachhaltig, sondern mit hohen Rabatten oder staatlichen Prämien teuer erkauft. Fuß: „Die Hersteller werden nun versuchen, die leichte Erholung bei der Nachfrage dafür zu nutzen, die Rabatte zurückzufahren.“
Von der Erholung auf dem europäischen Automarkt profitierten vor allem die französischen Hersteller: Im ersten Halbjahr haben sie 12 Prozent mehr Autos verkauft. Bei Renault trieb die rumänische Tochter Dacia die Verkaufszahlen nach oben. Sie liegt mit 36 Prozent im Plus. Auch die japanischen Hersteller – allen voran Mazda und Mitsubishi – haben überdurchschnittlich gut abgeschnitten und steigerten ihre Verkäufe um knapp
10 Prozent.
Opel legt gut zu
Die Volkswagen-Gruppe bleibt nach Gesamtabsatz die unangefochtene Nummer eins auf den Märkten der europäischen Union. Sie verkaufte mit 1,65 Millionen Autos rund ein Viertel aller neuzugelassenen Fahrzeuge. Das entspricht aber ebenfalls nur einem mageren Plus von 2,5 Prozent. Ähnliche Wachstumsraten weisen die deutschen Premiummarken Mercedes inklusive Smart und BWM mit seinem Lifestyle-Ableger Mini vor. Die Schwaben setzten zwei Prozent mehr Autos ab, die Bayern 2,3 Prozent. Im Juni sah es für BMW mit einem Plus von 4,6 Prozent etwas besser aus, Mercedes verlor gegenüber den Vormonaten und verkaufte 1,2 Prozent weniger Autos. Die Stuttgarter haben eben ihre neuen Smart-Modelle präsentiert. Die Effekte der Neueinführung werden allerdings erst im kommenden Jahr spürbar sein.
Erfreulich ist die Entwicklung bei der kriselnden General-Motors-Tochter Opel. Gemeinsam mit der britischen Schwestermarke Vauxhall verkaufte Opel im ersten Halbjahr 8,6 Prozent mehr Autos - im Juni waren es sogar 12 Prozent. Der gesamte US-Konzern, zu dem auch Marken wie Chevrolet gehören, verkaufte bis Juni allerdings etwas weniger Autos als im Vorjahreszeitraum (- 0,5 Prozent).
Die deutschen Autobauer legten gemeinsam um 5,7 Prozent zu. Aufgrund des stärkeren Wachstums des Gesamtmarkts von 6,5 Prozent ging ihr Marktanteil in der EU leicht von 36,9 auf 36,5 Prozent zurück. Für die Premiumhersteller ist das angesichts des starken Wachstums in China und den USA allerdings recht leicht zu verschmerzen.