Ex-Opel-Chef Neumann „Autohersteller sollten sich aufspalten wie RWE und E.On“

Karl-Thomas Neumann beim Genfer Autosalon 2017. Quelle: dpa

Der langjährige Vorstandschef von Opel und Continental glaubt, dass die deutschen Autokonzerne und großen Zulieferer in ihrer aktuellen Struktur schlecht aufgestellt sind, um den Umbruch in der Branche zu meistern.

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Karl-Thomas Neumann, langjähriger Vorstandschef von Opel und Continental, glaubt, dass die deutschen Autokonzerne und großen Zulieferer in ihrer aktuellen Struktur schlecht aufgestellt sind, den Umbruch in der Branche durch E-Mobilität und Autonomes Fahren zu meistern. „Sie sollten dem Beispiel aus anderen Industrien folgen, die einen ähnlich radikalen Umbruch erlebt haben; sie sollten sich, wie die Energieversorger RWE und E.On, aufspalten“, sagte Neumann im Interview mit der WirtschaftsWoche in Los Angeles, wo er zusammen mit ehemaligen BMW-Managern für das Start-up Evelozcity Autos entwickelt.

Eine solche Trennung biete „weit mehr Vor- als Nachteile“, so Neumann. „Die Autokonzerne haben überwiegend konservative Aktionäre, die auf regelmäßige, lukrative Dividenden angewiesen sind“, begründet Neumann seine Forderung. „Nach einer Trennung in Alt- und Neugeschäft könnte jeder Teil die passenden Shareholder ansprechen.“

Konservative Anleger wie Stiftungen und Pensionskassen bekämen das profitable, aber wachstumsschwache Altgeschäft; risikofreudigere und sehr langfristig orientierte Fonds könnten unverwässert in das Neugeschäft um E-Mobilität, Car-Sharing und Autonomes Fahren investieren.

Neumann äußerte Verständnis für die deutschen Automanager. „Sie sind überall die Besten in der alten Welt, vom Spaltmaß über das Markenimage bis zu Profitabilität, und plötzlich verlangt jemand Milliardeninvestitionen in etwas, das noch keinen Gewinn abwirft; in so einem Klima ist es fast unmöglich, einen radikalen Kurswechsel einzuleiten.“

Daher sei eine Aufspaltung wohl der einzige Weg. Geschehe dies nicht, sieht der ehemalige Conti- und Opelchef die Konzerne in einem zermürbenden Grundsatzkonflikt gefangen, der die wichtigste Industrie des Landes zunehmend zu lähmen drohe: „Es gibt in den Konzernen zu viele lähmende Grundsatzdiskussionen“, sagte Neumann der WirtschaftsWoche.

von Thomas Stölzel, Martin Seiwert, Stefan Hajek

So gebe es die Diskussion um die richtige Antriebsart mit Managern, Investoren, Politikern und Gewerkschaften in Kalifornien und China nicht mehr; in Deutschland drohe sie die wichtigste Industrie im internationalen Wettlauf zurückzuwerfen. „Niemand hier glaubt noch, dass er in einigen Jahrzehnten vorrangig Autos mit Verbrennungsmotor verkaufen wird“, sagte Neumann.

Conti gegen VW, Verbrennertradition gegen Elektrozukunft – die deutsche Autoindustrie leistet sich einen bizarren Glaubenskrieg. Den Frontbericht lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der WirtschaftsWoche. Mit dem WiWo-Digitalpass erhalten Sie die aktuelle Ausgabe immer schon am Donnerstagabend in der App oder als eMagazin. Alle Abo-Varianten finden Sie auf unserer Info-Seite.

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