Braucht ein Tierarzt einen Ferrari? Was eher nach einem Fall für so manchen Stammtisch oder die ein oder andere Einkommensdebatte klingt, hat in diesem Sommer tatsächlich die Richter am Bundesfinanzhof beschäftigt.
Besagter Tierarzt hatte sich – bei Jahresgewinnen zwischen 200.000 und 350.000 Euro – für drei Jahre einen der italienischen Sportwagen geleast. Mit dem schicken Flitzer fuhr er zu Fortbildungen und anderen beruflichen Terminen.
Die hohen Betriebskosten des Ferraris, insgesamt rund 98.000 Euro, wollte der Tierarzt als Betriebsausgaben geltend machen – schließlich konnte er die überwiegend berufliche Nutzung mit einem Fahrtenbuch belegen.
Die BFH-Richter kamen aber zu dem Ergebnis, dass der vollständige Abzug der Ausgaben unangemessen sei. Denn der Tierarzt habe den Ferrari nur an 20 Tagen in drei Jahren betrieblich genutzt. Statt der vollen Summe dürfe der Mediziner für einen Wagen der Oberklasse übliche zwei Euro pro Kilometer abrechnen – bei dienstlich gefahrenen 5600 Kilometern nur ein Bruchteil der Gesamtkosten. Die restlichen 85.000 Euro muss er selbst tragen – ein hoher Preis für den „unangemessenen Repräsentationsaufwand“.
GmbH-Chefs fahren deutsche Limousinen
Zwar schmückt der Ferrari sicher den Parkplatz vor der Praxis und zeigt weithin, wie erfolgreich die Geschäfte des selbstständig praktizierenden Tierarztes laufen. Doch etwas mehr Augenmaß hätten ihm wohl dieses teure Vergnügen erspart.
Die größten Gewinner im deutschen Automarkt
Porsche - Plus 7,1 Prozent - 12.687 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Der Sportwagenbauer aus Zuffenhausen setzt seine Erfolgsgeschichte ungebrochen fort. Auch im ersten Halbjahr legen die Verkäufe zu. Dabei dürften Verkaufsschlager wie der Macan auch weiterhin für Absatz sorgen.
Quelle: Kraftfahrzeugbundesamt
Renault/Dacia - Plus 9,5 Prozent - 79.280 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die Franzosen sind zurück. Mit dem neuen Clio als Zugpferd legt auch der Absatz deutlich zu. Die rumänische Billigtochter Dacia verpasst zwar knapp das zweitstellige Wachstum der Vorjahre, verkauft sich aber weiterhin blendend.
Ford - Plus 9,8 Prozent - 108.548 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die Ford-Werke in Köln haben zuletzt angekündigt, die Fiesta-Produktion in der Domstadt zu verlängern. Beim Kunden legt sich die Marke stärker zu als alle anderen mit deutschen Wurzeln.
Seat - Plus 10,3 Prozent - 45.630 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Das spanische Sorgenkind des VW-Konzerns fährt aus der Krise. Der neue Leon macht's möglich - und beschert ein sattes Absatzplus auf dem deutschen Markt.
Skoda - Plus 14 Prozent - 88.198 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Noch besser schlägt sich nur die tschechische VW-Tochter, die damit auch Renault/Dacia hinter sich lässt und mit über 88.000 verkauften Fahrzeugen zur erfolgreichsten Importmarke auf dem deutschen Markt aufsteigt.
Land Rover - Plus 16,2 Prozent - 8.032 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die noblen Briten können mit dem Evoque auch modern und klein. Das zahlt sich bei den Verkäufen aus. In Deutschland verkauft Land Rover fast doppelt so viele Autos wie Konkurrent Jeep.
Jaguar - Plus 16,8 Prozent - 2.612 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die Raubkatze ist auf dem Sprung, auch wenn ihr Marktanteil mit 0,2 Prozent noch winzig ausfällt. Trotzdem: Neue Modelle wie der F-Type kommen auch in Deutschland an.
Mazda - Plus 16,8 Prozent - 28.542 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Kennen Sie noch die uncoolen Mazdas aus den 90ern? Die Autokäufer in Deutschland kennen sie nicht. Eine runderneuerte Modellpalette bringt Mazda unter den Gewinnern der Zulassungsstatistik sogar auf das Treppchen.
Nissan - Plus 22,8 Prozent - 32.250 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Fast hätte es für die Japaner sogar für das größte Wachstum im Markt gereicht. Der SUV Qashqai verkauft sich wie geschnitten Brot. Nur eine Marke wächst noch rasanter.
Jeep - Plus 33,3 Prozent - 4.041 verkaufte Fahrzeuge im 1. Halbjahr 2014
Die SUV-Marke aus dem Hause Fiat/Chrysler wächst in Deutschland stärker als alle Konkurrenten. Das dürfte Fiat-Chef Marchionne freuen, für dessen Premiumstrategie die Marke eine Schlüsselrolle spielt.
Selbst unter Besserverdienenden ist bei der Wahl des Dienstwagens Vernunft eingekehrt. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens BBE Media unter 3150 GmbH-Chefs gaben diese im Schnitt rund 68.400 Euro für ihren Dienstwagen aus – in der Regel ein Modell der gehobenen Mittelklasse. Nur einer der befragten Manager hatte offenbar einen ähnlich exotischen Dienstwagenwunsch wie unser Tierarzt: Er gab einen Anschaffungspreis von 251.000 Euro für seinen Firmenwagen an.
„Die Deutschen sind Weltmeister in der Risikovermeidung“
Die mit Abstand beliebtesten Modelle der Chefetagen sind der Audi A6, die 5er-Reihe von BMW und die Mercedes E-Klasse. Für Psychologie-Professor Rüdiger Hossiep von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) sagt die Wahl eines der drei Modelle – nicht nur bei GmbH-Chefs – vieles über den Fahrer aus. „Die erste Frage ist: Was würde mein Chef zu dem Auto sagen? Da keiner unangenehm herausstechen will, haben wir ein enormes Dienstwagen-Einerlei, obwohl es zahlreiche markante Alternativen gibt“, sagt Hossiep. „In Deutschland fehlt die Courage zu markanten Entscheidungen. Wir sind Weltmeister in der Risikovermeidung – das gilt auch bei der Wahl des Dienstwagens.“
Das Risiko, dass man mit dem Dienstwagen negativ auffällt, ist bei den deutschen Limousinen eben deutlich geringer als bei Lexus GS, Jaguar XF oder Maserati Ghibli. Obwohl die Kosten für die markanteren Alternativmodelle auf demselben Niveau sind wie für A6, 5er und E-Klasse, transportieren sie ein anderes Image an die Umwelt.
Der Maserati passt nicht immer
So kommt es zum Teil auf die Branche an, welches Auto wirklich passt. „Wenn ein Mittelständler aus einem Industrie-Unternehmen mit einem Maserati vorfährt, kann er als überheblich abgestempelt werden. In der Kreativbranche kann der Maserati aber als Ausdruck des Stils und der Eigenständigkeit gelten“, sagt der RUB-Psychologe.
In zahlreichen Unternehmen schiebt allerdings die Dienstwagen-Policy der allzu kreativen und markanten Fahrzeugwahl einen Riegel vor, indem zum Teil nur Autos deutscher Hersteller erlaubt sind. „Wenn ich den Maserati nehme, tue ich das, weil ich die Macht dazu habe“, sagt Hossiep. „Ich muss allerdings auch damit rechnen, dass mich andere für einen Snob halten.“ Frei nach dem Autofahrer-Motto „Ich fahre, also bin ich“.