Förderung der Wasserstoff-Mobilität Wasserstoff-Autos: Dieser Hyundai-Deal wirft Fragen auf

Der Nexo ist bereits seit 2018 auf dem Markt; Hyundai hat im ganzen Jahr 2021 gerade mal 150 davon in Deutschland verkauft, europaweit waren seit Markteinführung keine 1000. Quelle: imago images

14.300 Euro pro Auto überweist der Staat einer Leasinggesellschaft aus dem Umfeld des Hyundai-Konzerns, um Wasserstoffmobilität zu fördern. Die investiert das Geld – in Hyundai-Autos.

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Im Pkw ist Wasserstoff bisher keine Erfolgsgeschichte, obwohl die Antriebsform bereits seit 1966 existiert: Seit Jahren dümpeln die jährlichen Verkaufszahlen im dreistelligen Bereich. Laut Kraftfahrtbundesamt waren gerade mal 40 Stück der rund 228.000 neuen Pkw in Deutschland im Dezember 2021 mit Wasserstoff betrieben.

Da lässt die Meldung vom vergangenen Dienstag um so mehr aufhorchen: Der Leasinganbieter Allane SE, vormals Sixt Leasing, wird 800 Brennstoffzellen-Pkw des Typs Hyundai Nexo in seine Flotte übernehmen. Der Nexo ist bereits seit 2018 auf dem Markt; Hyundai hat im ganzen Jahr 2021 gerade mal 150 davon in Deutschland verkauft, europaweit waren es seit Markteinführung nach eigenen Angaben keine 1000. Nun also 800 auf einmal an nur einen Leasinganbieter?

14.300 Euro Steuergeld pro Auto

Möglich macht das eine überraschend üppige Förderung des Bundesverkehrsministeriums: Bis zu 11,4 Millionen Euro wird Allane von der staatlichen Agentur NOW erhalten, die dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesumweltministerium untersteht. Das sind bis zu 14.299 Euro staatliche Förderung je Auto – mehr als das Doppelte der staatlichen Förderung für Elektroautos. 

von Konrad Fischer, Stefan Hajek, Thomas Stölzel

Konkret stammt das Geld aus dem Topf des „Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP)“, das noch bis 2026 läuft. Das NIP wird von der NOW als ressortübergreifendes Programm der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr, BMDV umgesetzt. Ziel seien „Forschung und Entwicklung sowie die Marktvorbereitung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie im Verkehrssektor.“

Darüber, ob Brennstoffzelle und Wasserstoff im Pkw überhaupt eine Zukunft haben, tobt seit Jahren ein erbitterter Streit. Zuletzt hatten immer mehr Hersteller ihre Wasserstoff-Pkw-Pläne eingestellt und nur noch reine E-Autos weiter entwickelt. Lediglich Hyundai und Toyota haben aktuell Wasserstoff-Modelle im Markt, die jedoch wegen ihres hohen Preises kaum Abnehmer finden; außerdem ist das Wasserstofftankstellennetz noch sehr dünn. Zuletzt hatte auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) betont, im Pkw habe sich die Batterie klar durchgesetzt. Der Geschäftsführer der staatlichen NOW, Kurt-Christoph von Knobelsdorff, sieht das anders. „Zur Klimaneutralität im Verkehrssektor führen mehrere Wege. Wenn ein Unternehmen wie Allane nun 800 Exemplare vom Hyundai Nexo vermarktet, ist das ein starkes Signal an den Markt und zeigt, dass die Brennstoffzelle auch im Pkw Perspektive hat“, sagte er.

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Auch Donglim Shin, Vorstandschef von Allane, betont seine grünen Ambitionen: „Wir freuen uns, dass die Bundesregierung unsere Ambitionen in Sachen nachhaltiger Mobilität mit einer so großen Summe fördert. Gemeinsam mit Hyundai (…) wollen wir einen Beitrag dazu leisten, alternative Antriebstechnologien zu etablieren und individuelle Mobilität deutlich umweltfreundlicher zu machen“, zitiert NOW den Allane-Chef auf ihrer Homepage.

Doch ein interessantes Detail verschweigen alle Beteiligten: Allane ist eine 92-Prozentige Tochter der Hyundai Capital Bank Europe, die die Mehrheit der Aktien 2020 von Sixt übernahm. „Zugespitzt könnte man dazu sagen, dass sich Hyundai die eigenen Autos mit staatlicher Förderung selbst verkauft“, sagt ein Allane-Konkurrent. NOW-Chef von Knobelsdorff sagte dazu auf Nachfrage, die Kriterien für die Förderung im Rahmen des NIP-Programms seien „für alle Bewerber gleich.“ Allane sei aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Hyundai beim Bewilligungsverfahren weder bevorzugt noch benachteiligt worden. Insgesamt seien im betreffenden Förder-Aufruf 2164 Anträge auf Brennstoffzellen-Autos bewilligt worden, auch wenn „die 800 für Allane der bisher mit Abstand größte Einzelantrag“ gewesen sei.

Tatsache ist: Die 11,4 Millionen Euro für Allane sind die mit Abstand höchste Summe, die je an ein Einzelprojekt im Rahmen der NIP für Pkw vergeben wurde. Normalerweise fördert die NOW aus dem Topf Spezialfahrzeuge wie etwa wasserstoffbetriebene Müllfahrzeuge. So viel Geld für Wasserstoff-Pkw ist zumindest ungewöhnlich. Zudem hätte die der Hyundai Capital Bank Europe gehörende Allane Leasing nicht nur Hyundai-Brennstoffzellen-Pkw beantragen müssen; es gibt auch noch ein Konkurrenzmodell von Toyota. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wollte den Vorgang bisher nicht näher kommentieren. 



Das Geld will Allane nach eigenen Angaben verwenden, um die Wasserstoffautos von Hyundai „zu besonders attraktiven Konditionen an Leasingkunden zu vergeben“. Die Leasingraten starten demnach bei 718 Euro netto pro Monat, inklusive Mehrwertsteuer also bei 856 Euro. Wie viel die selben Autos ohne die üppige staatliche Geldspritze zu vergleichbaren Konditionen im Leasing kosten würden, will Allane nicht genau beziffern: „Der Listenpreis des Fahrzeugs von 69.327 Euro (ohne Mehrwertsteuer) wird durch die Förderung von 14.299 erheblich reduziert“, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. „Man kann grob sagen, dass sich die Leasingrate sich etwa im selben Verhältnis wie der Kaufpreis reduziert.“ Auf dem Markt wird der Nexo aber teilweise günstiger zu ähnlichen Leasingkonditionen angeboten. Allane dazu: „Die genaue Leasingrate hängt von sehr vielen Faktoren ab, wie Laufzeit, Kilometer, etc.“

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Mit der so genannten Umweltprämie ist das Geldgeschenk an Allane übrigens nicht zu verwechseln: Darunter werden zwar neben reinen E-Autos und Plugin-Hybriden auch Brennstoffzellen-Pkw gefördert, die mit Wasserstoff laufen. Aber nur bis zu einem maximalen Nettolistenpreis von 65.000 Euro; zum Stichtag sei der Nexo dafür knapp zu teuer gewesen, teilte Hyundai mit.

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