Ford-Werk in Saarlouis „Das ist die komplette Verantwortungslosigkeit gegenüber den Menschen“

Ford Saarlouis vor dem Aus: Der Betriebsrat will kämpfen. Quelle: imago images

Nachdem bekannt wurde, dass das Ford-Werk in Saarlouis mit 4600 Mitarbeitern womöglich vor der Schließung steht, äußert sich der lokale Betriebsratschef Markus Thal. Warum die Arbeitnehmer dieses Ergebnis niemals akzeptieren werden – und wieso sie gemeinsam mit der IG Metall nun „alle Möglichkeiten ausschöpfen, um für Gerechtigkeit zu sorgen“.

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WirtschaftsWoche: Herr Thal, am Mittwoch hat Ford Europa bekanntgeben, dass das neue Elektroauto in Valencia statt in Saarlouis produziert werden soll. Sie sind Betriebsratschef vom Ford-Werk Saarlouis. Was bedeutet das für den Standort und seine Mitarbeiter?
Markus Thal: Es bedeutet, das sich das europäische Ford-Management gegen die besseren Kostenstrukturen in Saarlouis entschieden hat und es sich beim Bieterwettbewerb um ein reines Scheinverfahren gehandelt hat. Für die Mitarbeiter bedeutet es, dass die vollmundigen Versprechungen der Geschäftsleitung nur Schall und Rauch waren.

Drei Jahre hat man der Belegschaft erzählt, man müsse sich an den Restrukturierungsmaßnahmen beteiligen, und dann werde man auch eine Zukunft haben. Man arbeite intensiv an einem Zukunftsplan. Wo ist er heute, dieser gehaltvolle Plan? Das waren alles nur Beruhigungspillen, mehr nicht.

Sie haben für Mittwoch eine Betriebsversammlung einberufen, die vielleicht sogar am Donnerstag noch fortgesetzt wird. Was sagen Sie den 4600 Beschäftigten nun?
Das wir dieses Ergebnis niemals akzeptieren können! Nach unserer Rechnung, die von Finanzfachleuten auf einer absolut validen Basis erstellt wurde, ist Saarlouis der klare Gewinner. Wir fühlen uns vom europäischen Management um unsere Zukunft betrogen!

Im Jahr 2025 läuft das in Saarlouis produzierte Auto Ford Focus aus. Gibt es bereits einen Plan B für das Werk in Saarlouis und wenn ja: Wie sieht der aus?
Das europäische Management hatte drei Jahre Zeit, um ein Gesamtkonzept für Europa zu erarbeiten. Wir haben es immer wieder gesagt, es geht um Saarlouis und Valencia. Die Belegschaft hat geliefert, eine Schicht eingestellt, ein Auto, den C Max, eingestellt und mehr als 2500 Mitarbeiter abgebaut. Der einzige, der nicht geliefert hat, ist das Europa-Management. Für die Aktionäre vielleicht, für das höchste Gut. Aber für den Mitarbeiter, da haben die gar nichts geliefert, im Gegenteil total versagt. Das ist die komplette Verantwortungslosigkeit gegenüber den Menschen am Standort. Es liegt kein belastbarer Plan B vor, wieder nur Ankündigungen, nichts konkretes! Diesem Europa-Management kann niemand mehr glauben.

Selbst, wenn Ford das neue E-Auto an Saarlouis vergeben hätte, müssten Sie wohl hunderte Mitarbeiter abbauen – wie viele werden es jetzt ohne das neue Auto sein?
Wir haben aktuell 4600 Mitarbeiter bei uns im Werk und über 1300 im angrenzenden Industriepark. Wir werden um jeden einzelnen kämpfen. Die Saarlouis-Belegschaft, die Kollegen im Industriepark, die Belegschaft von Ford in ganz Deutschland, wir werden zusammenstehen, so wie wir das immer getan haben.

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Wie wollen Sie sich gegen die Pläne von Ford wehren, droht nun ein Arbeitskampf?
Wir wollten diesen Konflikt nicht, doch das Management hat ihn sehenden Auges provoziert. Es gibt kein Vertrauen mehr in dieses Ford-Management. Sie werden sich wundern. Wir sind der bestorganisierteste Betrieb der Automobilindustrie der IG Metall in Deutschland und werden gemeinsam mit der IG Metall alle Möglichkeiten ausschöpfen, um für Gerechtigkeit zu sorgen. Die Verantwortlichen im europäischen Management müssen eigentlich sofort zurücktreten.

Lesen Sie auch: Der Fall Ford: Wieso Überkapazitäten vor allem in Deutschland abgebaut werden dürften

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