Frust im BMW-Beschwerdemanagement Werkvertragskräfte klagen auf Festanstellung

BMW hat erneut Ärger wegen Werkverträgen. Nach Informationen der WirtschaftsWoche und des Bayerischen Rundfunks klagen zwei langjährige Mitarbeiter auf Anstellung. Aus den Präzedenzfällen könnte eine Klagewelle werden.

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BMW hat erneut Ärger wegen Werkverträgen. Quelle: dpa

BMW bekommt erneut Probleme mit dem Einsatz von externem Personal. Diesmal geht es um vermutlich falsch angewandte Werkverträge. Nach Informationen von WirtschaftsWoche und Bayerischem Rundfunk (BR) klagen zwei Mitarbeiter eines langjährigen BMW-Dienstleisters auf Festanstellung bei dem Autohersteller. Einer der Fälle wird am 16. Mai vor dem Arbeitsgericht München in einem Gütetermin verhandelt, der zweite Anfang Juni.

Dass aus den Präzedenzfällen eine Klagewelle wird, ist wegen Umfang und Dauer der Geschäftsbeziehung zu dem betroffenen BMW-Dienstleister nicht auszuschließen. Von den rund 1200 Mitarbeitern der Frankfurter gkk Dialog Group arbeiten nach deren Angaben „rund ein Drittel für BMW“, also schätzungsweise 400. Die gkk Group, die wiederum zum weltweit größten britischen Werbekonzern WPP gehört, arbeitet demnach seit 16 Jahren für BMW und hat diesen Teil ihres Geschäfts in der 2013 gegründeten Münchner Tochter iPremium Service (iPS) gebündelt.

Die beiden auf Festanstellung klagenden iPS-Mitarbeiter haben seit 2014 im BMW-Beschwerdemanagement gearbeitet, das deutschlandweit Reklamationen annimmt und in Abstimmung mit den zuständigen Abteilungen erledigt. Wie viele Mitarbeiter insgesamt im Beschwerdemanagement arbeiten und wie hoch der Anteil des Fremdpersonals dabei ist, wollte BMW nicht sagen.

Die wichtigsten Fakten zu Werkverträgen

Da iPS seine Mitarbeiter im Rahmen von Werkverträgen bei BMW einsetzt, müssten die iPS-Mitarbeiter eigentlich weitgehend unabhängig von BMW-Anweisungen, BMW-Arbeitsmitteln und BMW-Personalsystemen arbeiten. Das Gegenteil sei aber der Fall gewesen, behaupten der Münchner Arbeitsrechtler Thies Lindacher und die von ihm vertretenen iPS-Mitarbeiter. Lindacher sagt: „Die tatsächlichen Arbeitsbedingungen meiner Mandanten in der Beschwerdeabteilung erfüllten in keiner Weise die Bedingungen des Werkvertrages, den ihr Arbeitgeber iPS mit BMW abgeschlossen hatte. Sie saßen auf dem BMW-Werksgelände zusammen mit BMW-Mitarbeiter auf BMW-Stühlen an BMW-Rechnern, waren in die BMW-Urlaubsregelung eingebunden und bekamen Lob von BMW-Chefs für ihre gute Arbeit.“

Ihr von iPS gezahltes Gehalt war allerdings nur halb so hoch wie das der BMW-Stammkräfte. Die Differenz klagen die iPS-Mitarbeiter, die sich als Schein-Werkverträgler sehen, nun ein. In einem der beiden Fälle geht es um über 150.000 Euro für rund drei Jahre Beschäftigung plus Zinsen.

Die Chancen für BMW stehen in den Verfahren nicht gut. Nach den gemeinsamen Recherchen der WirtschaftsWoche und des BR-Politikmagazins Kontrovers vertraten die iPS-Kräfte nach Absprache mit BMW-Führungskräften erkrankte BMW-Kollegen und durften sogar Laptops und Fahrzeuge aus dem BMW-Pool mit nach Hause nehmen. Mails und weitere Dokumente belegen die Beschreibungen.

Verliert BMW, wird das Unternehmen im Nachhinein mit allen Folgen zum Arbeitgeber der beiden Mitarbeiter erklärt, weil sie nur scheinbar Arbeitnehmer von iPS waren und iPS sie auch nicht als Leiharbeitnehmer an BMW überlassen konnte, da iPS München offenbar über keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügte.

Neben der Lohnnachzahlung und der Übernahme der externen Arbeitskräfte drohen BMW und iPS zudem die Nachzahlung der hinterzogenen Sozialbeiträge an die Rentenkasse und strafrechtliche Ermittlungen wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung. Mögliche Strafen bei illegalem Entleih reichen „vom kleinen Bußgeld bis zur Gefängnisstrafe“, sagt Arbeitsrechts-Professor Peter Schüren von der Universität Münster. Bei der Beitragshinterziehung großer Summen sei „abhängig vom Schaden alles an Sanktionen denkbar“.

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