Finanzhilfe mag Geely aber nicht leisten. "Richtige Direktinvestments gibt es nicht", erzählt ein hochrangiger Volvo-Manager. Auch für den Neubau von drei Fabriken - einem Volvo-Werk mit einer Kapazität für 125.000 Fahrzeug im zentralchinesischen Chengdu, einem Komponentenwerk nahe Peking sowie einer Joint-Venture-Fabrik zur Produktion eines umgelabelten Volvo-Crossovers in Daqing im äußersten Osten Chinas - habe Geely keine Eigenmittel aufgewendet. Das Geld kommt aus Subventionen, einer Beteiligung der Städte Daqing und Shanghai sowie Darlehen der staatlichen Chinese Development Bank, für die Geely angeblich Volvo verpfändet hat.
Zudem offenbarten sich im operativen Miteinander große Kulturunterschiede. Chairman Li zeigte anfangs zwar großes Interesse und installierte mit dem ehemaligen Chef von VW of America, Stefan Jacoby, einen international erfahrenen Mann an der Spitze. Der krempelte in Göteborg den Vorstand um und brachte frischen Wind in Einkauf, Produktion und Vertrieb.
Doch ein direkter Austausch zwischen Management und Eigner fand bald kaum noch statt. Auch weil Li kein Englisch spricht, zog er sich aus den Diskussionen über operative Fragen zurück und ließ seine Interessen im Aufsichtsrat durch Ex-Volvo-Chef Hans-Olov Olsson vertreten.
Dennoch lief es zunächst gut an. Eine neue Plattformstrategie und ein Programm zur Entwicklung einer neuen Vierzylinder-Motorenfamilie nahmen schnell Formen an. Auch die Arbeiten am Nachfolger des über zehn Jahre alten Volvo-SUV namens XC90 machten gute Fortschritte - 2014 kommt der Geländewagen auf den Markt. Der neue Kompaktwagen V40 legte im September 2012 einen tollen Start hin. Und mit dem Hybridauto XC60 Plug-in konnte Volvo sein Saubermann-Image stärken und gute Geschäfte machen: Die ersten 1.000 Exemplare des Ökomobils waren trotz eines saftigen Aufpreises von rund 10.000 Euro im Handumdrehen verkauft.
Doch die geplante China-Offensive ist bis heute ohne Wirkung. Vergangene Woche wurde deshalb die Führung von Volvo Cars China neu aufgestellt. Und die Euro-Krise ließ den Absatz in der Kernregion einbrechen und die Produktion in Schweden wegen der starken Krone unwirtschaftlich werden. Die Folge waren Kurzarbeit, Entlassungen und die Trennung von Jacoby. "Die letzten zwei Jahre waren schwer", sagt Samuelsson als sein Nachfolger, "und die nächsten zwei Jahre werden es auch."
Das Werk im belgischen Gent ist wegen des Erfolgs des V40 derzeit im Dreischichtbetrieb zu 85 Prozent ausgelastet. Aber in den beiden schwedischen Montagewerken wird laut Produktionschef Lars Wrebo nur in zwei Schichten gearbeitet. Das Werk Udevalla wird deshalb im Juli geschlossen.
Der Sparkurs geht weiter: Samuelsson rechnet damit, dass es 2013 erneut bergab geht. In diesem Frühjahr sollen nochmals rund 1.000 Mitarbeiter gehen. Durch gesparte 200 Millionen Euro verschafft sich Volvo Luft, mehr aber auch nicht. Gewerkschafter im Betrieb laufen Sturm: "Es wird Zeit, dass sich unser neuer Eigner der Verantwortung stellt und Geld einschießt."