Geely und Chery Wie Chinas Autobauer Europa aufmischen wollen

Seite 2/4

Schwierigkeiten in Europa

Ist der Qoros ein Kracher oder ein Blindgänger?
Chinesische Autos haben in Deutschland einen lausigen Ruf. Kollabierende Karossen bei Crashtests von ADAC bis NCAP fuhren bislang alle Bemühungen chinesischer Autobauer, hierzulande Fuß zu fassen, im wahrsten Sinn des Wortes bereits im Ansatz vor die Wand. Der "Landwind" ging 2005 erst gar nicht in den Verkauf, der "Brilliance" überlebte ab 2008 kaum ein ganzes Jahr. Was bislang sonst von chinesischen Auto-Bändern rollt, kann allenfalls als dreiste Design-Kopie von sich reden machen. Nun wird ab 2014/15 Qoros den nächsten Versuch starten, die Autos aus dem Reich der Mitte in unseren Breiten zu etablieren ... Quelle: Presse
QorosDer chinesische Autohersteller stellt den Qoros 3 in seiner Fließheck-Variante vor. Neu sind hier die geänderte C-Säule, das verlängerte Dach und die neugestaltete Heckpartie. Auch die Frontseite des Modells weist Neuerungen auf: Nebelscheinwerfer und eine geänderte Stoßstange. Bereits bekannt ist der 1,6-Liter-Vierzylinder wahlweise mit oder ohne Turboaufladung. Quelle: Presse
Chef ist der Chinese Guo Qian (re.). Als Vizechef agiert Volker Steinwascher (mi.), bis 2005 Vice Chairman von VW in America. Das Design in München und Shanghai leitet Gert Volker Hildebrand (li.), der schon das Design für den Mini verantwortete. Damit ist der Anspruch der neuen Marke klar: Man will mit einem sehr eigenständigen Design eine anspruchsvolle Kundschaft erreichen, die großen Wert auf Sicherheit, Komfort und modernste Technik legt. Quelle: Presse
Mit Volker Steinwascher haben die Chinesen eine weise Personalentscheidung getroffen. Der Ex-Manager von VW muss als Unruheständler niemandem mehr etwas beweisen und kann mit sportlichem Elan das Projekt zum Erfolg führen. Seine Devise für die technische Ausrichtung der neuen Marke könnte unter der Überschrift stehen: "Keine Antworten auf Fragen suchen, die niemand gestellt hat." Also kein Overengineering betreiben, wie das deutsche Marken gerne zelebrieren. Dass preiswerte, sichere, zeitlos gezeichnete und sauber gefertigte Autos immer noch ein gültiges Erfolgsmodell im Autobau sind, beweist zum Beispiel Skoda mit seiner beeindruckenden Entwicklung. Bei den Tschechen funktioniert die Autowelt ohne Schickimicki, Firlefanz und dem immer wieder beschworenen "Premium-Charakter". Quelle: Presse
Qoros aus China plant, alle sechs Monate ein neues Modell folgen zu lassen und arbeitet mit anerkannten Spezialisten wie Magna Steyr, Bosch, Continental und TRW zusammen. Um den neuen Limousinen, Kombis und SUV der Mittelklasse Formen zu verleihen, die auch in Europa gegen den starken Wettbewerb bestehen können, wurde Gert Hildebrand engagiert. Der 59-jährige Designer war nicht zuletzt für die Formsprache von Mini verantwortlich. Die neuen Modelle von Qoros sollen mit "German Sophisticated Design" überzeugen. Dafür arbeiten drei Teams in München, Graz und Shanghai mit insgesamt 75 Spezialisten bereits unter Hochdruck. Quelle: Presse
Die Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht reichen weit in die Seite hinein, unterstreichen so ebenfalls die Breite, aber auch den langen Radstand und die kurzen Überhänge. Quelle: Presse
Die Bedienung von Fahrzeug und Infotainment soll nach Apple- und Smartphone-Art über ein Acht-Zoll-Touchscreen gesteuert werden. Das System verbindet den ersten Qoros mit dem Internet. Es können zum Beispiel Servicetermine verabredet, im Falle eines Unfalls ein automatischer Notruf abgesetzt und eine Point-of-Interest-Suche ausgelöst werden. Die Verkehrsinformation erfolgt in Echtzeit. Dieses Paket soll bei allen weiteren Modellen als Standard eingesetzt werden. Quelle: Presse

Auch die Strategie, westliches Wissen durch Gemeinschaftsunternehmen in China zu erlangen, ist gescheitert. Zwar produzieren alle großen Autobauer Millionen von Fahrzeugen in solchen Joint Ventures. Doch der Know-how-Transfer blieb weitgehend aus: "Westliche Autobauer haben dagegen Abwehrmechanismen entwickelt", sagt Jochen Siebert von der Beratung JSC Automotive in Shanghai. Zudem geben chinesische Autobauer nur rund zwei Prozent ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus - die Hälfte des internationalen Durchschnitts. Talentierte Ingenieure und Manager heuern deswegen lieber bei westlichen Firmen an.

Schwellenländer im Visier

Trotz allem ist der Wille Chinas aber ungebrochen, auf den großen Absatzmärkten vorn mitzuspielen. Mit einer jährlichen Produktion von mehr als 19 Millionen Autos ist China heute schon der weltgrößte Hersteller. Eine Million Fahrzeuge davon wird exportiert. Bis 2015 sollen es nach dem Willen der kommunistischen Partei 13 Millionen sein.

Die aggressive Exportstrategie der chinesichen Regierung

Einen solch kometenhaften Aufstieg hält Daniel Berger, China-Chef der auf Schwellenländer spezialisierten Münchner Beratung EAC, zwar für "unrealistisch". Doch am "aggressiven Vorpreschen der chinesischen Exporteure" zweifelt er nicht. Die chinesischen Autobauer hätten Schwierigkeiten, sich daheim gegen die Ausländer durchzusetzen, und gingen daher vor allem in Schwellenländer. So hätten Chinesen in Brasilien in nur zwei Jahren mehr als zwei Prozent Marktanteil erobert. In Chile komme China auf 16 Prozent Marktanteil, so Berger, in Ägypten kontrolliere allein Chery sieben Prozent des Marktes.

Zäh geht es dagegen in Europa voran. Chinesische Autoexporte nach Europa sind verschwindend gering, erst recht die Produktion vor Ort. Der chinesische Konzern SAIC verkauft von einem in Großbritannien montierten Modell jährlich keine 300 Stück statt der angepeilten 3.000. Etwas besser läuft es für Great Wall, der vor genau einem Jahr eine Fabrik im bulgarischen Lowetsch eröffnete. 2013 sollen von dort 50.000 Autos nach Osteuropa, später auch nach Schweden und Deutschland gehen.

ADAC bescheinigt dem Landwind ein erschreckendes Ergebnis

Angesichts der Startschwierigkeiten schienen Beteiligungen chinesischer Hersteller an etablierten Marken lange als logischer Schritt, um an Know-how zu gelangen und sich Zutritt zu den lukrativen Märkten Europas und Nordamerikas zu verschaffen. Und so schlug der an der Hongkonger Börse gelistete frühere Kühlschrankhersteller Geely 2010 zu, als Ford in Finanznot nach Jaguar, Land Rover und Aston Martin auch Volvo auf den Markt warf.

Auch wenn Volvo-Chef Samuelsson heute noch sicher ist, dass "uns viele in der Autoindustrie um unseren starken Partner beneiden": Die schwedisch-chinesische Allianz hat schwere Belastungsproben hinter sich. Die Chinesen versuchten, so berichten Insider, einen Teil des Kaufpreises sowie die beim Kauf angefallenen Anwaltskosten durch einen Griff in die Volvo-Kasse zu refinanzieren - was Juristen des Unternehmens zu verhindern wussten.

Zudem macht Geely bis heute keine Anstalten, der schwedischen Tochter mit Finanzspritzen auf die Beine zu helfen. Die hätte Volvo dringend nötig. Der Autobauer hat zwar ein gutes Image, war aber schon für Ford kein Gewinnbringer. 2011, im ersten Jahr nach dem Verkauf, erwirtschaftete Volvo mit rund 450.000 Autos lediglich einen kleinen Gewinn von 193,4 Millionen Euro (EBIT). 2012 endete mit einer schwarzen Null.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%