Geplanter Mega-Deal Fiat Chrysler will mit Renault fusionieren

Renault: Fiat Chrysler schlägt Fusion mit Franzosen vor Quelle: REUTERS

Der Autokonzern Fiat Chrysler schlägt dem Konkurrenten Renault eine Fusion vor. Die Franzosen sind nicht abgeneigt, sprechen von einem „freundschaftlichen Vorschlag“. Eine solche Kooperation hätte Potenzial.

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In der Autobranche könnte ein neuer Superkonzern entstehen: Fiat Chrysler und Renault wollen möglicherweise fusionieren. Der italienisch-amerikanische Autobauer und sein französischer Rivale bestätigten am Montag, dass derzeit Pläne für einen Zusammenschluss diskutiert werden. Angesichts des Strukturwandels in der Branche gehe es etwa um die Möglichkeit, Geschäftsteile zusammenzulegen, hieß es.

In Frankreich scheint man nicht abgeneigt von der Idee: Renault signalisierte Interesse für das Fusionsangebot des italienisch-amerikanischen Konkurrenten. Der Verwaltungsrat werde die Möglichkeit einer solchen Annäherung untersuchen, teilte das Topgremium von Renault in Boulogne-Billancourt bei Paris mit. In einer Mitteilung war mit Blick auf das Fusionsangebot von einem „freundschaftlichen Vorschlag“ die Rede. Ein Zeitplan für die Gespräche wurde nicht genannt. Auch die französische Regierung begrüßte die Fusionspläne von Fiat Chrysler und Renault mit Vorbehalt: „Das ist ein Projekt, dem wir recht positiv gegenüberstehen“, sagte eine Regierungssprecherin dem Sender BFM TV. Für Europa als Ganzes sei es gut, einen Industrie-Giganten zu haben. Allerdings müsse sich Frankreich die Konditionen des Geschäfts genau ansehen. „Das ist eine Diskussion, die wir als Aktionär mit Renault führen werden.“ Der französische Staat ist mit 15 Prozent der größte Eigner des Autoherstellers.

Es wäre eine Milliardenfusion: Fiat Chrysler und Renault kommen gemeinsam auf einen Börsenwert von rund 33 Milliarden Euro, haben gemeinsam einen Jahresabsatz von 8,7 Millionen Fahrzeugen und zusammen mit Nissan kämen Renault und Fiat Chrysler sogar auf einen Absatz von 13,8 Millionen Fahrzeugen. Die drei würden damit auf Platz eins der weltweiten Autoindustrie aufrücken.

FCA spricht in einer Mitteilung von einem Aktientausch und einer gleichmäßigen Teilung: 50 Prozent des Geschäfts soll im Besitz der FCA-Aktionäre bleiben, die anderen 50 Prozent im Besitz der Renault-Aktionäre. Die neu entstehende Holding soll ihren Sitz den Plänen zufolge in den Niederlanden haben und an den Börsen in Mailand, Paris und New York gelistet werden. Der Vorstand des neu-entstehenden Unternehmens würde laut FCA aus elf Mitgliedern bestehen: jeweils vier Mitgliedern der FCA und der Renault-Gruppe sowie ein Kandidat von Nissan. Woher die verbleibenden zwei Mitglieder stammen sollen, ist noch nicht bekannt.

Für das operative Geschäft plant FCA mit „kapitaleffizienteren Investitionen“ in gemeinsame globale Fahrzeugplattformen, -architekturen, -antriebsstränge und -technologien. „Der Zusammenschluss würde ein Markenportfolio schaffen, das eine vollständige Marktabdeckung mit einer Präsenz in allen wichtigen Segmenten bietet und das bekannte Markenportfolio einschließt – Fiat, Renault, Jeep und Ram Marken sowie Nutzfahrzeuge“, heißt es in der Mitteilung von FCA. Der Renault-Konzern sei in Europa, Russland, Afrika und im Nahen Osten stark vertreten, während FCA in Nordamerika in den margenstarken Segmenten einzigartig positioniert und in Lateinamerika Marktführer sei.

Das aus der Fusion von FCA und Renault hervorgehende Unternehmen wäre „weltweit führend in der sich schnell verändernden Automobilindustrie mit einer starken Position in der Transformation von Technologien, einschließlich Elektrifizierung und autonomes Fahren“, heißt es bei FCA. Auch der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer schlussfolgert in einer Analyse, die der WirtschaftsWoche vorliegt: „Fiat-Chrysler und Renault könnte Sinn machen“. Die Argumentation: Renault sei nicht in den USA vertreten, dabei seien die der zweitgrößte Automarkt der Welt. Fiat Chrysler sei derweil in Europa schwach aufgestellt, „hat eine überalterte Modellpalette und keine Elektroautos in der Pipeline“, so Dudenhöffer. Deshalb brauche FCA einen Partner für neue Produkte. Genau das könnte Renault bieten.

Mit einem Schulterschluss könnten FCA und Renault ihre jeweiligen Schwachstellen besser ausgleichen: Während Fiat Chrysler in Nordamerika mit Kleintransportern erfolgreich ist, steht das Geschäft in Europa unter Druck. Renault wiederum ist ein Pionier auf dem Gebiet der Elektroautos mit einer starken Präsenz in Schwellenmärkten, dafür aber ohne US-Geschäft. Darüber hinaus rechnet FCA mit jährlichen Synergien einer „Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz“ in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro.

Käme es tatsächlich zu dem Bündnis der beiden Autokonzerne, wäre mit Widerstand in Politik und Gewerkschaften zu rechnen. Das gilt insbesondere für Italien. FCA verspricht in seiner Ankündigung zwar, dass die Fusion keine Werksschließungen zur Folge hätten, die meisten europäischen Werke von Fiat Chrysler sind allerdings relativ schwach ausgelastet.

Die zwei Unternehmen haben bereits mit anderen Partnern über engere Verbindungen nachgedacht. So hatte zuletzt Fiat Chrysler Gespräche mit Renaults heimischem Rivalen PSA Group wiederbelebt, zu dem die Marken Peugeot und Opel gehören. Renault wiederum ist an einer Fusion mit dem japanischen Partner Nissan interessiert. Das Vorhaben liegt aber auf Eis nach dem Skandal um den früheren Renault- und Nissan-Chef Carlos Ghosn, der inzwischen in Japan angeklagt ist, weil Nissan ihm finanzielle Verfehlungen vorwirft.

„Die Autowelt ändert sich derzeit radikal“, konstatiert auch Dudenhöffer. „Hohe Ausgaben für Elektromobilität, schwächere Märkte, ein unberechenbarer US-Präsident, Vorbereitungen für die Welt des teilautonomen und autonomen Fahrens“ – all das berge große Herausforderungen für die Branche.

Bündnisse, wie das potenzielle zwischen Renault und Fiat-Chrysler, werden für Autobauer immer wichtiger, weil sie vor technischen Herausforderungen wie Elektroantrieb, Internetfähigkeit und künstlicher Intelligenz stehen. Zugleich erlassen die Gesetzgeber immer strengere Auflagen für den Schadstoffausstoß. Außerdem geht es um Kosteneinsparungen. Vor diesem Hintergrund haben beispielsweise Volkswagen und Ford eine Partnerschaft für den Bau von Transportern und Pick-ups geschlossen, die auch eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung von batteriegetrieben und autonomen Fahrzeugen einschließen soll.

Eine Fusion dürfte aber nach Meinung von NordLB-Analyst Frank Schwope kein Selbstläufer sein. Zwar könnten beide Konzerne mit einem Zusammenschluss ihre jeweiligen Schwachstellen ausgleichen, aber Renault stecke mit Nissan bereits in einer komplexen Verflechtung. Eine Trennung von den Japanern gilt als unwahrscheinlich, da beide Unternehmen über Beteiligungen miteinander verflochten sind und viele Fahrzeuge auf gemeinsamen Plattformen stehen. „Ich kann mir eher eine erweiterte Allianz vorstellen“, erklärte Schwope.

An der Börse lösten die Pläne auf jeden Fall ein positives Echo aus: Die in Mailand notierten Fiat-Aktien legten den größten Kurssprung seit zehn Jahren hin und notierten zeitweise knapp 20 Prozent fester. Die Titel von Renault steuerten mit einem Plus von etwa 17 Prozent im frühen Handel sogar auf den größten Tagesgewinn seit fast einem Vierteljahrhundert zu. Der europäische Automobil-Index zog deutlich an. Sollte der Plan umgesetzt werden, könne dies zur Blaupause für andere Automobilhersteller werden, sagte ein Händler. Für viele Zulieferer würde die Lage durch die Einkaufsmacht eines weiteren Großkonzerns jedoch schwieriger.

Mit Material von dpa und Reuters

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