Gigafactory Grünheide Die deutschen Zulieferer profitieren von Tesla

Für deutsche Autokonzerne fungiert die neue Tesla-Fabrik wie ein Mahnmal, das ihnen jeden Tag sagen sollte: Beeilt euch! Quelle: REUTERS

Die Tesla-Gigafabrik markiert eine Zeitenwende: Im Land der Auto-Erfinder macht sich ein neuer Hersteller breit. Tesla ist ein Heilsbringer für die deutschen Zulieferer – und eine Gefahr für die Autobauer. Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Jetzt ist Tesla wirklich da. Ende 2019 von Chef Elon Musk angekündigt, bei Umweltschützern schwer umstritten, Anfang März 2022 genehmigt. In nur gut zwei Jahren schaffte Visionär Musk etwas, was kaum jemand in der deutschen Autoindustrie für möglich gehalten hätte: In Grünheide nahe Berlin baute er in Rekordtempo eine neue Autofabrik. Und nun eröffnet sie. Was ein Fortschritt für den Standort Deutschland! Was ein Glück für deutsche Autozulieferer! Danke, Tesla!

Die deutschen Zulieferer profitieren immens vom Neuankömmling. Während deutsche Autobauer sie knebeln und im Preis tiefer und tiefer drücken, ist Tesla bereit zu bezahlen, wenn die geforderten Gegenleistungen stimmen. Die heißen vor allem: Schnelligkeit und Innovation. In atemraubender Geschwindigkeit stellt Tesla seine Bestellungen um, sobald es ein besseres Bauteil gibt.

Bei deutschen Autobauern hingegen müssen Zulieferer die Klinken oft ziemlich lange putzen. Dank Tesla aber bringen sie ihre neuen Produkte nun viel schneller auf den Markt. Das motiviert sie zu mehr Forschung – und bringt den Standort Deutschland nach vorne. Fakt ist: Schon jetzt fallen Tesla-Zulieferer durchschnittlich mit mehr Patenten und höheren Investitionen in Forschung und Entwicklung auf.

Elon Musks Eröffnungsshow in Grünheide – das sind die Bilder
Zu Feuerwerk, Musik und Applaus Hunderter Tesla-Mitarbeiter fuhren die Elektro-SUV aus der Halle. Quelle: AP
Der US-Elektroauto-Pionier Tesla hat am Dienstag im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz seine Fabrik in Grünheide bei Berlin eröffnet und die ersten Modelle "made in Germany" an Kunden übergeben. Quelle: REUTERS
Der aus den USA angereiste Konzernchef Elon Musk präsentierte das Werk mit Stolz: "Tesla wird sicherstellen, dass das ein Juwel ist für diese Region, für Deutschland und die Welt", sagte er bei der Eröffnungsfeier im brandenburgischen Grünheide. Quelle: REUTERS
"Deutschland kann schnell sein", betonte Scholz (SPD) mit Blick auf die Rekord-Bauzeit von gut zwei Jahren. Das Werk sei ein Ansporn und ein Zeichen für den Fortschritt der Industrie am Standort Deutschland. Quelle: REUTERS
„Dankeschön für alles“, sagte Musk fast ein wenig schüchtern. Quelle: AP
Vorher und Nachher: Die zweiteilige Bildkombo zeigt das Baugelände für das Werk der Tesla-Fabrik Berlin Brandenburg am 04.03.2020 (unten) und die gleiche Stelle etwa zwei Jahre später (Luftaufnahmen mit einer Drohne). Die erste europäische Fabrik des E-Autobauers in Grünheide, die auf 500.000 Fahrzeuge jährlich ausgelegt ist, ist eine wichtige Säule der Zukunftsstrategie von Tesla. Quelle: dpa
„Ein besonderer Tag für die Region, ein besonderer Tag auch für Deutschland und ein besonderer Tag für die Mobilitätswende in Deutschland“, lobte Grünen-Politiker Habeck in Grünheide. Tesla habe sich für Deutschland entschieden, weil das Unternehmen hier den Leitmarkt für Elektromobilität erwarte. Das sei auch sein Ziel, sagte der Minister. Er freue sich, dass die Abkehr vom Öl damit noch einmal einen neuen Schub bekomme. Quelle: REUTERS

Für deutsche Autobauer aber heißt es spätestens jetzt: Aufpassen! Sie müssen jetzt nämlich noch mehr Gas geben. Denn dass Tesla so schnell innoviert, ist eine Gefahr für die schwerfällige, deutsche Autoindustrie, in der sich lange Entwicklungszyklen und monatelange Sicherheitsprüfungen eingespielt haben. Technisch hat Tesla sie an vielen Stellen längst überholt. Weil die Amerikaner mutiger sind – und damit schneller.
Lesen Sie auch: Das bemerkenswerte Timing von Elon Musk

Für unsere Zulieferer allerdings fungiert Tesla nun wie ein Türöffner. Denn allzu oft geht Tesla mutig voran und nimmt ein neues Produkt auf, wo etablierte Autobauer noch zögern. Funktioniert eine Innovation im Tesla, haben Zulieferer plötzlich die Chance, ihre Produkte auch anderswo einbauen zu können. Das Problem für die deutschen Autobauer: Tesla hatte die Innovation dann halt zuerst, deutsche OEMs sind bloß die Nachzügler. 

Während deutsche Autobauer nun weiter auf ihren Altlasten, der Verbrennertechnik, sitzen, eröffnet Tesla nun also sein erstes, deutsches Werk. Deutsche Autobauer werden nicht nur ehrfürchtig nach Grünheide schauen, sondern nun noch mehr als bisher Tempo aufnehmen müssen. Für die Konzerne aus München, Stuttgart oder Wolfsburg fungiert die neue Tesla-Fabrik daher wie ein Mahnmal, welches ihnen jeden Tag sagen sollte: Beeilt euch, zögert nicht weiter, trefft klare und schnelle Entscheidungen, baut die Bürokratie in Euren Läden ab. Oder einfach: Traut euch!

Dieser Beitrag entstammt dem WiWo-Newsletter Daily Punch. Der Newsletter liefert Ihnen den täglichen Kommentar aus der WiWo-Redaktion ins Postfach. Immer auf den Punkt, immer mit Punch. Außerdem im Punch: der Überblick über die fünf wichtigsten Themen. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%