Haftpflicht-Policen Wer haftet, wenn Manager versagen?

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Warum die Versicherer Urteile verhindern wollen

Die D&O-Versicherung ist eine amerikanische Erfindung, seit Anfang der Neunzigerjahre gibt es sie auch in Deutschland. Die größten Anbieter sind die Allianz und der US-Versicherer AIG. Das Prämienaufkommen hierzulande liegt bei etwa 750 Millionen Euro pro Jahr. Ursprünglich schlossen nur Konzerne D&O-Versicherungen ab. Inzwischen ziehen Mittelständler nach.

Aktuell sind in Deutschland rund 20.000 Fälle bei den Versicherern anhängig, in denen Unternehmen Schäden ersetzt haben wollen. „Weltweit steht Deutschland mit dieser hohen Verfolgungszahl auf Platz eins“, sagt Michael Hendricks, Chef des britischen Versicherungsmaklers Howden Germany, der die meisten Policen dieser Art in Deutschland vermittelt.

Entsprechend beliebt wurden die Versicherungen in den vergangenen Jahren. Nur: Wohl in keinem Zweig der Assekuranz ist die Rechtsunsicherheit so groß wie in der D&O. Denn die Anbieter wollen möglichst keine Fakten schaffen, auf die sich andere Unternehmen berufen könnten. „Die Versicherer wollen Präzedenzurteile zu ihren Ungunsten vermeiden, damit sich nicht massenhaft andere Kunden darauf berufen können“, sagt Hendricks. Am liebsten sind ihnen Vergleiche, die erst nach vielen Jahren zustande kommen und über die sie mit dem Unternehmen Stillschweigen vereinbaren.

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von Franz W. Rother

Bei der früheren WestLB etwa richteten Banker 2003 durch fahrlässige Geschäfte mit dem verlustreichen britischen Fernsehgerätevermieter Boxclever einen Schaden von 600 Millionen Euro an. Durch die D&O-Versicherung gedeckt waren nur 125 Millionen Euro. Am Ende erhielt das Geldhaus im Zuge eines Vergleichs 14,5 Millionen Euro, wenig mehr als zwei Prozent der Schadenssumme. „Und das, obwohl der Haftungsfall eindeutig war“, sagt Hendricks.

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Auch die Deutsche Bank streitet seit 2002 mit ihrer D&O-Versicherung über Zahlungen für den Schaden durch ihren ehemaligen Vorstandschef Rolf Breuer. Der hatte mit einem Interview zur Insolvenz des Münchner Medienkonzerns Kirch beigetragen, wofür die Deutsche Bank den Erben im Wege eines Vergleichs inzwischen 900 Millionen Euro als Wiedergutmachung zahlte. Wie viel die Versicherung davon trägt, ist auch nach 13 Jahren offen.

Selbst Managern nutzt die Versicherung wenig, wenn es richtig teuer wird. Für Ex-Siemens-Vorstand Heinz-Joachim Neubürger endete dies sogar in einer Tragödie. Der Münchner Konzern hatte ihm vorgeworfen, kein Warnsystem etabliert zu haben, das den Korruptionsskandal vor rund zehn Jahren verhindert hätte. Siemens kam aus der Nummer mit einer Zahlung an die US-Börsenaufsicht SEC von 800 Millionen Dollar heraus. Nachdem der Konzern Neubürger gerichtlich und außergerichtlich zu einer Zahlung von insgesamt 19 Millionen gezwungen hatte, brachte er sich um.

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