Zahlreiche Aktionäre des schwedischen Bremsenspezialisten Haldex haben das Übernahmeangebot des Autozulieferers ZF Friedrichshafen ausgeschlagen. Trotz Empfehlung des Haldex-Managements dienten die Anteilseigner ZF nur 9,59 Prozent des Aktienkapitals zum Preis von 120 Kronen je Aktie an. Zusammen mit seinem Anteil von 21,67 Prozent verpasste der Stiftungskonzern damit die Annahmequote von 50 Prozent plus einer Aktie. ZF zog das Kaufangebot deshalb am Mittwoch zurück und baut damit seine Position als Großaktionär nicht auf gut 31 Prozent aus.
"ZF wird keine der bereits angedienten Aktien kaufen", teilte das Unternehmen mit. Nun bleibt abzuwarten, ob der rivalisierende Bieter Knorr-Bremse trotz der kartellrechtlichen Unsicherheit bis 5. Dezember eine Mehrheit für sein Angebot von 125 Kronen je Aktie oder rund 580 Millionen Euro findet.
ZF signalisierte, derzeit keinen Verkauf seines Anteils an Knorr zu planen. "Das Ziel von ZF, am weiteren Erfolg von Haldex beteiligt zu sein, bleibt unberührt", erklärte der Zulieferer vom Bodensee. Jedoch will ZF-Chef Stefan Sommer "konstruktive Gespräche mit den anderen Aktionären von Haldex" über die Zukunft des Unternehmens führen.
Das dürfte mit Blick auf Knorr-Chef Klaus Deller nicht einfach sein. Sommer hatte Knorr-Bremse auf der IAA in Hannover vor Kurzem provoziert, indem Haldex-Chef Bo Annvik persönlich bei der ZF-Pressekonferenz für die niedrigere, aus seiner Sicht aber bessere Offerte des Stiftungskonzerns warb. Deller reagierte verärgert und kritisierte zudem, dass Haldex das Gespräch mit Knorr verweigerte. "Knorr-Bremse sieht sich darin bestätigt, das bessere Angebot gemacht zu haben", teilten die Münchner jetzt mit.
Die Schweden lenkten unterdessen ein. "Aus meiner Sicht müssen wir jetzt auch mit Knorr in den Dialog treten", erklärte der amtierende Aufsichtsratschef Magnus Johansson. Haldex habe bereits Informationen von dem Bremsenhersteller angefordert. Gleichwohl bekräftigte Johansson die Skepsis über das Angebot von Knorr. Das Haldex-Management hatte gewarnt, da Knorr der größte Konkurrent sei, gebe es hohe kartellrechtliche Hürden und es sei mit Verkäufen zum Nachteil von Haldex zu rechnen.
Die weltweit größten Autozulieferer
Faurecia (Frankreich)
Umsatz 2016: 18,711 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 18,770 Milliarden Euro
Veränderung: -0,3 Prozent
Hauptprodukte: Sitze und Innenausstattung
Quelle: Berylls Strategy Advisors, Stand: Juni 2017
Michelin (Frankreich)
Umsatz 2016: 20,907 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 21,199 Milliarden Euro
Veränderung: -1,4 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Bridgestone-Firestone (Japan)
Umsatz 2016: 22,485 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,094 Milliarden Euro
Veränderung: -6,7 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Aisin (Japan)
Umsatz 2016: 27,977 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,133 Milliarden Euro
Veränderung: +15,9 Prozent
Hauptprodukte: Getriebe, Bremssysteme, Karosserie- und Motorenteile
Hyundai Mobis (Südkorea)
Umsatz 2016: 30,227 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 28,096 Milliarden Euro
Veränderung: +7,6 Prozent
Hauptprodukte: Cockpit-, Frontend- und Chassismodule
ZF Friedrichshafen (Deutschland)
Umsatz 2016: 32,353 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 27,113 Milliarden Euro
Veränderung: +19,3 Prozent
Hauptprodukte: Fahrwerks- und Antriebssysteme, Elektronik/Software
Magna (Kanada)
Umsatz 2016: 34,587 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 29,408 Milliarden Euro
Veränderung: +17,6 Prozent
Hauptprodukte: Karosserie & Fahrwerksysteme, Exterieur-Ausstattungen
Denso (Japan)
Umsatz 2016: 36,301 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 34,299 Milliarden Euro
Veränderung: +5,8 Prozent
Hauptprodukte: Klimasysteme, Motorsteuerung, Human-Machine-Interface
Continental (Deutschland)
Umsatz 2016: 40,550 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 39,232 Milliarden Euro
Veränderung: +3,4 Prozent
Hauptprodukte: Brems-, Fahrwerk- und Sicherheitssysteme, Reifen
Bosch (Deutschland)
Umsatz 2016: 43.936 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 41,657 Milliarden Euro
Veränderung: +5,5 Prozent
Hauptprodukte: Antriebs-, Sicherheits- und Komfortsysteme
Mit ZF dagegen gibt es keine Überschneidungen, sodass die schwedische Wettbewerbsaufsicht schon grünes Licht gegeben hatte. "Die Unsicherheit mit der verbleibenden Alternative besteht weiter", ergänzte Johansson. Es bestehe die Gefahr, dass Kunden deshalb abspringen und gute Mitarbeiter Haldex verlassen könnten.