
Probleme mit der Handbremse gehörten früher zu den häufigsten Mängeln, wenn Autos zum TÜV mussten, meist waren die Seilzüge festgerostet. Inzwischen taucht die Feststellbremse seltener in den Mängelberichten auf, die mechanische Handbremse ist ein Auslaufmodell. Immer mehr neue Autos haben eine elektrische Parkbremse, die ohne anfällige Mechanik auskommt.
Zu den wichtigsten Herstellern solcher Parkbremsen zählt Continental: Der Autoelektronik- und Reifenhersteller aus Hannover liefert die Steuergeräte, der Herzogenauracher Kugel- und Wälzlagerspezialist Schaeffler die Mechanik. Die Bremsen gehören zu einer Handvoll Zulieferkomponenten, die die beiden Autozulieferer gemeinsam herstellen und vermarkten.





Umsatzmäßig spielt das Gemeinschaftsangebot bei den Tausenden von Teilen umfassenden Sortimenten kaum eine Rolle. Symbolisch aber schon, denn es gehört zu den wenigen tatsächlich realisierten Projekten eines mit großem Tamtam angekündigten Synergieprojekts nach der Übernahme von Continental durch Schaeffler.
Die spektakuläre Aktion im Herbst 2008 sollte den fränkischen Familienkonzern stärken, die geplante Fusion mit dem dreimal so großen Zulieferer aus Hannover die Expertise für zusätzliche Tätigkeitsfelder bringen und neue Märkte erschließen. Schaeffler wollte damit die Voraussetzungen schaffen, riesige Synergien zu heben und zu den ganz großen Playern im globalen Autozuliefergeschäft aufzuschließen.
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Der Traum ist ausgeträumt
Fünf Jahre später ist der Traum ausgeträumt: Die Fusion ist abgeblasen, die Synergieeffekte sind überschaubar. Trotz mehrerer Umschuldungsaktionen schiebt Schaeffler immer noch einen Schuldenberg von neun Milliarden Euro vor sich her. Jetzt gerät die im Familienbesitz befindliche AG in die Schlagzeilen, weil Jürgen Geißinger mit sofortiger Wirkung den Konzern verlässt. Dies beschloss der Aufsichtsrat am Freitagvormittag. Die Entscheidung sei in gegenseitigem Einvernehmen erfolgt, teilte Schaeffler mit. "Mit dem heute beschlossenen Wechsel an der Führungsspitze ist der Weg frei, um die Schaeffler-Gruppe und ihre Führung für die Zukunft neu auszurichten", sagte Aufsichtsratsvorsitzender Georg F. W. Schaeffler. Er danke Geißinger für seinen Einsatz.
Das "Handelsblatt" hatte kurz zuvor unter Berufung auf Unternehmerkreise darüber berichtet. Das Verhältnis Geißingers zu den Eigentümern Maria-Elisabeth Schaeffler und ihrem Sohn Georg F.W. sei zerrüttet. Das Führungschaos sei perfekt, weil der Wunschnachfolger für den Chefposten, Klaus Deller, von seinem aktuellen Arbeitgeber Knorr-Bremse offenbar blockiert werde. Daher müsse interimsmäßig Schaeffler-Finanzchef Klaus Rosenfeld die Verantwortung übernehmen, berichtete das Blatt weiter. "Ein Streit, der zur Unzeit kommt", kritisiert ein Schaeffler-Insider.
Rückblende in das Jahr 2008: Mithilfe mehrerer Banken hatte Schaeffler sich bis zum Juli verdeckt Zugriff auf gut 36 Prozent der Conti-Aktien verschafft. Um für eine strategische Partnerschaft auf einen Anteil von knapp 50 Prozent zu kommen, gaben die Herzogenauracher Ende Juli ein öffentliches Übernahmeangebot für die restlichen Conti-Aktien ab.
Das hätte den Konzern fast die Existenz gekostet. Denn als nach der Lehman-Pleite im September die Aktienkurse kollabierten, musste Schaeffler 90 Prozent der Conti-Anteile übernehmen. Zusammen hatten Conti und Schaeffler durch die unfreiwillige Vereinigung Schulden von mehr als 20 Milliarden Euro am Hals. Zusätzlich ins Schlingern geriet das Doppel durch die anschließende Wirtschaftskrise. Nur ein Stillhalteabkommen mit den Hausbanken verhinderte den Kollaps.