Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir "Wer das Werk Rüsselsheim schließt, schließt Opel"

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„Der Kern von Opel ist Rüsselsheim“

Deshalb müssen bei Opel ja auch die Kosten sinken.
Das ist aber ein schmaler Grat. Ich erinnere daran, dass Opel in den Neunzigern ein drastisches Sparprogramm aufsetzte, um den Profit zu erhöhen. Zuverlässigkeit und Qualität wurden für kurzfristige Kostensenkungen und minderwertige Produkte aufs Spiel gesetzt. Mein Onkel hatte, als ich ein Kind war, einen Opel Rekord und der fuhr und fuhr und fuhr. Das nächste Familienauto war ein Opel Vectra, der eher einen Hartplastik-Charme hatte und nicht lange hielt. Jetzt fährt man dort einen VW Golf. Da sieht man, dass kurzfristiges Sparen langfristig teuer werden kann. Aber zum Glück bietet Opel heute wieder gute und attraktive Autos an.

Das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim entwickelt viel für General Motors. Wird das nun zum Problem für den Standort?
Der Kern von Opel ist Rüsselsheim. Wer das Werk hier schließt, schließt Opel. In Rüsselsheim arbeiten zwar inzwischen mehr Menschen in der Entwicklung als in der Produktion. Es gibt mehr Ingenieure als Arbeiter am Band. Der Prozentsatz der Angestellten in Forschung und Entwicklung ist deshalb in Rüsselsheim höher als in der Wissenschaftsstadt Darmstadt, die 25 Kilometer entfernt ist. Aber Entwicklungszentrum und Produktion gehören zusammen.

Womit rechnen Sie, falls der Deal doch noch scheitert und Opel bei GM bleibt?
Dann geht die Welt nicht unter. Aber die entscheidende Frage für Opel ist die Zukunftsperspektive für das Entwicklungszentrum. Auch GM müsste die Frage beantworten, welche Rolle Opel künftig in der Unternehmensgruppe spielen soll. Die Kompetenz in Rüsselsheim liegt aktuell darin, effiziente Verbrennungsmotoren zu entwickeln. Das wird in zehn Jahren für die Zukunft der Marke nicht mehr entscheidend sein. Da geht es dann um andere Fragen: Um Know-how beim autonomen Fahren und um alternative Antriebe wie die Elektro-Mobilität. Die Zukunft von Opel hinge dann davon ab, ob General Motors diese Antriebe und diese Technik auch in Rüsselsheim entwickeln ließe. Unter dem PSA-Dach gilt das natürlich genauso. Und auch da gilt die Frage, wo Opel künftig positioniert wäre. VW hat das ja erfolgreich von Audi über VW, Seat bis hin zu Skoda vorgemacht. Die spannende Frage ist, wo Opel in einer Mehrmarkenstrategie im PSA-Konzern positioniert wäre.

Opels Produktionsstandorte in Europa

Wäre es denkbar, dass das Land bei Opel einsteigt und so hilft, den Standort zu sichern?
Das würde die Probleme von Opel nicht lösen. Es ist auch gar nicht nötig, dass das Land als Retter aufritt. Opel macht zwar noch Verlust, ist aber dennoch in einer sehr viel besseren Verfassung als in der letzten Opel-Krise, als wir mit einer Bürgschaft aushelfen mussten. Das steht diesmal gar nicht zur Debatte.

Die Deutsche Börse wollte mit der Börse in London fusionieren. Doch letztere will jetzt Auflagen der EU-Kommission nicht erfüllen. Für wie wahrscheinlich halten sie es, dass die Fusion noch durchkommt?
Die Londoner Börse selbst schätzt die Wahrscheinlichkeit ja nicht mehr als sehr hoch ein. Aber klar ist auch: Noch hat die EU-Kommission nicht entschieden.

Das Land Hessen ist für die Börsenaufsicht zuständig und hätte die Fusion auch torpedieren können. Sind Sie froh, dass der Schwarze Peter für das drohende Aus nun vermutlich in London landet statt bei Ihnen?
Da geht es nicht um froh oder nicht froh. Wenn man in so einer Position ist wie ich, dann sollte man bei solchen Themen nicht emotional sein.

Diese Autobauer haben die zufriedensten Kunden
Volvo Quelle: dpa
Toyota Quelle: dpa
Opel Adam Quelle: obs
Skoda Fabia Quelle: obs
Toyota Auris Quelle: dapd
Skoda Superb Quelle: obs
Kia Sportage Quelle: obs

Für wie gefährlich hielten Sie als Wirtschaftsminister es denn, wenn unsere Börse doch noch nach London geht?
Ganz banal: Wir haben nach dem Börsengesetz, Paragraf 6, zu entscheiden und eine Prognose zu treffen, was die Fortentwicklungsperspektive der Börse am Standort angeht. Auch da warten wir, ob und wenn ja über welchen Antrag wird am Ende zu entscheiden haben.

Sie müssen als Börsenaufseher auch darüber entscheiden, ob Carsten Kengeter geeignet ist, die Deutsche Börse zu leiten. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen ihn wegen möglichen Insiderhandels. Ist er noch zu halten?
Auch für Herrn Kengeter gilt die Unschuldsvermutung. Wir werden den Fortgang der Ermittlungen natürlich beobachten.

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