Historikerstreit im VW-Konzern Massive Kritik führender Historiker an VW

Führende Geschichtswissenschaftler üben massive Kritik an VW, weil man sich vom Konzern-Chefhistoriker Manfred Grieger trennt. Sie fürchten künftig Geschichtsklitterung statt Aufklärung.

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Quelle: REUTERS

Die Trennung des Volkswagen-Konzerns von seinem Chefhistoriker Manfred Grieger, der zum 1. November sein Amt in Wolfsburg aufgibt, schlägt unter Deutschlands Historikern hohe Wellen.

In einem gemeinsam verfassten exklusiven Beitrag für WirtschaftsWoche Online greifen die renommierten NS-Spezialisten Lutz Budrass von der Universität Bochum und Mark Spoerer von der Universität Regensburg die Entscheidung des Unternehmens, "einen Aufklärer zu entsorgen", scharf an: "Wir begreifen die Trennung, die VW mit einem „unterschiedlichen Verständnis über die Zusammenarbeit“ begründet, als Teil des massiven Glaubwürdigkeitsproblems, das der VW-Konzern seit dem Abgasskandal hat. Zur Vorstellung der VW-Spitze von Kommunikation innerhalb und außerhalb des Konzerns hat jahrelang die systematische Täuschung der Öffentlichkeit, der Kunden und der eigenen Mitarbeiter gehört." Die Entscheidung kontra Grieger zeige "deutlich, auf welche Abwege die Kommunikation in der Chefetage des VW-Konzerns geraten ist".

Grieger hatte die mangelhafte Aufarbeitung der NS-Geschichte des Auto-Union-Nachfolgers Audi scharf kritisiert.

Spoerer und Budrass fürchten aber auch Auswirkungen für Unternehmen über NS-Aufarbeitungsfragen hinaus: "Schon seit längerem müssen sich die deutschen Automobilkonzerne Fragen gefallen lassen, die das Verhalten ihrer Tochterunternehmen in diktatorischen Ländern wie Brasilien, Argentinien oder Südafrika betreffen. Hier drohen Sammelklagen, und historische Aufklärung ist mehr denn je notwendig, um den Schaden der betroffenen Unternehmen einschätzen und begrenzen zu können."

Budrass hatte in diesem Jahr zur NS-Geschichte der Lufthansa und Spoerer zu den Nazi-Verstrickungen von C&A neue Aufarbeitungen vorgelegt.

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