Automesse Kann ein grüneres Image die IAA wieder attraktiver machen?

Eindrücke von der letzten IAA 2017. Dieses Jahr möchte die Messe ein nachhaltigeres Image promoten. Quelle: imago images

Deutschlands Automesse in Frankfurt öffnet bald ihre Tore. Rechtzeitig zum Start haben auch Umweltverbände Proteste angekündigt. Die IAA bemüht sich um Wandel, der Umstieg auf E-Autos läuft – aber nur langsam.

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Die immer heftiger geführte Klimadebatte bringt die Autoindustrie ins Schwitzen. Die in einer Woche beginnende Automesse IAA in Frankfurt läuft deshalb dieses Mal anders als bisher. Denn die wachsende Protestbewegung für Klimaschutz will der Branche mit eigenen Aktionen gehörig auf die Füße treten. Die Aktivisten fordern das Aus für den Verbrennungsmotor – und zwar sofort. Der Umstieg auf Elektroautos läuft auch schon seit Jahren. Doch es wird noch lange dauern, bis das Autoland Deutschland mit rund 65 Millionen Fahrzeugen und seiner wichtigsten Industrie mit 830.000 Arbeitsplätzen Benzin und Diesel in Motoren hinter sich lässt.

„Automobilhersteller und Politik sind jetzt enorm unter Druck, die Gesellschaft fordert viel größere Anstrengungen für Klimaschutz“, sagt Stefan Bratzel, Chef des Center of Automotive Management von der Fachhochschule Bergisch Gladbach. Das hätten noch nicht alle begriffen. Und Christoph Stürmer, Autoexperte der Unternehmensberatung PwC ist sich sicher: „Die Technologie der Verbrennungsmotoren wird spätestens 2025 ihren Zenit überschritten haben. Sie wird dann immer unattraktiver für den Neufahrzeugmarkt, denn die Käufer wollen sich keine Autos mehr mit einer auslaufenden Technologie anschaffen“. Für die Hersteller werde es dann unrentabel, Verbrenner anzubieten, denn mit schwindender Nachfrage können die Fabriken nicht mehr ausreichend ausgelastet werden.

Die Branche sagt, sie habe sehr wohl verstanden. Die Hersteller und Zulieferer aus Deutschland pumpen in den kommenden drei Jahren 40 Milliarden Euro in die E-Mobilität. Mit ihren Kritikern suche die Industrie den Dialog, erklärte der Chef des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes. „Wir wollen die individuelle Mobilität der Zukunft gemeinsam gestalten, wir wollen sie nicht abwürgen.“ Mit 800 Ausstellern – einem Fünftel weniger als 2017 – kämpft die IAA zudem mit Bedeutungsverlust. Neue Konzepte mit mehr Foren zu Austausch und Testfahrmöglichkeiten sollen den Trend umkehren.

Nicht nur die Aussteller sind in den letzten Zügen mit ihren Vorbereitungen für die vom 12. bis 22. September laufende Schau. Auch die Klima-Aktivisten rüsten sich. Unter dem Motto „Aussteigen“ ruft ein Bündnis von Umweltverbänden am Samstag, dem ersten Publikumstag, zu einer Demonstration auf. Andere planen Blockaden direkt vor den Toren der IAA. Die Polizei ist auf Überraschungen gefasst. „Betrügerische Autokonzerne feiern dort ihre dicken SUV und Spritschlucker“, werfen die Protestierer der Branche vor - und fordern die Umstellung auf kleine Elektroautos, den Ausbau von Bahn und Bus sowie Vorrang für Fußgänger und Radfahrer.

Angesichts der ungewohnt großen Dimension der Proteste von Autogegnern werden die Einlasskontrollen zur IAA verstärkt, wie der VDA erklärte. „Die Besucher sollten mit leichtem Gepäck kommen und müssen sich auf Wartezeiten einstellen“, rät ein Sprecher. Dennoch: Der Verband will sich den Kritikern stellen. Nach einer öffentlichen Podiumsdiskussion mit den Umweltverbänden an diesem Donnerstag in Berlin soll am 13. September ein Bürgerforum in Frankfurt außerhalb der Messe stattfinden, damit zum Diskutieren nicht erst eine Eintrittskarte gekauft werden muss.

Diese neuen Stromer gibt es auf der IAA zu sehen
Volkswagen ID.3 Quelle: Volkswagen
Opel Corsa-e Quelle: Opel
Honda E Quelle: Honda
Mini Cooper SE Quelle: Mini
Ein weiteres Elektro-Highlight der IAA wird der Porsche Taycan sein. Der für Anfang 2020 angekündigte Hochleistungs-Stromer soll der Tradition der Marke alle Ehre machen. Quelle: Porsche
Mercedes EQV Quelle: Mercedes-Benz

Sport- und Geländewagen versus Nachhaltigkeit?

Auf der Messe können die Besucher sehen, wie der Verkehr der Zukunft grüner werden soll. An emissionsfreien Elektroautos haben die deutschen Hersteller im Moment noch wenig zu bieten, aber viel in der Pipeline. Für Wirbel will Volkswagen mit seinem Elektro-Kompaktwagen ID.3 sorgen - das erste Modell der neuen Generation E-Autos, das so massentauglich werden soll wie der Golf. Mit günstigen Elektroautos wollen auch Autobauer aus China den Markt Europa erobern. So kommen etwa die erst zwei Jahre alten Start-ups Byton und Aiways mit Elektro-SUV nach Frankfurt. Vor ihnen hatten schon einige andere Hersteller aus China den Markteintritt angekündigt, bisher aber nicht geschafft. In der Kleinwagen-Liga bietet etwa die PSA-Tochter Opel den neuen Corsa zusätzlich in Elektroversion an.

Auch Mercedes-Benz stellt den „Weg in die emissionsfreie Zukunft“ in den Mittelpunkt. Am traditionellen Platz in der Festhalle präsentiert sich Daimler dieses Mal mit deutlich weniger Autos – und stattdessen zum Beispiel mit einer umweltfreundlichen Modellstadt und einem Dutzend großer LED-Flächen mit Videos, etwa zu nachhaltiger Mobilität. Wie die aussieht, will der neue Daimler-Chef Ola Källenius an einem Showcar zur Vision der 2018 gestarteten Elektromarke EQ demonstrieren. An bestellbaren Serienautos bietet die Marke mit dem Stern die Großraumlimousine EQV als zweites Exemplar der neuen Serie nach dem SUV EQC an. Erzrivale BMW will ebenfalls mit einem Konzeptfahrzeug einen Ausblick auf die elektrifizierte Zukunft der Marke geben, als neues Serienmodell zeigen die Münchner den Elektro-Mini.

Sportwagen-Fans werden ebenfalls ans E-Auto-Zeitalter gewöhnt. Die VW-Tochter Porsche bringt ihren ersten Stromer Taycan auf den Markt. Die Sportwagenschmiede wirbt damit, dass der Kilowattstunden-Kraftprotz in weniger als 3,5 Sekunden von null auf 100 Stundenkilometer beschleunigt.

Aber bleiben schnelle Sportwagen oder schwere SUV mit hohem Stromverbrauch unter den Zwängen des Klimaschutzes en vogue? Die klimafreundlichen Autos der Zukunft müssten generell kleiner werden, sagt Bratzel. Dazu müsse die Politik Vorschriften und Anreize schaffen. „Es wird auch immer große Fahrzeuge geben, aber die müssen deutlich teurer werden.“ Vorerst sei die Autoindustrie aber auf renditeträchtige SUV und Premiumautos mit Verbrennungsmotor angewiesen, um genug Geld für die teure Umstellung zu verdienen - zumal die Branche nach zehn fetten Jahren gerade immer tiefer in die Rezession fährt. Ob die Kunden die vielen geplanten Elektroautos kaufen werden, bleibt unterdessen die große Unbekannte – bislang wächst die Nachfrage nach spritschluckenden SUV ungebrochen.



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