Navi-Konkurrenten Wie sich Garmin und TomTom fit für die Zukunft machen

Einst an vielen Windschutzscheiben, aber heute seltener: Nachrüst-Navis. Quelle: REUTERS

TomTom und Garmin waren einst marktführend bei Nachrüst-Navigationssystemen. Deren Zeit scheint jedoch endgültig abgelaufen – und die früheren Konkurrenten suchen ihr Heil mit ganz unterschiedlichen Strategien.

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„TomTom oder Garmin?“ Die Frage spaltete Deutschlands Benzinfraktion, so wie die nach „Köln oder Düsseldorf“ oder „Hamburg oder Bremen“ die Fußballfans. Der Innovationswettlauf der beiden Hersteller trieb den globalen Markt mit Nachrüst-Navigationsgeräten in immer neue Höhen. Knapp viereinhalb Millionen verkaufte Geräten und gut eine Milliarde Euro Umsatz markierten in Deutschland den Höhepunkt des Geschäfts mit den smarten Wegweisern für die Windschutzscheibe.

Zehn Jahre ist das her. Seitdem hat die Branche ein paar Gänge zurückgeschaltet. Der Absatz der Nachrüst-Navis sank auf rund eine Million Geräte deutschlandweit, der Umsatz mit rund 175 Millionen Euro sogar auf nur noch ein knappes Fünftel. Auch weltweit kannte die Entwicklung nur eine Richtung: abwärts!

Denn das Massengeschäft mit den gut handtellergroßen Geräten wurde zwischen zwei Trends zerrieben: Zum einen übernahmen Smartphones – nach der Rolle der Fotoapparate, der Musikspieler oder der E-Book-Reader – auch noch die Funktion der Navigationsgeräte. Dank konstant fallender Preise für mobile Daten lassen sich heute immer mehr Reisende im Alltag vom Handy zum Ziel lotsen. Sofern sie – das ist der zweite Trend – nicht längst fest eingebaute Routenführer im Fahrzeug haben. Die sind längst vom Luxuszubehör zur Basisausrüstung vieler Neuwagen geworden.

Absturz vom Börsen-Olymp

Den beiden Branchenriesen, Garmin aus den USA und TomTom aus den Niederlanden, hat der Umbruch des Marktes - parallel zur globalen Wirtschaftskrise nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers - einen drastischen Einbruch der Börsenkurse beschert. Garmin verlor zeitweise fast 87 Prozent seines Wertes, TomTom stürzte gar um rund 97 Prozent ab. Die Entwicklung zwang beide Unternehmen zur radikalen Neudefinition ihrer Kerngeschäfte.

Die Konzerne haben dabei ganz unterschiedliche Strategien gewählt.

Zwar präsentierten beide Hersteller vor wenigen Tagen auf der Elektronikmesse IFA in Berlin noch immer neue Generationen ihrer Navigationsgehilfen. Und auch auf der Motormesse IAA Frankfurt, werden beide Hersteller vertreten sein. Aber ganz anders als es das klassische Geschäftsmodell erwarten ließe.

So konzentriert sich TomTom heute weitgehend auf das Software-Geschäft, insbesondere als Lieferant für Straßenkarten, die längst über den Detailgrad herkömmlicher Routenübersichten hinausgehen. Die neuen HD-Karten, die Straßenverläufe, Spurmarkierungen, Kurvenradien und Fahrbahnneigungen, Schilder- und Ampelpositionen zentimetergenau dokumentieren, sind eine wichtige Grundlage fürs teil- und künftig auch vollautonome Fahren. Dabei reicht es nicht, die Strecken nur genauer zu kartieren. Die Daten müssen auch um ein Vielfaches aktueller sein.

Zurück zu den Wurzeln

Ähnlich wie schon Staumeldungen, die einzelne Navis heute über TomToms Cloud-Plattform in Echtzeit mit anderen Routenführern des Herstellers austauschten, wollen die Niederländer künftig auch Zustandsinformationen über die Straßen kontinuierlich erfassen und weitergeben. Diese Daten ließen sich dann als tagesaktuelle Ergänzungen für HD-Karten auf andere, vernetzte Autos übertragen, die TomToms Straßendaten für die Navigation oder fürs (teil-) autonome Fahren verwenden.

Das Hardware-Geschäft mit Sportuhren oder Actionkameras hingegen, in dem TomTom ebenfalls aktiv war, spielt für die Niederländer keine Rolle mehr. Mit dieser Strategie – Fokus auf Software und Dienstleistung – kehren die Niederländer zu den Anfängen des Unternehmens zurück. Denn ursprünglich verkaufte das Unternehmen digitale Straßenkarten und Software zur Streckenplanung. In Zukunft, davon sind sie im Amsterdamer Hauptquartier überzeugt, werden solche Dienste weiter gefragt sein, erst recht, wenn Fahrzeuge dereinst ihren Weg zum Ziel autonom finden sollen.

Neue Märkte erschlossen

Garmin hingegen hat die gegensätzliche Strategie gewählt und sieht das Zukunftsgeschäft in der Hardware. Aber auch die Amerikaner haben sich dabei in den vergangenen Jahren von der Dominanz der Navigationssysteme emanzipiert und ihr Geschäft neu aufgestellt. Lag der Umsatzanteil der Straßennavigation vor einer Dekade bei 70 Prozent, ist er inzwischen auf 16 Prozent geschrumpft. Größte Umsatz und Gewinnbringer sind heute die Sparten Sport, Outdoor und Luftfahrt – von der Sportuhr über den GPS-Navigator für Segler bis zum Routenführer im Gelände.

So wie Garmin einst im Geschäft der Auto-Wegweiser dominierend war, so sehr hat sich das Unternehmen heute als einer der Marktführer im Segment der Fitnesstracker und High-End-Trainingsuhren etabliert. Selbst eine Edel-Serie, die ausschließlich über Juweliere vertrieben wird, haben die Amerikaner inzwischen im Programm.

Zwar vertreibt auch Garmin heute noch Navis und Frontscheibenkameras, sogenannte Dash-Cams, zum Nachrüsten. Doch das Zukunftsgeschäft der Automobilsparte liegt woanders. Im Frühjahr wurde bekannt, dass Garmin künftig Entwickler und Lieferant für Unterhaltungs-, Kommunikations- und Navigationssysteme wird, die der BMW-Konzern in zahlreiche seiner Fahrzeuge ab Werk einbaut.

Miteinander statt gegeneinander

Dabei werde es nicht bleiben, davon ist Garmin-Vorstandschef Cliff Pemble überzeugt. Die Nachfrage nach integrierten Unterhaltungssystemen im Auto werde in Zukunft noch steigen, wenn mehr und mehr Wagen autonom über die Straßen rollen. „Egal, ob sich die Fahrer darüber – wie heute noch – lotsen lassen wollen, oder dereinst entspannt unterhalten lassen, wir haben das Hardware-Know-how, um das möglich zu machen.“

Und sogar TomTom könnte dann wieder mit an Bord sein. Denn aus der einstigen Rivalität ist längst Ko-Innovation geworden: So mancher Autohersteller lässt sich schon heute die Hardware für die Einbaugeräte von einem der beiden Ex-Navi-Riesen liefern und die Karten vom anderen. Für das Zeitalter des autonomen Verkehrs, so scheint es, sind beide inzwischen gerüstet.

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Ebenfalls neu ist der BMW 3er Touring, der künftig einen 500 bis 1500 Liter fassenden, variablen Kofferraum bieten wird. Kostenpunkt: ab 39.400 Euro aufwärts. Außerdem präsentiert BMW den neuen M8, der in seiner stärksten Ausbaustufe mehr als 600 PS aus einem doppelt aufgeladenen V8-Benziner kitzeln wird. Zudem zeigt BMW den X6, der in Deutschland im November 2019 zu Preisen ab 75.500 Euro auf den Markt kommt. Der Allradriese mit Coupé-Dach ist in der Länge auf 4,94 und in der Breite auf 2,0 Meter gewachsen. Das Leistungsspektrum der Diesel und Benziner reicht 195 kW/265 PS bis 390 kW/530 PS. Quelle: BMW
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