
„Dein neuer Dienstwagen?“ „Ein Infiniti.“ „Aha, und von welcher Marke ist der?“ So oder so ähnlich könnte dieses Gespräch irgendwo in Deutschland stattgefunden haben. Drei Sätze, die das Hauptproblem der Nissan-Tochter Infiniti auf den Punkt bringen: Die Marke ist - zumindest hierzulande - kaum bekannt.
Das will Roland Krüger ändern. Der ehemalige Vertriebschef von BMW Deutschland leitet seit knapp 100 Tagen die japanische Nobelmarke – und will den in Europa dahindümpelnden Autobauer auf Angriff trimmen. „Infiniti hat großes Potenzial, im deutschen Markt ein Top-Player zu werden“, sagt Krüger beim Autosalon Genf im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. „Noch ist Luft nach oben.“





Wie viel Luft nach oben, darüber schweigt sich Krüger allerdings aus. Geplante Absatzzahlen oder Wachstumsraten will der Infiniti-Chef nicht nennen. Man müsse „Stück für Stück“ die Marktanteile ausbauen und „sukzessive das Modellprogramm ausweiten“, sagt Krüger stattdessen.
Die Ansagen sind klar, auch in Krügers ruhigen Worten. Auf einer Automesse, wo jeder Hersteller mit knackigen Sprüchen um Aufmerksamkeit buhlt, ist er ein angenehmer Gegenpol.
Rückstand ist gewaltig
Die Top-Player im Premium-Segment, das sind natürlich die deutschen Branchengrößen Audi, BMW und Mercedes-Benz. Gemessen an den Verkäufen liegt das Trio für die Japaner in weiter Ferne. So lieferte zum Beispiel Krügers Ex-Arbeitgeber BMW im Januar 2015 hierzulande über 19.000 Autos aus. Bei Infiniti waren es 1015 Nobelschlitten – im gesamten Jahr 2014.
Neuzulassungen in Deutschland 2014
Neuzulassungen: 227.835 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 7,5 Prozent
Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt KBA
Neuzulassungen: 457.633 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 15,1 Prozent
Neuzulassungen: 801.441 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 26,4 Prozent
Neuzulassungen: 380.263 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 12,5 Prozent
Neuzulassungen: 121.998 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 4,0 Prozent
Neuzulassungen: 29.861 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 1,0 Prozent
Neuzulassungen: 296.714 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 9,8 Prozent
Neuzulassungen: 232.230 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 7,8 Prozent
Neuzulassungen: 36.888 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 1,2 Prozent
Neuzulassungen: 291.599 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 9,6 Prozent
Neuzulassungen: 123.296 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 4,1 Prozent
Neuzulassungen: 25.746 Fahrzeuge
Anteil der Neuzulassungen: 0,8 Prozent
Die Unterschiede sind gewaltig, doch 2014 war für Infiniti in Deutschland ein gutes Jahr. Von einer Wachstumsrate jenseits der 95 Prozent will sich Krüger aber nicht blenden lassen. „Die Basis ist in einigen Märkten sehr klein, die Wachstumsraten entsprechend hoch“, sagt der 48-Jährige. Möglich gemacht hat das jüngste Absatzplus die Öffnung der Marke nach unten. Mit der Limousine Q50 kam in der Mittelklasse ein Konkurrent zu C-Klasse, A4 und 3er auf den Markt, der Infiniti neue Kunden brachte.
Diese Strategie will Krüger auch künftig verfolgen – und noch einen Schritt weiter gehen. Infiniti wagt den Schritt in die Kompaktklasse. Auf dem Autosalon in Genf enthüllte Krüger das QX30 Concept, die seriennahe Studie eines Kompakt-SUVs. Im Frühjahr 2016 soll das neue Volumenmodell auf den Markt kommen, wenige Monate nach dem klassischen Kompaktwagen Q30.
„Die Kernpunkte für unsere Expansion in Europa sind die Kompakt-Modelle Q30 und QX30“, sagt Krüger. „Der QX30 ist sehr wichtig, da er neue Kundengruppen erschließt, die Infiniti bisher nicht bedient hat. Sehr große Kundengruppen.“
Kompakt-Offensive soll Verkäufe ankurbeln
Dabei kommt Infiniti ein Autobauer zu Hilfe, den die Japaner eigentlich angreifen wollen: Daimler. Mercedes-Benz, über diverse Kooperationen mit der Renault-Nissan-Allianz verbunden, liefert für die großen Modelle der Q50- und Q70-Baureihen nicht nur Dieselmotoren zu, sondern stellt mit der A- und GLA-Klasse die technische Basis für die geplanten Infiniti-Kompaktmodelle.





Aus Krügers Sicht läuft die Zusammenarbeit mit den Stuttgartern „sehr gut“. Er betont aber stetig, dass Infiniti nicht nur Mercedes-Technik kopiert. „Die gemeinsame Entwicklung führt immer noch zu einem eigenständigen Charakter – und das muss auch so bleiben“, so Krüger. „Ich bin den QX30 Ende Februar in Japan gefahren und kann nur sagen, dass die Ingenieure einen guten Job gemacht haben.“