Investorenprozess geplatzt Autozulieferer Veritas leitet Insolvenzverfahren ein

Die Veritas AG stellt Schläuche, Leitungen, Luftzirkulationssysteme und Dichtungen her. Autohersteller wie Daimler, BMW, Fiat und Volkswagen zählen zu den Kunden der Gruppe. Quelle: dpa

Der nächste Autozulieferer kämpft ums Überleben: Nachdem ein Investor abgesprungen ist, hat die Veritas AG mit Sitz in Gelnhausen und deutschlandweit 2200 Mitarbeitern Insolvenzantrag gestellt.

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Die Automobilindustrie ächzt unter der Coronakrise: Bei VW und Daimler wurden die Gewinne im Auftaktquartal fast ausradiert, weil die Werke wegen der Pandemie seit Mitte März stillstanden, die Kosten aber weiterliefen. Bei den Autozulieferern sieht es ähnlich düster aus.

Marktführer Bosch erwartet bei einer weltweiten Rezession einen Rückgang der Autoproduktion um mindestens ein Fünftel. Continental, Nummer drei unter den Zulieferern, will Investitionen in das automatisierte Fahren verschieben, um die Liquidität zu schonen. Noch härter trifft es kleinere und mittelgroße Zulieferer wie die Veritas AG in Gelnhausen. Die Firma stellt Schläuche, Leitungen, Luftzirkulationssysteme und Dichtungen her. Autohersteller wie Daimler, BMW, Fiat und Volkswagen zählen zu den Kunden der Gruppe, die nach eigenen Angaben weltweit rund 4400 Mitarbeiter an zwölf Standorten beschäftigt.

Nach Informationen der WirtschaftsWoche hat die Unternehmensgruppe für ihre deutschen Gesellschaften heute Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind rund 2200 Mitarbeiter in Deutschland. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Sanierungsexperte Jan Markus Plathner von der Wirtschaftskanzlei Brinkmann und Partner bestellt, der schon bei zahlreichen Großverfahren im Einsatz war. Eine Sprecherin des Unternehmens bestätigte die Informationen.

Der Insolvenzantrag hatte sich bereits abgezeichnet, nachdem durch die „Auswirkungen der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Umsatzrückgänge“ der geplante Einstieg eines Investors geplatzt war, wie das Unternehmen bereits gestern erklärt hatte. Nach dem bislang ergebnislos geführten Investorenprozess gebe „das Insolvenzverfahren der Unternehmensgruppe die Möglichkeit, den begonnenen Weg einer nachhaltigen Sanierung und Neuausrichtung weiterzugehen und als weitere Sanierungsoption einen neuen Investorenprozess zu starten“, hieß es weiter.

Veritas steckt bereits seit geraumer Zeit in der Krise. So ist die Gesellschaft Kreditnehmer eines Konsortialkreditvertrages mit einem Volumen in Höhe von 150 Millionen Euro und einer Laufzeit bis 2022. Mehrfach wurden „Verlängerungen des Kreditvertrages unter Aussetzung der Finanzkennzahlen verhandelt“, geht aus dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Jahresbericht für 2018 hervor. Seit Ende 2018 sehe sich die Unternehmensgruppe zudem mit einem Marktrückgang von mehr als zehn Prozent konfrontiert, hieß es im Februar 2020 in einer Pressemitteilung. Damals hatte Veritas noch den Einstieg der American Industrial Acquisition Corporation als Mehrheitsaktionär bekannt gegeben.

Dies sei „Voraussetzung, um die Restrukturierung strategisch und finanziell erfolgreich durchzuführen“, hieß es. Geplant war ein drastischer Stellabbau. Nachdem bereits 15 Prozent der Arbeitsplätze an den deutschen Standorten seit Mitte 2019 gestrichen worden waren, sollten bis Ende des Jahres 2022 am Hauptstandort in Gelnhausen weitere 700 Arbeitsplätze wegfallen und wesentliche Teile der Produktion an ausländische Standorte verlegt werden.

Ob und wie es für das Unternehmen nun weitergeht, muss der vorläufige Insolvenzverwalter klären. Zunächst dürfte er das Gespräch mit zentralen Kunden und Lieferanten des Unternehmens suchen und versuchen, eine Vorfinanzierung für das Insolvenzgeld sicherzustellen. Das bisherige Management ist unterdessen bereits von Bord gegangen. Ende März hatten Vorstandssprecher Matthias Häberle sowie die Vorstände Ralph Onken und Ralph Saalwächter laut Eintragungen im Handelsregister ihre Ämter niedergelegt.
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Continental-Chef Elmar Degenhart ist einer der wichtigsten Automanager in Deutschland und hat aktuell einen der härtesten Jobs der Branche. Aus dem Homeoffice steuert er den Zulieferer durch die Coronakrise – und macht fast alles richtig. Jetzt steht er vor seiner größten Herausforderung. Lesen Sie die Geschichte hier.

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