Jaguar, Land Rover, Rolls-Royce Wie der Brexit britische Autobauer in Schieflage bringt

Land Rover Discovery in Frankfurt Quelle: imago images

Der Brexit schwebt wie ein Damoklesschwert über den britischen Autobauern. Der EU-Austritt könnte Lieferketten auf den Kopf stellen – und auch für Fahrverbote in Deutschland sorgen.

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Es ist eine der großen Erfolgsstories der Autobranche der vergangenen Jahre: das Comeback von Jaguar Land Rover. Jaguar und Land Rover gehörten zusammen mit Aston Martin und Volvo zu Fords Premier Automotive Group. Ford hatte sich von der Zusammenführung in den Neunzigern Synergien unter den Premiummarken erhofft. Doch dazu kam es nie. Ganz im Gegenteil wurden die Marken ausgehöhlt und heruntergewirtschaftet. Als etwa ein Aston Martin mit dem Zündschlüssel eines Ford Fiesta und ein Jaguar mit billigsten Plastik-Fensterhebern aus dem Konzernregal verkauft wurden, wendeten sich selbst die treuesten Fans ab.

Heute, zehn Jahre nach dem Ende der Premier Automotive Group, verkaufen sich die SUV von Land Rover wie geschnitten Brot, Jaguar wächst langsam – die beiden Marken arbeiten seitdem unter indischer Ägide zusammen. Auch Aston Martin und die Anfang der 2000er Jahre von BMW wiederbelebte Marke Mini laufen prächtig. Das Luxusgeschäft mit bekannten Marken wie McLaren, Rolls-Royce (BMW) und Bentley (Volkswagen) liefert solide Erträge ab.

Die schlechten Zeiten schienen vorbei, die britische Autoindustrie – in den Augen vieler dem Untergang geweiht – hatte damit ein echtes Revival gefeiert.

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Jaguar E-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar E-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar E-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar E-Pace in voller Fahrt von hinten Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar E-Pace von oben Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar E-Pace Quelle: Jaguar Land Rover
Jaguar E-Pace Detail des Innenraums Quelle: Jaguar Land Rover

Doch nun droht den nostalgischen und gewinnbringenden Festspielen ein jähes Ende. Der Brexit schwebt wie ein Damoklesschwert über den britischen Autobauern, die trotz britischer Produktion extrem auf Im- und Exporte angewiesen ist. Im Vorfeld des Brexit-Gipfels an diesem Donnerstag bringen sich die Autobauer deshalb in Position. Jaguar Land Rover brauche den freien Zugang zur EU, sagt etwa der deutsche Unternehmenschef Ralf Speth. „Wir kaufen heute zirka 40 Prozent der Teile und Komponenten, gerade auch Hightech-Komponenten, in Europa ein“, erläutert er. Etwa 20 Prozent der Produkte gingen dann wieder nach Europa.

Die Zuliefererteile stammen oft auch aus deutscher Produktion. „Über 50 Prozent der deutschen Exporte nach UK sind auf die Automobilindustrie, sonstige Fertigungsindustrie und die Chemiebranche zurückzuführen“ sagt Finja Carolin Kütz, Deutschlandchefin der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Mit ihrer starken Integration in europäische Lieferketten werden sie die Auswirkungen des Brexits besonders heftig zu spüren bekommen, prognostiziert sie.

Deutsche Zulieferer wären betroffen

Größere Zulieferer und multinationale Konzerne wie Bosch, Continental oder ZF Friedrichshafen werden es dabei leichter haben, ihre Wertschöpfungskette umzubauen, um die Auswirkungen des Brexits abzufangen. Die Großen haben mehr Erfahrung im internationalen Handel und oft auch Geschäftsbeziehungen außerhalb der EU. Diese Erfahrungswerte fehlenden kleinen mittelständischen Zulieferern oft. „Über 60 Prozent der exportierenden kleinen und Kleinstunternehmen in Deutschland handeln nur innerhalb der EU und haben keine Prozesse für den außereuropäischen Handel“, sagt Kütz. „Gerade diejenigen, für die UK ein wichtiger Handelspartner ist, müssen ganz neue Kompetenzen aufbauen.“

Damit es gar nicht erst soweit kommt, laufen noch die Verhandlungen um Freihandelszonen und den freien Warenverkehr. Doch einigen geht das nicht schnell genug. „Der Brexit ist im Moment vor allem eine große Unsicherheit“, drückt es JLR-Chef Speth diplomatisch aus. „Wir stehen natürlich mit der Regierung in Kontakt, aber eine Lösung ist derzeit noch nicht abzusehen.“ Ein anderer deutscher Manager eines britischen Autobauers wird da deutlicher: „Morgens hört man aus dem Ministerium ‚alles ist gut‘ und am Nachmittag veröffentlicht die Regierung eine ganz anderslautende Erklärung. Manchmal scheint es, als wissen die Briten selbst nicht, was sie gerade wollen!“

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Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars
Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars
Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars
Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars
Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars
Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars
Rolls-Royce Phantom VIII Quelle: Rolls-Royce Motor Cars

In den modernen Liefer- und Produktionsketten ist ein freier Warenfluss unerlässlich. „Sollten Zollkontrollen kommen, habe ich zunehmend Probleme, die Lieferkette und unsere Just-in-time-Produktion aufrecht zu erhalten. Das verkompliziert das Geschäft unnötigerweise“, sagt Thorsten Müller-Ötvös, Chef von Rolls-Royce Motor Cars. „Deshalb brauchen wir einen Deal, der dem Wohle der britischen Industrie dient.“ Wenn die Luxusmarke mit etwas mehr als 4000 Fahrzeugen pro Jahr vor einer Herausforderung steht, kann man sich ausmalen, was das für Jaguar Land Rover oder Nissan (die Japaner betreiben in Sunderland ein großes Werk) mit ungleich höheren Stückzahlen bedeutet.

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