Jörg Hofmann „Tesla ist hier ziemlich ungeordnet gestartet“

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Corona verschärft den strukturellen Wandel

Können Sie es im Augenblick als Mittel gegen die Krise verkaufen, in die Gewerkschaft einzutreten?
Es ist sinnvoll, solidarische Lösungen zu finden. Das gilt für die Zukunftsthemen, wie: Was sind die Pläne der Betriebe bei Digitalisierung und Klimaschutz und gibt es überhaupt welche? Was bedeutet dies für mich und meinen Arbeitsplatz? Wird investiert, wird qualifiziert? Da sind die Mitarbeiter an unserer Arbeit interessiert, denn der strukturelle Wandel wird durch die Krise verschärft. Und bei der Frage, wie es um den Arbeitsplatz steht, bei Fragen der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, gerade jetzt in der Pandemie, suchen die Menschen Beratung, Hilfe und Unterstützung. Da ist die Gewerkschaft sicherlich ein Ansprechpartner, der attraktiv ist.

Ihr Mitgliedsbeitrag hängt ja an dem Entgelt der Beschäftigten. Wie steht es aufgrund der massenhaften Kurzarbeit um die Finanzen der IG Metall?
Zum Glück haben wir vielfach auf betrieblicher und tariflicher Ebene Aufzahlungen erwirken können. Daher haben wir durch Kurzarbeit nicht so starke Beitragsrückgänge, wie zunächst befürchtet.

von Matthias Hohensee, Andreas Menn, Harald Schumacher, Martin Seiwert, Annina Reimann

Corona hat den Wandel in Ihren Branchen beschleunigt, viele Unternehmen müssen sparen und reduzieren Mitarbeiter. Wie passt es da ins Bild, dass Sie 4 Prozent mehr Lohn fordern?
Wir haben ein Volumen von 4 Prozent gefordert – auch, weil 20 bis 30 Prozent unserer Betriebe relativ wenig von der Coronakrise betroffen sind. Aber vor allem: Schauen Sie sich das Sachverständigengutachten an – die bauen darauf, dass wir auch 2021 auf der Nachfrageseite Stabilität haben. Wir haben 2020 die Tariferhöhung ausgesetzt. 2021 brauchen wir eine Stabilität in den Realentgelten. Mit 4 Prozent kommen wir über zwei Jahre gerade auf zwei Prozent im Jahr, das ist die Zielinflationsrate der EZB. Und deswegen halte ich eine Forderung von 4 Prozent für eine an die Situation angepasste Volumenvorstellung. Und das Volumen soll dort, wo es erforderlich ist, auch für Beschäftigungssicherung genutzt werden können. Insofern passt unsere Forderung absolut in diese für viele Betriebe schwierige Zeit.

Sonst hätten Sie acht Prozent gefordert?
Nein, wir fordern das, was Sinn macht. Es wäre auf jeden Fall irrational, jetzt die Entgelte einzufrieren oder gar abzusenken. Wenn sich die Wirtschaftsweisen nicht täuschen, kann der Impuls für Wachstum nicht allein aus der Exportstärke kommen, sondern wir brauchen auch deutsche Binnennachfrage. Dafür brauchen wir stabile Einkommen. Da schlägt die Volkswirtschaft immer wieder die Betriebswirtschaft und den Konflikt werden wir, solange es Gewerkschaft gibt, nicht auflösen.

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Was ist dann Ihre Hauptaufgabe in der Pandemie?
Wir haben darauf gedrängt, wirkungsvolle Standards für Arbeits- und Gesundheitsschutz umzusetzen. Wir haben es geschafft, die Beschäftigung zu sichern. Trotz der anfänglichen Produktionsstopps und der vielfach großen Schwierigkeiten und Unsicherheit der Situation konnten weithin Entlassungen vermieden werden. Die Beschäftigten haben stattdessen Arbeitszeitkonten abgebaut, Urlaub genommen oder Schichten reduziert. Durch Kurzarbeit konnten Fachkräfte gehalten werden. Da gab es ein sinnvolles Miteinander von Politik, Arbeitgebern und Gewerkschaften. Umso deutlicher werden wir, wenn jetzt die Krise von einzelnen Arbeitgebern missbraucht wird, Arbeitsbedingungen zu verschlechtern oder gar Standorte zu schließen. Da können wir auch garstig werden.

Mehr zum Thema: Die Umbrüche in ihren Kernbranchen setzen die IG Metall unter Druck. Um ihre Macht zu sichern, wirbt Deutschlands größte Gewerkschaft um Akademiker.

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