Die Übernahme des Bosch-ZF-Gemeinschaftsunternehmens ZF Lenksysteme (ZFLS) soll nach den Worten von Bosch-Chef Volkmar Denner bis zum Frühjahr abgeschlossen sein. „Wir hoffen, die Transaktion bis Frühjahr 2015 zu vollziehen“, sagte Denner am Montag. Zuvor müssten die Kartellwächter zustimmen.
Der Industriekonzern Bosch hatte ZFLS bisher zu gleichen Teilen mit dem Getriebehersteller ZF Friedrichshafen betrieben, wird aber nun seine Anteile auf 100 Prozent erhöhen. „Bisher haben wir Gas gegeben und konnten bremsen“, sagte der Chef von Boschs Kfz-Sparte, Wolf-Henning Scheider. „Jetzt können wir auch noch lenken.“
Die weltweit größten Autozulieferer
Faurecia (Frankreich)
Umsatz 2016: 18,711 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 18,770 Milliarden Euro
Veränderung: -0,3 Prozent
Hauptprodukte: Sitze und Innenausstattung
Quelle: Berylls Strategy Advisors, Stand: Juni 2017
Michelin (Frankreich)
Umsatz 2016: 20,907 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 21,199 Milliarden Euro
Veränderung: -1,4 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Bridgestone-Firestone (Japan)
Umsatz 2016: 22,485 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,094 Milliarden Euro
Veränderung: -6,7 Prozent
Hauptprodukte: Reifen
Aisin (Japan)
Umsatz 2016: 27,977 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 24,133 Milliarden Euro
Veränderung: +15,9 Prozent
Hauptprodukte: Getriebe, Bremssysteme, Karosserie- und Motorenteile
Hyundai Mobis (Südkorea)
Umsatz 2016: 30,227 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 28,096 Milliarden Euro
Veränderung: +7,6 Prozent
Hauptprodukte: Cockpit-, Frontend- und Chassismodule
ZF Friedrichshafen (Deutschland)
Umsatz 2016: 32,353 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 27,113 Milliarden Euro
Veränderung: +19,3 Prozent
Hauptprodukte: Fahrwerks- und Antriebssysteme, Elektronik/Software
Magna (Kanada)
Umsatz 2016: 34,587 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 29,408 Milliarden Euro
Veränderung: +17,6 Prozent
Hauptprodukte: Karosserie & Fahrwerksysteme, Exterieur-Ausstattungen
Denso (Japan)
Umsatz 2016: 36,301 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 34,299 Milliarden Euro
Veränderung: +5,8 Prozent
Hauptprodukte: Klimasysteme, Motorsteuerung, Human-Machine-Interface
Continental (Deutschland)
Umsatz 2016: 40,550 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 39,232 Milliarden Euro
Veränderung: +3,4 Prozent
Hauptprodukte: Brems-, Fahrwerk- und Sicherheitssysteme, Reifen
Bosch (Deutschland)
Umsatz 2016: 43.936 Milliarden Euro
Umsatz 2015: 41,657 Milliarden Euro
Veränderung: +5,5 Prozent
Hauptprodukte: Antriebs-, Sicherheits- und Komfortsysteme
Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Branchenkenner schätzen aber, dass Bosch für die verbleibenden Anteile an ZF Lenksysteme einen hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag bezahlt.
„Um den Anforderungen eines immer dynamischeren Umfelds auch künftig gerecht werden zu können, haben sich Bosch und ZF dazu entschlossen, die Eigentümerstruktur von ZFLS zu ändern“, sagt ZF-Chef Stefan Sommer.
An diesem „dynamischeren Umfeld“ hat ZF selbst einen maßgeblichen Anteil: Der Friedrichshafener Konzern übernimmt den US-Konkurrenten TRW, der ebenfalls Lenksysteme für Autos anbietet. Um Bedenken der Kartellbehörden im Vorhinein zu zerstreuen, war bereits über die Zukunft von ZF Lenksysteme spekuliert worden.
ZFLS beschäftigt mehr als 13.000 Mitarbeiter in acht Ländern und hat im vergangenen Jahr rund 4,1 Milliarden Euro umgesetzt. 60 Prozent des Umsatzes entfallen auf moderne Elektro-Lenkungen, mit denen im Vergleich zu herkömmlichen Hydraulik-Lenkungen bis zu 0,8 Liter Sprit eingespart werden können.
„Das Unternehmen ist einer der Technologieführer im Zukunftsfeld Elektrolenkung und gerade diese ist Basistechnologie für automatisiertes Fahren, für effizientere Fahrzeuge und auch für Elektroautos“, sagte Denner bei der Vertragsunterzeichnung.
Zuliefererindustrie – Fakten und Trends
Die deutsche Autozulieferindustrie setzte 2013 insgesamt 70 Milliarden Euro um, weltweit machten die 300 größten Unternehmen der Branche einen Umsatz von 720 Milliarden Euro.
In Deutschland arbeiten gut 300.000 Menschen für die Zuliefererindustrie. Der Anteil an der Bruttowertschöpfung Deutschlands liegt bei rund vier Prozent.
Bis 2020 entfällt nahezu 80 Prozent des Branchenwachstums auf die Emerging Markets. Dort werden neue Kapazitäten aufgebaut und lokale Lieferanten-Strukturen gebraucht. Die Zulieferer müssen ihre Preise und Produkte diesen Märkten anpassen.
In Europa wird die Nachfrage mittelfristig stagnieren. Ein Glück für die Zulieferer bleibt das weltweit überdurchschnittlich wachsende Premiumsegment. Das dürfte dafür sorgen, dass die Produktion in den nächsten Jahren mindestens stabil bleibt.
Da es bei den Lenksystemen keine Überschneidungen mit anderen Gesellschaften im Bosch-Konzern gibt, sollen laut Bosch-Chef Denner keine Arbeitsplätze wegfallen. Vielmehr ist Konstanz angesagt: Ein Änderung der Strategie des Lenksysteme-Herstellers, der zurzeit auf Elektromotoren umstellt, werde es nicht geben, betonte Bosch-Automotive-Chef Wolf-Henning Scheider. Nur der Name wird sich ändern: Das „ZF“ wird bei einer 100-prozentigen Bosch-Tochter wohl ersetzt werden.