Das Kältemittel R1234yf des US-Unternehmens Honeywell stand zuletzt heftig in der Kritik. Bei einem Test des Autobauers Daimler fing das Kältemittel der Klimaanlage Feuer. Brennt das umstrittene Kältemittel, entsteht ätzende Flusssäure. In der Folge wandten sich viele Autobauer von dem Kältemittel ab, das als deutlich klimaschonender gilt als das ältere R134a. Dem R1234yf-Hersteller droht, ein milliardenschweres Geschäft zu entgehen – schließlich sind Honeywell und der Entwiclungspartner Dupont die einzigen Produzenten.
Jetzt geht Honeywell offenbar in die Preisoffensive. „Spiegel Online“ zitiert aus einem Brief des Chemiekonzerns an den europäischen Automobilverband ACEA, wonach Honeywell den Autobauern eine Preissenkung von 30 Prozent für das umstrittene Kältemittel verspricht. Aus dem Brief gehe aber nicht hervor, welchen Preis genau Honeywell für das Kältemittel verlange und zu welchem Zeitpunkt es 30 Prozent billiger werden solle.
Am 1. Januar 2017 läuft die Übergangszeit ab, in der die EU die Verwendung des alten ungefährlichen, aber klimaschädlichen Kältemittels R134a noch erlaubt. R1234yf erfüllt als einziges Kältemittel die dann geltenden Vorgaben. Bis dahin müssen die Hersteller eine Alternative für ihre Klimaanlagen entwickeln, Favorit ist derzeit ein Kältemittel auf CO2-Basis. Doch noch sind diese Produkte nicht serienreif.
Wissenswertes zu Auto-Kältemitteln
Wie der Hersteller Honeywell erklärt, beschreibt der Name R1234yf die chemischen Elemente der Substanz - eine organische Fluorverbindung. Die Buchstaben y und f kennzeichnen vereinfacht gesagt die Position der Fluoratome im Molekül. Das R steht für den englischen Begriff für Kältemittel (Refrigerant).
Um die Erdatmosphäre zu schonen. Bisher wurde in Fahrzeugklimaanlagen als Kältemittel das fluorierte Treibhausgas Tetrafluorethan (R134a) eingesetzt. Die Richtlinie 2006/40/EG über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen verbietet den Einsatz dieses Stoffes in neuen Typen von Pkw und Pkw-ähnlichen Nutzfahrzeugen.
Als mögliche alternative Kältemittel wurden Kohlendioxid (CO2) und ein fluorierter Stoff, 2,3,3,3‑Tetrafluorpropen (1234yf), von der Automobilindustrie betrachtet. Aus Klimaschutzgründen favorisiert das Umweltbundesamt CO2 als Kältemittel für Automobilklimaanlagen.
Die EU-Kommission gibt vor: Ab 01/2011 sollen alle neu homologierten Pkw-Modelle mit einem Kältemittel ausgestattet werden, welches einen GWP von 150 oder geringer vorweist.
Ab 2017 müssen alle neuzugelassenen Pkw mit einem Kältemittel ausgestattet werden, welches einen GWP von 150 oder geringer vorweist.
GWP steht für global warming potential. Ein GWP-Wert von 1430 (wie beim Kältemittel R134a) bedeutet etwa, das ein Gas sich erst nach 30 Jahren in der Atmosphäre abgebaut hat. Ein GWP von 4 (wie bei 1234yf) heißt, es dauert 10 Tage.
Der Stoff 1234yf ist als Kältemittel ein relativ neuer Stoff, mit spezifischen Eigenschaften: 1234yf ist brennbar bzw. leicht entzündlich und bildet beim Verbrennen Fluorwasserstoff. Im Fall eines Fahrzeugbrands, der in Deutschland etwa 30.000 bis 40.000 mal pro Jahr vorkommt, entsteht aus ihm auch Flusssäure, die bei Menschen schwere Verätzungen hervorrufen kann.
1234yf hat ein Treibhauspotential, das viermal so hoch ist wie das Treibhauspotential von CO2. Viel gravierender aber ist die technische Möglichkeit, in Fahrzeugklimaanlagen mit 1234yf das noch klimaschädlichere R134a nachzufüllen, warnt das Bundesumweltamt.
Kohlendioxid ist deutlich weniger klimaschädlich als 1234yf, den zuvor benutzten Stoff R134a unterbietet es sogar um mehr als das Tausendfache. Außerdem ist es weder brennbar noch giftig, wenn auch nicht komplett ungefährlich. Und im Gegensatz zu 1234yf, das einzig von den Chemiekonzernen Honeywell und Dupont vertrieben werden darf, ist es preiswert und als industrielles Nebenprodukt leicht verfügbar.
Bei stationären Klimaanlagen wird CO2 bereits seit längerer Zeit eingesetzt. Im Auto jedoch sind entsprechende Klimaanlagen noch nicht serienreif. Hersteller und Zulieferer arbeiten seit Jahren daran, haben die Entwicklung nach der Branchenentscheidung für 1234yf jedoch nicht mehr forciert.
Größtes Problem der CO2-Technik ist, dass sie mit höheren Drücken arbeitet als die bisher gängigen Systeme und deshalb besonders robuste Klimaanlagen benötigt. Das könnte die Hersteller aber pro Fahrzeug rund 270 Euro kosten.
Daimler hat nach den Crahstests das Kältemittel von Dupont und Honeywell aus seinen Autos verbannt und setzt dank eines Tricks bei der Zulassung (neue Modelle werden nicht als neu angemeldet, sondern lediglich als Weiterentwicklung eines bestehenden Modells) derzeit R134a ein.
Im Gegensatz zu Daimler erwägt Volkswagen doch den Einsatz von R1234yf. VW erklärte zwar Mitte Juni, man stehe zu der Ankündigung, seine Fahrzeugflotte sukzessive mit dem umweltfreundlicheren Kältemittel CO2 auszurüsten. Doch mit dem Verweis auf den 1. Januar 2017 ließen die Wolfsburger erkennen, dass sie im Übergang dennoch das umstrittene Kältemittel einsetzen wollen. Aus diesem Grund soll laut Brancheninsidern VW seine Bestellungen für CO2-Klimaanlagen wieder zurückgefahren haben. Gegenüber „Spiegel Online“ wollte der Konzern die Spekulationen nicht kommentieren.