Jüngst haben die neuesten Generationen des Renault Twingo und Smart Fortwo ihre Premiere gefeiert. Das Medienecho und die ersten Fahrberichte waren durchweg positiv: Die Partnerschaft von Daimler und Renault hat offenbar gute Kleinstwagen hervorgebracht. Doch genau diese Kooperation stellt Renault kurz nach dem erfolgreichen Marktstart laut einem Medienbericht nun offen infrage.
Die Fachzeitung "Automobilwoche" zitiert einen Renault-Manager mit den Worten: "Ob der Nachfolger für den neuen Twingo wieder gemeinsam mit Daimler entwickelt wird, steht noch nicht fest." Stattdessen könnten die Franzosen auch ihre Synergien mit dem Allianz-Partner Nissan ausbauen und weitere gemeinsame Plattformen und Komponenten entwickeln.
Bislang wird der zweisitzige Smart Fortwo im Smart-Werk im französischen Hambach gefertigt, während der viersitzige Forfour zusammen mit dem Twingo im Renault-Werk im slowenischen Novo Mesto vom Band läuft.
"Wir sind dabei, die Plattformstrategie zwischen Renault und Nissan immer weiter auszubauen", sagt Renaults Europa-Chef Stefan Müller der Zeitung. "Das ermöglicht zum Beispiel auch die Produktion des neuen Espace." Renault hatte die fünfte Generation des Espace Anfang Oktober auf dem Pariser Autosalon vorgestellt. Er basiert auf der gemeinsam mit Nissan entwickelten CMF-Plattform.
Ohne diese Kooperation hätte sich die Entwicklung des Espace für Renault kaum gerechnet.
Auch der Nachfolger des Mittelklasse-Modells Renault Laguna könnte die CMF-Plattform nutzen. Er soll im Herbst 2015 vorgestellt werden, wird dem Vernehmen nach aber nicht mehr Laguna heißen.
Auch Nissan äußerte sich gegenüber der "Automobilwoche" positiv über eine mögliche Vertiefung der Allianz mit Renault. "Natürlich wären die Synergien noch höher, wenn wir auch im A-Segment mit Renault zusammenarbeiten würden", sagt der Europa-Chef von Nissan, Paul Willcox.
In das A-Segment fallen Kleinstwagen wie der angesprochene Renault Twingo, der etwa nicht mehr zusammen mit dem Smart, sondern dem Nissan Micra entwickelt werden könnte. "Diese Frage wird eine Rolle spielen bei der Beurteilung künftiger Generationen des Micra."
Renault-Nissan und Daimler weiten Partnerschaft an anderer Stelle aus
Dennoch sollte die Diskussion über die Zukunft der Kleinstwagen-Kooperation nicht zu hoch gehängt werden. Denn an anderer Stelle haben die Autobauer ihre Zusammenarbeit jüngst ausgebaut. In Mexiko entsteht ein gemeinsames Werk für Premium-Kompaktwagen, in Asien liefert Nissan den Transporter NV350 Urvan fertig montiert an die Daimler-Tochter Mitsubishi Fuso Trucks, die diesen als "Canter Van" im Nahen Osten verkaufen wird.
"Der globale Umfang unserer Projekte wird weiter wachsen und wir gehen von einer langfristigen Partnerschaft aus", sagte Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn Anfang Oktober. "Diese Partnerschaft hat die Zeit bis zur Marktreife wichtiger neuer Modelle verkürzt und hat sich als offensichtlicher strategischer Vorteil für Renault und Nissan erwiesen."
Die neuen Smarts und Twingo im Vergleich
Maße: fortwo: 2,69 x 1,66 x 155 forfour: 3,49 x 1,66 x 1,55
Motorisierung: Dreizylinder-Motoren mit 45 kW/60 PS, 52 kW/71 PS und 66 kW/90 PS; Die 60-PS-Version wird zum Marktstart allerdings noch nicht verfügbar sein, sie folgt 2015.
Getriebe: Halbautomatik ade! 5-Gang-Schaltung manuell oder 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe "twinamic"
Kofferraumvolumen: forfour: 730 bis 975 Liter
Ausstattungsvarianten: Drei Stück: passion, prime und proxy; zu ihren Ausstattungsmerkmalen zählen u.a. Multifunktionslenkrad in Leder, Kombiinstrument mit 3,5" Farb-Display sowie Sitzheizung.
Markteinführung: 22.November 2014; ab 2. Oktober auf dem Pariser Autosalon zu sehen
Preis: fortwo ab 10.895 Euro forfour ab 11.495
Gesamtlänge: 3,59 Metern (zehn Zentimeter kürzer als der Vorgänger)
Kniefreiheit hinten: 13,6 Zentimeter (Klassenbestwert)
Kofferraumvolumen: 165 bis 285 Liter
Motorisierung: Benzinmotor 1.2 LEV (Low Emission Vehicle) 16V 75
Preis: 9990 Euro (Grundausstattung)
Ausstattungsvarianten: Expression, Dynamique, Paris
So profitiert vor allem die Nissan-Edelmarke Infiniti von Technik aus dem Daimler-Konzern - die Stuttgarter beziehen ihrerseits für die Kompaktmodelle Motoren von Renault.
Seit dem Start der deutsch-französisch-japanischen Partnerschaft im Jahr 2010 ist die Zahl von drei auf zehn Projekte gewachsen. "Während sich unsere ursprüngliche Zusammenarbeit stark auf europäische Projekte fokussierte, nehmen wir nun Synergien in allen Schlüsselmärkten in den Blick", sagte Ghosn im September 2013.
So fährt die Konkurrenz
Im Kleinwagensegment ungeschlagen:
Absatz (Deutschland): 68.343
Länge: 3,9 Meter
Verbrauch gesamt: 5,0 Liter Super/100 km
Grundpreis: 16.275 Euro
Die Premiumflitzer der Bayern sind den Stuttgartern beim Absatz und der Produktvielfalt weit voraus.
Absatz (Deutschland): 34.263; weltweit: 305.000 (alle Zahlen 2013)
Länge: 3,70 Meter
Verbrauch gesamt: 5,3 Liter Super/100 km
Grundpreis: 17.450 Euro
Auch die Ingolstädter fahren Smart mit ihrem A1 davon - sind allerdings auch preislich deutlich darüber angesiedelt und das Modell mehr als einen Meter länger.
Absatz (Deutschland): 27.267; weltweit: 123.000
Länge: 3,91 Meter
Verbrauch gesamt: 5,0 Liter Super/100 km
Grundpreis: 16.750 Euro
Er ist und bleibt der kürzeste Flitzer auf Deutschlands Straßen, beim Absatz kann es Smart aber nicht mit BMW und Audi aufnehmen.
Absatz (Deutschland): 26.009; weltweit: 98.000
Länge: 2,69 Meter
Verbrauch gesamt: 4,7 Liter Super/100 km
Grundpreis: 9490 Euro
Twingo und Smart teilen sich eine Plattform, 70 Prozent der nicht-sichtbaren Komponenten sind identisch, 95 Prozent der sichtbaren Teile jedoch unterschiedlich. So kommt der Twingo auch auf rund einen Meter mehr Länge und einen deutlich günstigeren Preis.
Länge: 3,59 Meter
Verbrauch gesamt: 5,6 Liter Super/100 km
Grundpreis: 9590 Euro
Absatz (Deutschland): 19.187
Die Japaner teilen sich die Plattform mit dem Citroen C1 und dem Peugeot 107, um Kosten zu sparen. Beim Absatz fahren Japaner und Franzosen den Premiumherstellern noch deutlich hinterher.
Absatz (Deutschland): 9025
Länge: 3,41 Meter
Verbrauch gesamt: 4,6 Liter Super/100 km
Grundpreis: 8950 Euro
Länge: 3,44 Meter
Verbrauch gesamt: 4,6 Liter Super/100 km
Grundpreis: 8990 Euro
Absatz (Deutschland): 4903
Ein gefährlicher Verfolger. Opel hat mit dem Adam den Sprungs ins quirlige Lifestyle-Segment geschafft und versucht ähnlich wie Mini mit einer Vielzahl von Derivaten und Ausstattungspaketen an Marge herauszupressen, was nur geht.
Absatz (Deutschland): 21.122
Länge: 3,7 Meter
Verbrauch gesamt: 5,0 bis 5,3 Liter Super/100 km
Grundpreis: 11.750 Euro
Volumenhersteller wie Ford haben bei der heißen Schlacht auf dem Kleinwagenmarkt das Nachsehen. Die Premiumanbieter graben dem US-Hersteller Marktanteile ab.
Absatz (Deutschland): 8407
Länge: 3,62 Meter
Verbrauch gesamt: 5,9 Liter Super/100 km
Grundpreis: 7990 Euro
Unter diese ursprüngliche Zusammenarbeit in Europa fallen unter anderem der Transporter Mercedes Citan, der auf dem Renault Kangoo basiert, oder die Zulieferung von Renault-Motoren für ausgewählte Modelle der neuen Mercedes A-Klasse. Die kommende Generation von kleinen Turbobenzinern mit drei oder vier Zylindern entwickeln die Partner derzeit gemeinsam.
In den USA fertigen beide Unternehmen zusammen Vierzylinder-Motoren, die unter anderem in der Mercedes C-Klasse und Autos der Nissan-Edelmarke Infiniti angeboten werden. Die Synergien zwischen Infiniti und Mercedes sind besonders hoch: Im Infiniti Q50 kommt ein Diesel-Antriebsstrang aus der C-Klasse zum Einsatz, das künftige Infiniti-Kompaktmodell Q30 wird auf der A-Klasse basieren.
Für Daimler zahlt sich der Erfolg der neuen A-Klasse und deren Ableger CLA und GLA aus. "Die Käufer in Deutschland sind im Durchschnitt zehn Jahre jünger als früher", bestätigte Daimler-Chef Dieter Zetsche im September der WirtschaftsWoche.
Im Schnitt sind Mercedes-Käufer 56 Jahre alt. Keine andere Automarke in Deutschland hat ältere Kunden. Deshalb drängt Zetsche seine Vermarkter, gezielt jüngere Menschen für die Marke zu begeistern. Attraktive Kompaktwagen mit guten und sparsamen Motoren haben daran einen großen Anteil.