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Umweltschutz ist Theorie, Leistung ist Realität

Lutz Knappmann
Lutz Knappmann Chefredakteur WirtschaftsWoche Online

Solange Autohersteller mit realitätsfernen Daten über Verbrauch und Schadstoffausstoß hantieren, werden ihre Kunden Umweltargumente ignorieren.

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Nichts hat sich geändert. Verlässliche Aussagen, wie viel Energie ein Fahrzeug wirklich verbraucht, liefert Autofahrern im Zweifel nur der eigene Gasfuß. Ob Verbrennungsmotor, Hybrid- oder Elektroantrieb: Öffentlich kommunizierte Daten über Spritverbrauch und Schadstoffausstoß haben meist wenig mit der Realität gemein.

Gerade erst erregten der Ökonom Hans-Werner Sinn und seine Co-Autoren Aufsehen mit einer Studie, die Elektroautos attestiert, in der Regel mehr CO2-Ausstoß zu verursachen als herkömmliche Diesel. Eine steile These, die „in krasser Weise so gut wie allen seriösen, internationalen Studien der vergangenen Monate“ widerspricht, wie WirtschaftsWoche-Redakteur Stefan Hajek in einer ausführlichen Analyse belegt.

Moderne Hybridmodelle wiederum, die ihre Hersteller offensiv vermarkten, um den Flottenverbrauch auf künftig geltende Grenzwerte zu senken, versprechen häufig erheblich niedrigere Verbrauchswerte, als sie in der Realität erzielen. Sie werden vom Staat aber ähnlich gefördert wie E-Autos.

Bei den Kunden bleibt vor allem der Eindruck: Den Verbrauchs- und Emissionsdaten, die in der Debatte um die Zukunft der Mobilität kursieren, können sie nicht vertrauen.

Viele Autokäufer reagieren darauf bestenfalls pragmatisch. Sie entscheiden anhand der Kriterien, die sie wirklich beurteilen können: Komfort und Leistung.

Kein Wunder, dass das Internet voll ist von Videos, die zeigen, wie feixende Tesla-Fahrer ihre Nachbarn mit der rennwagengleichen Beschleunigungsfähigkeit ihres Elektroautos schockieren. Umwelt? Vernunft? Das Verkaufsargument lautet hier wie eh und je: Emotionalität.

Auch den Hybridmodellen großer europäischer Autohersteller ist eines gemein: Sie haben richtig viel Leistung, nicht selten mehr als 300, manchmal auch 400 PS. Leistungswerte die beim Kauf einer benzin- oder dieselbetriebenen Familienkutsche nur schwer zu rechtfertigen wären, sind bei Hybridversionen Standard. Dass viele Fahrer das Spritsparpotenzial ihrer Plug-in-Hybride gar nicht ausnutzen, weil sie den elektrischen Antrieb viel zu selten einsetzen, macht die Bilanz noch schlechter. In die offizielle Statistik findet dieses Phänomen bislang freilich kaum Eingang.

Ohne ehrliche Bilanz wird es aber keine nachhaltige Verkehrswende geben. An der Bereitschaft der Kunden, neue Antriebe zu kaufen, wird es nicht scheitern – vorausgesetzt, sie spüren auch in der Realität einen messbaren Vorteil.

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