
Namensfindung ist ein Feld voller Sprengstoff, man kann mehr falsch als richtig machen. Wir erinnern uns. Die Auswahl eines klangvollen Namens für das eigene Neugeborene ist schon eine Herausforderung. Schließlich soll der Name einzigartig sein, unseren Nachwuchs aus der Menge der Kevins herausheben, dem Charakter unseres Zöglings entsprechen und der Kernzielgruppe Mutter und Vater aus dem Herzen sprechen.
Junge Eltern wühlen sich monatelang durch meterweise Bücher mit Namensvorschlägen aus aller Welt inklusive der dazugehörigen Namensdeutungen, lesen im Kino den Filmabspann Name für Name mit und landen am Ende dann bei Max oder Felix. Schließlich heißt Felix, der Glückliche und wer kann dazu schon „nein“ sagen?
Für einen Automobilhersteller ist die Namenswahl noch ungleich schwieriger. Der Name muss nicht nur das Wohlgefallen und den Segen des Vorstands finden, sondern auch den Weg in die Herzen und den Kopf von Millionen Menschen. Und dass diese in allen Herren Länder zuhause sind und unterschiedliche Sprachen sprechen, macht die Namensfindung nicht leichter.
Marken dominieren unser Leben
Deshalb ist die Namensentwicklung in Autokonzernen eine Sache von externen Spezialisten. Sie rufen sechsstellige Beträge auf, betreiben monatelange Recherche inklusive rechtlicher Prüfungen und aufwendiger Marktforschung. Der Kunde entscheidet, er soll das Auto ja auch schließlich kaufen. Aus mehreren zehntausend Ideen schafft es einer bis auf die Heckklappe.
Die wichtigen Kriterien für einen gelungenen Namen sind: Wahrnehmung, Merkfähigkeit, Profilierung, Differenzierung.
So stand es 2014 um Opel
Im Detail wird über neue Modelle, Motoren und Märkte, die Fertigung markenfremder Modelle wie Chevrolets in Opel-Werken sowie über Einsparungen gesprochen. Doch generell geht es um die Frage, wie der kriselnde Hersteller mehr Autos verkaufen, Beschäftigung sichern und wieder Geld verdienen kann Das Management will Produktionskosten senken, aber auch am Personal sparen. Im September 2014 wurden betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2016 (und damit zwei Jahre länger als bisher festgelegt) ausgeschlossen werden. Betriebsrat und Gewerkschaft fordern Zusagen zu Standorten und Beschäftigung über 2016 hinaus. (Quelle: dpa)
Das Management hatte angeboten, das Werk Bochum nicht, wie ursprünglich angestrebt, Anfang 2015, sondern erst mit dem Auslaufen der Zafira-Produktion zwei Jahre später zu schließen. Damit gewinnt der Standort Zeit. Die Hoffnung auf eine bessere Marktentwicklung bleibt erhalten. Schäfer-Klug zeigte sich am Dienstag im Gespräch mit der dpa zuversichtlich: „Ich sehe nicht, dass Opel plant, sich komplett aus Bochum zurückziehen. Aber wie die konkrete Zukunft der Standorte in Deutschland und insbesondere in Bochum aussieht, werden wir gemeinsam in den Verhandlungen klären.“
Bei den Verhandlungen geht es auch um freiwillige Abfindungsprogramme und Vorruhestandsregelungen. So soll nach und nach sozialverträglich Beschäftigung abgebaut werden. Aktuell hat Opel nach Betriebsratsangaben noch etwa 38.000 Beschäftigte - nach der jüngsten Sanierung Ende 2010 waren es noch 40.000.
Zunächst verzichten die Mitarbeiter erneut auf Lohn. Von November an wird die jüngste Metall-Tariferhöhung von 4,3 Prozent erneut gestundet. Falls es eine Einigung über die Zukunft der deutschen Opel-Werke gebe, könnten die erneut gestundeten Millionen auch „in einer Gesamtkonzeption aufgehen“, sagt der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel. Wie das aussehen könnte, ist unklar. Kommt keine Einigung zustande, zahlt Opel das gestundete Geld nachträglich aus.
Offiziell scheuen alle Beteiligten davor zurück, einen Termin zu nennen. Schließlich waren die ehrgeizigen Erwartungen der Arbeitnehmervertreter zuletzt enttäuscht worden. Dem Vernehmen nach soll aber in einigen Wochen ein Ergebnis stehen.
Glaubt man dem Unternehmen, wird die Zusammenarbeit mit Peugeot-Citroën keine Jobs bei Opel kosten. Selbst wenn die Partner eines Tages Autos nicht nur gemeinsam entwickeln sondern auch bauen sollten, dürfe das nicht auf Kosten des anderen gehen, betont GM-Vize und GM-Europachef Steve Girsky: Keine Seite werde ihre Probleme zulasten der anderen lösen. Bei Opel könnten zudem schon 2016 Chevrolets vom Band laufen, um die Überkapazitäten zu senken.
Zwar wollen GM und PSA zunächst vier Fahrzeugplattformen gemeinsam entwickeln. Weder Betriebsrat noch Unternehmen sehen aber Jobs im Rüsselsheimer Entwicklungszentrum gefährdet. Vielmehr könnten die freigesetzten Kapazitäten genutzt werden, um wie versprochen die Entwicklung neuer Modelle voranzubringen.
Opel schreibt seit Jahren Verluste. Jetzt leidet der Hersteller zudem unter der aktuellen Absatzkrise in Europa. Im zweiten Quartal schrieb GM in seinem Europageschäft einen Verlust von 361 Millionen Dollar (294 Mio Euro). Das Ergebnis des dritten Quartals legt GM an diesem Mittwoch (31. Oktober) vor.
Allein in Deutschland gibt es mehr eingetragene Marken, als unser aktiver Sprachschatz Worte hat. Einen neuen Produktnamen in die Köpfe der Menschen zu bringen ist eine millionenschwere, kommunikative Herkulesaufgabe. Je abstrakter die Kürzel und je fremder der Begriff, desto höher der Aufwand. Darum gilt: Wer sich erst einmal einen Namen gemacht hat, hat einen echten Wettbewerbsvorteil und hält bis zum letzten Atemzug daran fest. Der Golf I bis VII – da weiß man, was man hat.
Doch die Aufgaben an einen Namen sind noch größer. Er soll dem Fahrzeug seinen Charakter verleihen und im Unterbewusstsein assoziative Bilder hervorkitzeln. An ihm kann man gesellschaftliche Studien treiben. Nach dem Wirtschaftswunder arbeitete man sich vom Kadett über den Kapitän zum Commodore nach oben.
Es kommt auf den Unterschied an
Ford brachte für die Spaßgesellschaft den Fiesta auf den Markt. Heute haben wir starke Namen im Markt. Der Boxster, der mit kompakt-muskulösem Körper kraftvoll auf den Punchingball eindrischt. Der Touareg, der sich erhaben im Wind der Freiheit durch die sandigen Dünen der Wüste bewegt. Der Smart, der klein und clever im täglichen Verkehrschaos immer eine Lösung und einen Parkplatz findet. Dagegen muss man sich erst einmal behaupten.
Doch als Königsklasse der Namensfindung gilt die Differenzierung. Einen Namen zu entwickeln, der eindeutig einer Automarke zugeordnet wird. Lamborghini nimmt Bezug auf den Stier im Markenzeichen und nennt seine Modelle nach Kampfstieren, die in der Arena für Furore gesorgt haben: Aventador, Gallardo oder Murcielago. Audi setzt ganz auf Technik und Logik und die Verknüpfung von Buchstabe und Zahl von A1 bis A8 ist alles zu haben. So lassen sich Millionen sparen.
Aber ist Karl jetzt ein guter Name für ein Auto?
Die Liebe der Jugend zum Auto hat spürbar nachgelassen. Carsharing ist cool. Höchste Zeit für die Hersteller dem „Funktionsmittel“ wieder mehr Persönlichkeit und Charakter zu verleihen. Der ultimative Liebesbeweis bleibt der eigene Kosename für das Auto, der stolz auf als Aufkleber auf der Heckklappe strahlt. Doch dieser scheint seit den Achtzigern ausgestorben.
Der erste Schritt war erfolgreich
Die Diskussion in den Medien und diesem Artikel zeigen, der Name „Karl“ schafft es für Wahrnehmung zu sorgen. Der erste Schritt ist getan und Karl ist schon mal sein Geld wert.
Beim Thema Profilierung tut sich Karl schon schwerer. Es gibt zwar einen inhaltlichen Bezug zum Sohn des Gründers Adam Opel, doch sehnsuchtsvolle Bilder liefert der Vorname nicht. Das Assoziationsfeld ist zu breit und offen: von Karl dem Großen über Karl Marx bis Karl Lagerfeld ist alles vorstellbar. Das ist aus Markensicht eine Schwäche.
Beim Thema Differenzierung ist Karl nun nach „Adam“ zwar die Nummer zwei in der Reihe für Opel, aber das dieses zum Konzept erhoben wird, erscheint unwahrscheinlich. Was kommt danach? Onkel Alfons, die Limousine. Lassen wir uns überraschen.
So gesehen ist Karl ein Quick-Win und keine schlechte Lösung. Mehr aber auch nicht.
Der renommierte Marken- und Kommunikationsexperte Frank Dopheide ist Mitglied der Geschäftsführung der Verlagsgruppe Handelsblatt.