
Mit der Ablehnung des Sanierungsplans des angeschlagenen Autobauers Opel und dem Hoffen auf neue Verhandlungen hat sich die Belegschaft in Bochum auf eine riskante Mission begeben. Denn die Adam Opel AG hält bislang an ihrem harten Kurs fest: Es werde keine weiteren Verhandlungen über die Zukunft des Werks geben, und die Autofertigung läuft Ende 2014 aus, heißt es am Freitag knallhart aus Rüsselsheim.
Doch damit will sich der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel nicht abfinden. Er hatte den Sanierungsplan vehement bekämpft, weil ihm klare Zusagen des Unternehmens fehlten. Er setzt nun auf weitere Verhandlungen mit dem neuen Opel-Chef Karl-Thomas Neumann. „Es muss weitere Gespräche geben. Dieser Vertrag ist nicht akzeptabel“, sagte Einenkel am Freitag. Es gebe eine Gemeinsamkeit zwischen ihm und Neumann: Sie beide seien nicht an den Verhandlungen über den Sanierungs-Tarifvertrag beteiligt gewesen. Neumann habe man eine Baustelle überlassen. „Ich setze auf die Klugheit von den verantwortlichen Opel- und General Motors-Managern, jetzt mit uns zu reden.“
So stand es 2014 um Opel
Im Detail wird über neue Modelle, Motoren und Märkte, die Fertigung markenfremder Modelle wie Chevrolets in Opel-Werken sowie über Einsparungen gesprochen. Doch generell geht es um die Frage, wie der kriselnde Hersteller mehr Autos verkaufen, Beschäftigung sichern und wieder Geld verdienen kann Das Management will Produktionskosten senken, aber auch am Personal sparen. Im September 2014 wurden betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2016 (und damit zwei Jahre länger als bisher festgelegt) ausgeschlossen werden. Betriebsrat und Gewerkschaft fordern Zusagen zu Standorten und Beschäftigung über 2016 hinaus. (Quelle: dpa)
Das Management hatte angeboten, das Werk Bochum nicht, wie ursprünglich angestrebt, Anfang 2015, sondern erst mit dem Auslaufen der Zafira-Produktion zwei Jahre später zu schließen. Damit gewinnt der Standort Zeit. Die Hoffnung auf eine bessere Marktentwicklung bleibt erhalten. Schäfer-Klug zeigte sich am Dienstag im Gespräch mit der dpa zuversichtlich: „Ich sehe nicht, dass Opel plant, sich komplett aus Bochum zurückziehen. Aber wie die konkrete Zukunft der Standorte in Deutschland und insbesondere in Bochum aussieht, werden wir gemeinsam in den Verhandlungen klären.“
Bei den Verhandlungen geht es auch um freiwillige Abfindungsprogramme und Vorruhestandsregelungen. So soll nach und nach sozialverträglich Beschäftigung abgebaut werden. Aktuell hat Opel nach Betriebsratsangaben noch etwa 38.000 Beschäftigte - nach der jüngsten Sanierung Ende 2010 waren es noch 40.000.
Zunächst verzichten die Mitarbeiter erneut auf Lohn. Von November an wird die jüngste Metall-Tariferhöhung von 4,3 Prozent erneut gestundet. Falls es eine Einigung über die Zukunft der deutschen Opel-Werke gebe, könnten die erneut gestundeten Millionen auch „in einer Gesamtkonzeption aufgehen“, sagt der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel. Wie das aussehen könnte, ist unklar. Kommt keine Einigung zustande, zahlt Opel das gestundete Geld nachträglich aus.
Offiziell scheuen alle Beteiligten davor zurück, einen Termin zu nennen. Schließlich waren die ehrgeizigen Erwartungen der Arbeitnehmervertreter zuletzt enttäuscht worden. Dem Vernehmen nach soll aber in einigen Wochen ein Ergebnis stehen.
Glaubt man dem Unternehmen, wird die Zusammenarbeit mit Peugeot-Citroën keine Jobs bei Opel kosten. Selbst wenn die Partner eines Tages Autos nicht nur gemeinsam entwickeln sondern auch bauen sollten, dürfe das nicht auf Kosten des anderen gehen, betont GM-Vize und GM-Europachef Steve Girsky: Keine Seite werde ihre Probleme zulasten der anderen lösen. Bei Opel könnten zudem schon 2016 Chevrolets vom Band laufen, um die Überkapazitäten zu senken.
Zwar wollen GM und PSA zunächst vier Fahrzeugplattformen gemeinsam entwickeln. Weder Betriebsrat noch Unternehmen sehen aber Jobs im Rüsselsheimer Entwicklungszentrum gefährdet. Vielmehr könnten die freigesetzten Kapazitäten genutzt werden, um wie versprochen die Entwicklung neuer Modelle voranzubringen.
Opel schreibt seit Jahren Verluste. Jetzt leidet der Hersteller zudem unter der aktuellen Absatzkrise in Europa. Im zweiten Quartal schrieb GM in seinem Europageschäft einen Verlust von 361 Millionen Dollar (294 Mio Euro). Das Ergebnis des dritten Quartals legt GM an diesem Mittwoch (31. Oktober) vor.
Es sei auch nicht so, dass es nun erst mal keine Gespräche mehr gebe. Bereits für den Nachmittag sei ein Gespräch mit der Werksleitung vereinbart, bei dem es um die Zukunft des Werks gehen solle. Auch die IG Metall kündigte an, sich in den kommenden Wochen mit dem Betriebsrat und der Adam Opel AG über weitere Schritte abstimmen zu wollen. Laut NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) bemüht sich die Gewerkschaft, das Unternehmen zu weiteren Gesprächen zu bewegen.
Die Beschäftigten in Bochum hatten am Donnerstag den Sanierungsplan mit klarer Mehrheit von 76,1 Prozent abgelehnt. „Wir bedauern sehr, dass die Beschäftigten in Bochum ein attraktives Angebot nicht angenommen haben“, erklärte der Bochumer Werksleiter Manfred Gellrich am Abend in einer Mitteilung. Eine große Chance sei vertan. Die IG-Metall-Mitglieder an den drei Opel-Standorten Rüsselsheim, Kaiserslautern und Dudenhofen hatten den Sanierungsplan bereits mit großer Mehrheit angenommen. Das Nein in Bochum hat darauf keine Auswirkungen.
Opel stellte in der Reaktion auf die Ablehnung klar: „Die Zafira Tourer Produktion und der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen werden Ende 2014 auslaufen.“ Die Getriebefertigung mit mehreren hundert Mitarbeitern im Ruhrgebiet soll nun schon Ende 2013 auslaufen. Und die nach den monatelangen Verhandlungen vorgesehene Ansiedlung eines Komponentenwerks in Bochum ist vom Tisch. Der Kündigungsschutz gilt für den Standort nur noch bis Ende 2014.