Koreanischer Autobauer Ssangyong ist nicht tot zu kriegen

Der kleinste unter den koreanischen Autoherstellern stand schon mehrfach kurz vor der Pleite. Nun versucht der Geländewagenspezialist unter indischer Regie einen Neuanfang – auch in Deutschland. Ob es diesmal klappt?

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Alles andere als schön: Ssanyongs Allrad-Pick-up Actyon Sports des Modelljahrs 2008. Quelle: Presse

Manfred Gräve hat durchgehalten. Insolvenzen und Lieferstopps des Autoherstellers irritierten ihn ebenso wenig wie der ständige Wechsel seiner Ansprechpartner in der Deutschland-Zentrale von Ssangyong. Der Betreiber einer Kfz-Werkstatt im oberbergischen Reichshof hatte 1997 einen Vertrag mit dem Importeur geschlossen, um sich mit dem Verkauf von Geländewagen einen Zusatzverdienst zu verschaffen. Die Autos, die ihm aus dem fernen Südkorea geliefert wurden, sahen „etwas gewöhnungsbedürftig aus“, erwiesen sich aber als robust und zuverlässig. Vor allem waren sie billig. Kurzum, so Gräve: „Wer erst einmal einen gekauft hatte, blieb der Marke meist treu.“

Wo die Autoindustrie wächst
Deutschland - 5,72 Millionen produzierte Fahrzeuge (Stand: 2011)Als die Produktion im Jahr 2009 um satte 11,9 Prozent absackte, hätte wohl niemand geahnt, dass Deutschland der große Gewinner der Autokrise werden könnte. Doch mittlerweile liegt die Produktion längst wieder über dem Vorkrisenniveau. Im Vergleich zum Jahr 2001 werden in Deutschland 13,8 Prozent mehr Autos produziert. Über zehn Jahre gesehen ist Deutschland damit der einzige Produktionsstandort in Westeuropa, der wächst. Quelle: dpa
Spanien - 2,35 Millionen produzierte FahrzeugeWährend Volkswagen wächst, bleibt Seat der spanische Patient des Konzerns. Der Niedergang der Marke ist symptomatisch für einen Produktionsstandort, der unter der heimische Wirtschaftskrise leidet. Über die vergangenen zehn Jahre gesehen, schrumpfte die Autoindustrie im Schnitt Jahr für Jahr um 1,5 Prozent. Im Vergleich wurden damit 15 Prozent weniger Autos produziert als noch 2001.
Frankreich - 2,25 Millionen produzierte FahrzeugeNoch schlimmer sieht die Lage in Frankreich aus - und das ist nicht mal ausschließlich der Krise geschuldet. Von 2004 bis 2009 schrumpfte die Autoindustrie des Landes, in drei Jahren sogar zweistellig. Seit 2001 ist die Produktion des Landes um satte 37 Prozent gesunken. Insbesondere die Sparstrategien der französischen Hersteller Renault und Peugeot/Citroën wirken sich negativ aus. Quelle: dpa
Großbritannien - 1,45 Millionen produzierte FahrzeugeIm Jahr 2005 ging mit MG Rover der letzte selbstständige britische Autohersteller in die Pleite. Die zweite Welle folgte 2009 als mehrere Werke schließen mussten und die Produktion um 33 Prozent absackte. Durch den Erfolg des Mini geht es in den letzten Jahren wieder bergauf. Im Zehn-Jahres-Vergleich kommt Großbritannien auf ein Produktionsminus von 13 Prozent. Quelle: dpa
Tschechien - 1,1 Millionen produzierte FahrzeugeDie tschechische Marke Skoda gehört zu den wachstumsstärksten Umsatztreibern des VW-Konzerns. Nicht der Stammsitz Mladá Boleslav ist mittlerweile ein beliebter Standort für Autokonzerne mit einem Wachstum von 141 Prozent hat sich die Autoproduktion in Tschechien innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Schon bald könnten die Tschechen auch Großbritannien überholen.
Polen - 824.000 produzierte FahrzeugeAuch im Nachbarland Polen floriert die Autoindustrie. Auch wenn das Land keine Eigenmarke vorzuweisen hat: Fiat, Opel, Chevrolet und Volkswagen sorgen dafür, dass sich die Autoproduktion des Landes mit einem Wachstum von 101 Prozent verdoppelt hat. Die Aussicht ist allerdings längst nicht so gut wie in Tschechien: Im abgelaufenen Geschäftsjahr schrumpfte die Produktion um 5,3 Prozent. Quelle: rtr
Italien - 743.000 produzierte FahrzeugeZuletzt sprach Fiat-Chef Sergio Marchionne von einem „Blutbad bei den Margen“ - und strich kurzerhand ein milliardenschweres Investitionsprogramm. Obwohl die Produktion in den italienischen Autowerken in den vergangenen zehn Jahren um satte 51 Prozent gesunken ist, herrschen immer noch massive Überkapazitäten. Seit 2008 schrumpft die Produktion des Landes kontinuierlich. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Charakterstark, standfest, preiswert: Trotz dieser Tugenden hat sich der Autohersteller aus Südkorea, dessen Name sich mit Zwillingsdrache übersetzen lässt, hierzulande bisher nicht allzu viele Freunde gemacht. Beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg rangiert der Allradspezialist unter „Sonstige“ und mit rund 700 Neuzulassungen pro Jahr am Ende der Zulassungsstatistik. Diese Stückzahl produziert das VW-Werk Wolfsburg in 3,5 Stunden.

Weltweit sieht es nicht besser aus: 2012 setzte Ssangyong Motor 120.000 Autos ab. Die beiden Fabriken in Korea mit einer Kapazität von 250.000 Fahrzeugen, waren nicht mal zur Hälfte ausgelastet.

„Wir haben wirklich sehr, sehr schwierige Zeiten hinter uns“, gab Ssangyong-Präsident Yoo-il Lee kürzlich bei einem Besuch in Deutschland zu. Der 70-Jährige steht seit bald drei Jahren an der Spitze des börsennotierten Unternehmens, an dem die indische Mahindra-Gruppe seit März 2011 knapp 70 Prozent hält. Lee hatte zuvor das Geschäft von Hyundai in USA geleitet und die Globalisierung von Koreas größtem Autobauer in die Wege geleitet. Seither hat der schmächtige Jurist in seiner Heimat Heldenstatus. Für die Regierung war er der Richtige, als Ssangyong 2009 gerettet werden musste – wieder einmal.

Von Daewoo zu Mahindra

Einst das Flaggschiff des Ssangyong-Konzerns, eines der mächtigen Industrie-Konglomerate (Chaebol), war das 1954 gegründete und auf Transporter und Allradler spezialisierte Unternehmen das erste Mal während der Asienkrise Ende der Neunzigerjahre in finanzielle Schieflage geraten. Zunächst hatte Konkurrent Daewoo das Steuer übernommen, kollabierte aber bald darauf unter der eigenen Schuldenlast. Daewoo wurde an General Motors verkauft und Ssangyong Motor hoch verschuldet in die Hände der Gläubiger gelegt.

Eine Weile sah es so aus, als würde das Unternehmen Teil des DaimlerChrysler-Imperiums von Jürgen Schrempp. Die Stuttgarter lieferten damals Mercedes-Motoren nach Korea und hielten zeitweise bis zu fünf Prozent an Ssangyong – erst 2006 wurden die letzten Anteile verkauft. Doch statt Daimler setzte sich im Bieterverfahren Chinas größter Autokonzern SAIC durch und übernahm 2004 für 500 Millionen Dollar zunächst 48,9, später 51 Prozent.

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