
Die deutschen Automobilzulieferer haben das abgelaufene Geschäftsjahr erfolgreich abgeschlossen. Das darf jedoch nicht über Brüche im System hinwegtäuschen, die immer offensichtlicher werden.
Demnach stimmen 54 Prozent der Automobilzulieferer der Aussage zu, dass ein weiter steigender Kostendruck durch die Automobilhersteller die Existenz des eigenen Unternehmens nachhaltig gefährdet. Das ergab eine Befragung des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.
Die Stimmung im Detail
Nur insgesamt 10 Prozent erwarten eine „schlechte“ oder „sehr schlechte“ Geschäftslage, ein Drittel beurteilt die Aussichten für das nächste Jahr immerhin als „befriedigend“. Knapp 60 Prozent der Zulieferer in Deutschland sehen „gute“ oder „sehr gute“ Geschäftsaussichten für das Jahr 2016.
Im Geschäftsjahr 2014 haben 59 Prozent der Unternehmen die Mitarbeiterzahl erhöht, während nur 8 Prozent Rückgänge zu verzeichnen hatten. Weit überdurchschnittlich gilt dies jedoch mit 74 Prozent für die größeren Automobilzulieferer mit über 500 Mitarbeitern.
Studienleiter Stefan Bratzel: "Auch im Bereich Einkauf sehen die Zulieferer Gefahrenpotenzial. Zwei Drittel der Unternehmen glauben, dass ein preisgetriebener Einkauf zwangsläufig zu Qualitätsproblemen führt".
Zweifel an Vertrauensbasis
Dabei leiden die Mittelständler deutlich stärker unter einem steigenden Kostendruck als die großen Zulieferer. Während knapp zwei Drittel der kleineren Betriebe der Aussage voll oder bedingt zustimmen, dass steigender Kostendruck ihre Existenz nachhaltig gefährdet, sind es bei den großen Unternehmen nur 41 Prozent.
Auslandsaktivitäten der deutschen Zulieferer
Der überwiegende Teil der deutschen Zulieferer ist mit 89 Prozent im westeuropäischen Ausland beziehungsweise mit 59 Prozent bereits in Osteuropa aktiv, gefolgt vom NAFTA-Raum (56 Prozent) und China (51 Prozent).
Zusätzlich halten gleichermaßen rund 13 Prozent ein Engagement im NAFTA-Raum, in China sowie auch Indien in den nächsten 5 Jahren für möglich.
"Bedenklich stimmt, dass viele Zulieferunternehmen Zweifel an der Vertrauensbasis zu ihren Kunden hegen", sagt Bratzel. Immerhin 40 Prozent der befragten Zulieferunternehmen stimmen der Aussage nicht zu, dass ihre Kunden ein Interesse daran haben, dass ihr Unternehmen nachhaltig wirtschaften kann und die Existenz gesichert ist. 58 Prozent sind jedoch anderer Meinung.
Die großen und stärker internationalisierten Automobilzulieferer blicken wohl auch daher wesentlich zuversichtlicher ins nächste Jahr als die mittelständischen Betriebe. Bei den großen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern beurteilen fast zwei Drittel die Aussichten für 2016 als positiv, bei den kleineren sind es dagegen nur knapp die Hälfte.
Auch im Rückblick sind die großen Zulieferer zufriedener als die kleineren. Fast drei Viertel der großen Lieferanten geben an, dass sich die Nachfragesituation 2014 verbessert habe – bei den kleineren war das nur bei der Hälfte der Fall.
Vorsichtiger beim Gang ins Ausland
Die Mehrzahl der Automobilzulieferer (54 Prozent) glaubt zudem, dass Deutschland als Entwicklungs- und Produktionsstandort an Bedeutung verlieren wird. Im Vergleich zur Befragung in 2013 sind die Unternehmen in punkto Auslandsengagement dennoch deutlich vorsichtiger geworden.
Womit die Zulieferer zu kämpfen haben
Immer mehr Innovationen müssen von den Zulieferern selbst kommen. Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben steigen dadurch stark an. Die Zulieferer müssen stärker in Vorleistung gehen und tragen damit ein höheres unternehmerisches Risiko.
Die Autokonzerne bauen immer mehr Werke in Asien oder Mexiko. Damit steigt der Druck auf die Zulieferer, ebenfalls in neue Standorte zu investieren.
Global agierende Autokonzerne schreiben ihre Aufträge immer öfter für die weltweite Produktion aus. Viele mittelständische Zulieferer können weder die geforderten Stückzahlen herstellen noch den Konzernen einfach ins Ausland nachfolgen.
Autokonzerne wie PSA und GM bilden immer öfter Einkaufsgemeinschaften, gleichzeitig steigt die Zahl von Modulbaukästen für die identische Teile in sehr hoher Stückzahl benötigt werden. Beides führt dazu, dass der Preisdruck steigt. Die Zahl der Zulieferer, die das leisten kann, sinkt.
Insbesondere die Russlandkrise schlägt hohe Wellen: Planten im Jahr 2013 noch 23 Prozent der deutschen Zulieferunternehmen, in Russland aktiv zu werden, sind es aktuell nur noch 9 Prozent. Auch die Neigung in Osteuropa zu investieren ging von 17 auf jetzt sieben Prozent deutlich zurück.
Einig sind sich jedoch die Zulieferer in der wichtigen Rolle von Innovationen. Produkt- und Prozessinnovationen stellen demnach für 86 Prozent der befragten Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar.