Volkswagen blickt nach vorn. Der Konzern setzt stärker als erwartet auf E-Autos, zusätzliche Milliardeninvestitionen sollen auf dem Weg helfen. Aber kann der Autogigant das Erbe von „Dieselgate“, die Folgen des jahrelangen Abgasbetrugs, im kommenden Jahr abschütteln?
Fest steht: Die Bereitschaft zum Wandel kann man Volkswagen nicht absprechen, da sind sich die Experten einig. „Es gibt einen Wandel im Konzern“, betont Branchenexperte Stefan Bratzel vom Forschungsinstitut CAM. Die Aussagen von VW-Konzernchef VW-Chef Matthias Müller über ein Ende der Diesel-Subventionen an der Zapfsäule zeigten, dass der Konzern auf dem richtigen Weg sei.
„Da hat VW gut und frühzeitig reagiert“, ergänzt der Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer mit Blick auf die E-Auto-Offensive des Herstellers. Er geht davon aus: VW dürfte 2018 noch besser abschneiden als im laufenden Jahr. Ohnehin prognostiziert er für das kommende Jahr ein Wachstum der weltweiten Verkäufe aller Autobauer um 2,2 Prozent auf 87,3 Millionen Autos.
Dennoch bedeutet auch das Jahr 2018 für Deutschlands größten Industriekonzern eine Gratwanderung. Denn es kostet viel Geld, das Steuer in Richtung E-Mobilität, autonomes Fahren und Digitalisierung herumzureißen, während gleichzeitig „Dieselgate“ Milliarden verschlang - ganz zu schweigen von Vertrauensschwund und dem 2018 beginnenden Anleger-Musterverfahren. Verbraucherschützer wollen zudem gerichtlich klären lassen, ab wann Kunden von Kaufverträgen zurücktreten können und wo Grenzen einer zumutbaren Nachbesserung liegen.
Nicht verschwiegen werden darf aber auch: Unbeirrt von Diesel-Skandal oder auch Kartellverdacht verdient Volkswagen sehr viel Geld. Allein von Januar bis September stieg der Nettogewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über 30 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro. Wichtige Baustellen des VW-Konzerns - und seiner Kunden:
Nachrüstung und drohende Stilllegungen
Im September 2015 musste VW millionenfache Manipulation bei der Abgasreinigung per Täuschungssoftware zugeben. Die Folge: Allein in Deutschland muss der Autobauer bis zu 2,6 Millionen Fahrzeuge per Software-Update nachrüsten - derzeit geht man von insgesamt 2,2 Millionen Autos aus, die noch auf den Straßen unterwegs sind. Umgerüstet sind nach Angaben eines VW-Sprechers 2,05 Millionen Autos in Deutschland, rund 200 000 fehlten noch. Weltweit wurden bislang rund 6,6 Millionen Autos umgerüstet. Ursprünglich sollte dies bis zum Jahresende abgeschlossen sein, VW macht aber klar: wer nach dem Jahreswechsel die Umrüstung will, bekommt sie weiter kostenlos.
Was aber ist mit VW-Kunden, die die Umrüstung nicht wollen? Wie groß deren Zahl ist, ist unklar, die Gründe sind vielfältig: Sei es, dass der betreffende Autofahrer gegen VW auf Schadenersatz klagt und das - unveränderte - Auto als Beweismittel braucht, sei es, dass ein VW-Fahrer sein illegal chip-getuntes Auto lieber nicht vorführt - die Frage ist, was passiert, wenn Autofahrer einem behördlich angeordneten Rückruf nicht Folge leisten. Autos ohne Update müssten eigentlich stillgelegt werden, weil die Betriebserlaubnis erloschen sei, wie aus einer niedersächsischen Straßenverkehrsbehörde verlautet.