Allerdings gebe es keine klare Anweisung vom Verkehrsministerium oder vom Kraftfahrtbundesamt, erklärt ein Mitarbeiter des niedersächsischen Straßenverkehrsamts. Stattdessen sollten die - eigentlich weisungsgebundenen - untergeordneten Behörden in eigenem Ermessen entscheiden. Beschließt die Behörde aber den sofortigen Vollzug der Stilllegung und ein Gericht stellt später fest, dass dies nicht rechtens war, gibt es ein neues Problem: Wer ersetzt dem Autofahrer seinen Schaden? Nach Angaben aus dem Straßenverkehrsamt könnte sogar die Plakette bei der Hauptuntersuchung verweigert werden, wenn das betreffende Auto nicht umgerüstet wurde. Bratzel betont, es müsse mehr Transparenz beim Kraftfahrtbundesamt geben.
Der Streit um Garantien
Ein Zugeständnis von VW, mögliche Kundenansprüche auch nach dem Ende normaler Garantien weiter zu beachten, läuft zum Jahresende aus. Verbraucherschützer kritisieren dies, der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) klagt gegen einen VW-Händler und will damit generelle Klarheit über Garantiezusagen erreichen. Vzbv-Chef Klaus Müller sagte, es gehe um die Frage, ob Verbrauchern eine Nachrüstung zuzumuten sei, „wenn damit Folgeschäden verbunden sein könnten und der Händler nicht bereit ist, für diese einzustehen“. Ein VW-Sprecher betonte unlängst: „Das Update funktioniert.“
Ohnehin hatte VW angekündigt, mögliche Defekte im Zusammenhang mit der Umrüstung zwei Jahre lang kostenlos zu beheben. Sollten Defekte auftreten, sollten diese geprüft werden. „Das ist keine Garantie, sondern eine vertrauensbildende Maßnahme“, betonte ein Sprecher. Für VW-Kunden bedeutet das: Sollte VW sich weigern, ein Problem zu beheben, müssten die Kunden im Streitfall vor Gericht beweisen, dass ein Defekt durch die Umrüstung verursacht wurde.
Klagen und Prozesse
Auch wenn der Rubel wieder rollt - Volkswagen steckt noch immer mitten in der juristischen Aufarbeitung des Abgasskandals. Und das an mehreren Fronten: Tausende von Dieselkunden fühlen sich von VW hintergangen und verlangen auch in Deutschland eine Entschädigung.
Außerdem steht Volkswagen das Musterverfahren der Anleger bevor. Diese werfen dem Management vor, im September 2015 zu spät über die Abgas-Manipulationen informiert zu haben. Volkswagen weist dies zurück. Das Problem: Nach dem Bekanntwerden der gefälschten Stickoxidwerte bei Millionen von Dieselmotoren war der Aktienkurs steil nach unten gegangen, fast die Hälfte ihres Wertes hatten die Vorzugspapiere des Konzerns zwischenzeitlich verloren. Viele Anleger wollen sich ihre Verluste erstatten lassen. Das Musterverfahren gegen VW am Oberlandesgericht Braunschweig soll im September 2018 beginnen. Es geht um Milliarden - wieder einmal.
Damit nicht genug: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt außerdem wegen des Verdachts auf Betrug. Allein hier geht es - einschließlich eines Verfahrens gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn - um fast 40 Beschuldigte. In den USA sind die Gerichte schon weiter: Sieben Jahre Gefängnis, 400.000 Dollar Geldstrafe - VW-Manager Oliver Schmidt bezahlt seine Rolle in der „Dieselgate“-Affäre mit der Höchststrafe.