KSS Was hinter dem Takata-Deal steckt

Es hatte sich bereits angedeutet: Takata ist insolvent. Doch ein Käufer für den Airbag-Hersteller steht schon parat. Die wichtigsten Antworten zu dem Deal und die Auswirkungen auf die Autobranche.

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Takata hat Insolvenz angemeldet Quelle: AP

Der japanische Airbag-Hersteller Takata hat wegen der Folgen eines gewaltigen Rückruf-Desasters Insolvenz in Japan und den USA angemeldet. Das teilte der 1933 gegründete Konzern am Montag mit. Neben dem Mutterkonzern in Tokio wird die US-Tochter TK Holdings in die Insolvenz geschickt. Grund für diesen Schritt sind immense Kosten und Verbindlichkeiten wegen millionenfacher Rückrufe. In Europa sei indes nicht geplant, Insolvenzverfahren einzuleiten. Die Verfahren in den USA und Japan hätten keine wesentlichen negativen Auswirkungen auf Takata in Europa, hieß es.

Ein Käufer steht auch schon parat: Jetzt soll Takata von KSS übernommen werden – für 175 Milliarden Yen (1,4 Milliarden Euro). Doch was steckt hinter dem Deal? Und wie geht es weiter? Die wichtigsten Antworten.

Wer ist KSS?

Key Safety Systems (KSS) ist ein auf Sicherheitstechnik spezialisierter Autozulieferer aus Michigan, USA. KSS hat allerdings einen chinesischen Eigentümer, hinter dem Zulieferer steht Joyson Electronics. Joyson beliefert selbst die Autoindustrie mit seinen Elektronikbauteilen, etwa mit Steuergeräten für Klimaanlagen, Bedieneinheiten für Infotainmentsysteme oder Lade-Controller für Elektroautos. Daneben baut Joyson auch andere Autoteile, die nichts mit Elektronik zu tun haben – zum Beispiel Lufteinlässe, Scheibenreinigungssysteme oder Lenkräder. Zu den Kunden gehören auch Daimler, BMW und Audi.

KSS agiert nach eigenen Angaben eigenständig von Joyson. Man habe eine unabhängige Kapitalstruktur und einen eigenen Aufsichtsrat, wie es auf der Unternehmenshomepage heißt. KSS stellt selbst Airbags her, aber auch andere Sicherheitssysteme wie aktive Motorhauben, Umgebungssensoren (für Totwinkelwarner etc.) und Sicherheitsgurte. Weltweit arbeiten 13.000 Menschen für den Zulieferer. In Deutschland unterhält KSS zwei Standorte, im hessischen Raunheim und im bayerischen Oberpfaffenhofen.

Was hat KSS mit Takata vor?

Zunächst einmal soll mit den Erlösen aus dem Verkauf der Restrukturierungsplan von Takata finanziert werden. Beide Seiten haben eine Grundsatzvereinbarung erzielt, wonach KSS nahezu alle Vermögenswerte und operativen Geschäfte übernimmt. Darunter fällt nicht nur die Airbagsparte von Takata, sondern auch deren Geschäft mit Sicherheitsgurten und Lenkrädern – also Bereiche, an denen KSS und der Mutterkonzern Joyson aktiv sind. Der Rest von Takata dürfte soweit wie möglich verkauft werden. Die Aktien sind bereits vom Handel an der Tokioter Börse ausgesetzt. Sie sollen laut Medienberichten am Dienstag vom Börsenzettel gestrichen werden. Am selben Tag hält das Unternehmen seine Gesellschafterversammlung ab.

Durch den nun geplanten Zusammenschluss von nahezu allen Bereichen von Takata und KSS würde ein Anbieter von Sicherheitssystemen für Autos mit etwa 60.000 Mitarbeitern in 23 Ländern geschaffen. „KSS ist nicht nur der ideale Investor, um die Kosten in Zusammenhang mit den Rückrufen von Airbag-Gasgeneratoren zu bewältigen, sondern auch ein optimaler Partner für Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter des Unternehmens“, sagte Shigehisa Takada, Vorstandsvorsitzender von Takata.

Fünf Gründe für die häufigen Rückrufe

Wie ist die finanzielle Lage bei Takata?

Wegen des Rückruf-Desasters um die fehlerhaften Airbags hat Takata Schulden von umgerechnet über acht Milliarden Euro angehäuft. Zudem hatte sich das Unternehmen im Januar mit der US-Justiz auf einen Vergleich geeinigt. Takata gab kriminelle Vergehen zu und willigte ein, Strafen in Höhe von einer Milliarde Dollar zu zahlen. Der geplante Verkauf soll jetzt helfen, damit Takata Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen betroffenen Automobil-Kunden nachkommen kann.

Hat die Insolvenz Einfluss auf die Rückrufaktion?

Die weltweite Geschäftstätigkeit und die Lieferungen an Kunden sollen auch nach den Insolvenzverfahren ohne Unterbrechung fortgeführt werden. Takata kündigte an, auch die Lieferung von Ersatz-Gasgeneratoren für die laufenden Airbag-Rückrufe fortzusetzen.

Gibt es auch strafrechtliche Folgen?

Gegen drei Manager wurden Strafanzeigen gestellt. Laut Anklage sollen sie mit manipulierten Testergebnissen bewusst die Risiken mangelhafter Airbags verschleiert haben.

Wer war alles von den fehlerhaften Takata-Airbags betroffen?

Von den deutschen Herstellern unter anderem Daimler, Volkswagen und BMW. Alle haben im Zusammenhang mit der Rückrufaktion hohe Millionenbeträge zurückgestellt. Takata beliefert aber auch viele japanische und amerikanische Hersteller. Gemessen an der Anzahl der zurückgerufenen Autos war Honda am stärksten von dem Takata-Debakel betroffen.

Was war die Ursache für die Airbag-Probleme?

Eine Kombination aus drei Faktoren: fehlende wasserabsorbierende Chemikalien, hohe Temperaturen und eine mangelhafte Bauweise. Das sagen zumindest zehn betroffene Autobauer. Die Unternehmen – darunter BMW, Toyota und General Motors – hatten sich im Dezember 2014 zu einer unabhängigen Testkoalition zusammengeschlossen und die Untersuchung in Auftrag gegeben. Ein bestimmtes Ammoniumnitrat, das Takata verwendet hat, kann keine Flüssigkeiten aufnehmen. Steht und fährt der Wagen lange Zeit in einem feucht-warmen Klima, kann die mangelhafte Konstruktion nicht verhindern, dass Feuchtigkeit eindringt – der Teufelskreis ist komplett. Diese Hypothese wird durch die Tatsache gestützt, dass die meisten der tödlichen Unfälle im warmen Süden der USA registriert wurden.

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