Damit die Metalle nicht bald zum sprichwörtlichen alten Eisen gehören, steht aber auch hier die Entwicklung nicht still. „Hoch- und höchstfeste Stähle sind die Wachstumsmärkte der Zukunft“, sagt Automotive-Experte Christian Kleinhans, Partner der Unternehmensberatung Berylls. „Bis 2025 entfallen darauf mehr als zwei Drittel des Marktwachstums im Karosserieleichtbau. Warmumformung und neue Stahlgüten schaffen hier zusätzliche Leichtbaupotenziale, und das mit vergleichsweise hoher Wirtschaftlichkeit.“
Jeder Hersteller sieht diese Potenziale aber anders und setzt deshalb unterschiedliche Schwerpunkte in der Entwicklung des Leichtbaus. „Daimler ist mit der neuen S- und C-Klasse beim Multi-Material-Design sicherlich führend. BMW hat mit i3 und i8 bei Karbonfaser in größeren Fahrzeugstückzahlen richtig vorgelegt“, sagt Kleinhans. „Volkswagen treibt massiv den intelligenten Stahlleichtbau voran, während Audi weiterhin über die meiste Expertise bei Aluminium verfügt.“
Dass die VW-Premium-Tochter Audi auf Alu und die Kernmarke Volkswagen mehr auf Stahl setzt, hat einen einfachen Grund: Bei höherwertigen Autos kann Audi die Preise für Aluminium bei den Kunden durchsetzen. In den preissensiblen Segmenten ist der Kostendruck aber zu hoch.
Serieneinsatz in drei Jahren möglich
Hier bieten Verbundbleche neue Möglichkeiten. Sie sind deutlich günstiger, wiegen aber ebenfalls erheblich weniger. Sie werden aus zwei zwischen 0,2 und 0,3 Millimeter dünnen Stahlblechen und einer zwischen ihnen verpressten Kunststoffverbindung mit 0,3 bis 1 Millimeter Stärke geformt.
ThyssenKrupp hat unter dem Produktnamen LiteCor ein solches Leichtblech entwickelt, das bereits im VW Polo R WRC zum Einsatz kommt. Die Motorhaube des Renn-Polos, mit dem Volkswagen in den vergangenen beiden Jahren die Rallye-WM gewonnen hat, wiegt noch 4,5 Kilogramm – rund zwei Kilo weniger als das Serienbauteil.
Bis sich die Verbundbleche auch bei Serienautos durchsetzen, dürfte es noch ein paar Jahre dauern. „Aus aktueller Sicht können größere Mengen für den Serieneinsatz ab 2018 bereitgestellt werden“, sagt Oliver Hoffmann, Leiter Anwendungstechnik bei ThyssenKrupp Steel Europe. „Hierbei wird sich das Spektrum auch auf Innenteile ausweiten mit einem erweiterten Abmessungsspektrum.“ Hoffmann erwartet, dass das neue Material zunächst über diverse Kleinteile dann über Innenteile den Weg zur Außenhaut findet.
Bei Bauteilen wie der Polo-Motorhaube kann die Gewichtsersparnis gegenüber konventionellen Stahlblechen über 30 Prozent betragen – das macht ungefähr 1,5 Kilo pro Quadratmeter aus. „Noch höheres Potenzial sehen wir bei einer LiteCor-Variante, die bei Strukturteilen zum Einsatz kommen wird“, sagt Hoffmann.
Doch um von der Industrie angenommen zu werden, ist es mit einer reinen Gewichtsersparnis nicht getan. An Autotüren ist zum Beispiel kaum ein Stück Blech gerade, geschwungene Formen und scharfe Designkanten prägen das moderne Design – und in diese anspruchsvollen Formen muss das Material erst einmal gebracht werden.
„Unser Ziel ist es, dass Kunden weitestgehend die heute schon zum Einsatz gebrachten Umform- und Fügetechniken nutzen können“, sagt Hoffmann. So können die Verbundbleche mit ihrer Stahl-Außenhaut verklebt oder mit einem modifizierten Punktschweißen mit anderen Bauteilen verbunden werden.