
4,5 Milliarden Euro Umsatz und ein Gewinn vor Steuern und Zinsen von 151 Millionen Euro. Leoni-Chef Dieter Bellé kann mit dem vergangenen Jahr nicht zu frieden sein. Am 12. Oktober schockte der im M-Dax notierte Autozulieferer seine Anleger mit einer Gewinnwarnung. Ursprünglich lag das Gewinnziel bei 200 Millionen Euro, Bellé senkte die Prognose auf nur noch 130 Millionen Euro.
Die tatsächlichen Zahlen sind etwas besser - das liegt allerdings vor allem an einem positiven Einmaleffekt von mehr als 19 Millionen Euro aus dem anteiligen Verkauf des Werks im chinesischen Langfang. Darum bereinigt lag das Vorsteuerergebnis nur noch leicht über den prognostizierten 130 Millionen.
Wissenswertes zu Leoni
Gründung: Leoni wurde 1917 gegründet, war ab 2002 im deutschen MDax notiert und stieg 2018 in den SDax ab
Konzernumsatz: 5,1 Milliarden Euro in 2018
Beschäftigtenzahl: rund 92.000 Mitarbeiter in 32 Ländern
Produkte: Drähte, optische Fasern, Kabel und Kabelsysteme; hauptsächlich für die Automobilindustrie von der einadrigen Fahrzeugleitung bis zum kompletten Bordnetz-System mit integrierter Elektronik. Darüber hinaus umfasst das Leistungsspektrum Drähte und Litzen, Glasfaserkabel, standardisierte Leitungen sowie Spezialkabel und komplett konfektionierte Systeme für Anwendungen in unterschiedlichen industriellen Märkten
Quelle: Leoni, Stand 2018
...begann der Franzose Anthoni Fournier mit einer Handvoll Mitarbeitern in Nürnberg die Herstellung feinster Gold- und Silberdrähte. Seine Söhne führten die Produktion fort und erweiterten sie.
...ging aus diesen Anfängen die Leonische Werke Roth-Nürnberg AG hervor.
...firmiert das Unternehmen dann in die AG um.
Die Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr 2015/2016 - ursprünglich 4,8 Milliarden Euro - liegt nun bei nur noch 4,4 Milliarden. Das Ebit mit nur noch 105 Millionen bleibt weit unter der ursprünglich anvisierten Marge von sieben Prozent. "Nach der Gewinnwarnung im letzten Jahr enttäuscht Leoni erneut mit einem wenig begeisternden Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2016", sagt Nord LB-Analyst Frank Schwope. "Nach den starken Kursrückgängen der letzten Monate rechnen wir allerdings mit Aufholpotenzial für die Aktie." Grundsätzlich bleibe Leoni bei niedrigen Kursen aber auch ein Übernahmekandidat. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Gerüchte über Interesse chinesischer Investoren gegeben.
"Um die Ohren geflogen"
Grund für das schwache Abschneiden 2015 waren Probleme in der Bordnetz-Sparte, also jenem Geschäftsbereich, der sich mit der Gesamtheit aller elektrischen Komponenten im Auto beschäftigt. Eine unerwartet große Menge an Aufträgen, führte zu Chaos, dem das Management nicht Herr wurde. "Der Standort Rumänien ist um im September regelrecht um die Ohren geflogen", fasste Leoni-Chef Dieter Bellé die Ereignisse Anfang November zusammen.
Leoni gab sich vor einigen Monaten eine neue Matrixorganisation. Die sollte eigentlich dazu führen, dass nicht jede Entscheidung in der Zentrale getroffen werden muss, sondern die einzelnen Abteilungen im Bordnetzbereich eigenständiger arbeiten können. Doch mangelnde Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Geschäftseinheiten haben dazu geführt, dass das Werk Rumänen "völlig überfordert war", gab Bellé zu.
Die verschiedenen Projektleiter hatten sich schlicht nicht abgesprochen und das Werk mit zu vielen Aufträgen bombardiert. Unter anderem deshalb waren die Anlaufkosten sehr viel höher als die geplanten sechs Millionen Euro - auch weil viel mehr neue Mitarbeiter eingestellt werden mussten und gleichzeitig der Mindestlohn stark gestiegen ist.
Das Unternehmen hat bereits Konsequenzen aus dem Fiasko gezogen. Der für die Division Bordenetze zuständige Vorstand Andreas Brand hat das Unternehmen verlassen. Weitere personelle Konsequenzen seien nicht geplant, so Bellé. Im Vorstandskreis hätte man die Probleme bei den einzelnen Projekten leider erst "recht spät erkennen können. Das Projektmanagement hätte es sicherlich früher sehen müssen."
Bei der Präsentation der Zahlen für das dritte Quartal im Herbst sagte Bellé, er rechne generell mit guten Geschäftsaussichten für die nächsten vier bis fünf Jahre. Positiv sollten sich zum Beispiel die wachsende Zahl an Elektro- und Hybridfahrzeugen auswirken, da dort mehr Kabel und komplexe Bordnetze benötigt werden. Im November lag Leoni ein Auftragsbestand für die nächsten fünf Jahre von 12 Milliarden Euro vor.