Luca de Meo Wer ist der neue Mann an der Renault-Spitze?

Luca de Meo Quelle: REUTERS

Der Italiener Luca de Meo soll den Traditionsautobauer Renault wieder in Schwung bringen. Das ist dringend notwendig. Aber hat de Meo das Zeug dazu?

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Es hätte so schön werden sollen. Am Dienstagabend enthüllte Seat seinen Hoffnungsträger: das neue Modell des Leon. Doch ausgerechnet Luca de Meo, bis Ende 2019 Chef von Seat – und damit eng mit der Entstehung des neuen Leon verbunden – sorgte am Abend für ganz andere Schlagzeilen in der Autobranche.

De Meo, eine der bunteren Erscheinungen im sonst so grauen Autobusiness, wechselt zu Renault. Der Aufsichtsrat des Konzerns berief den gebürtigen Italiener am Dienstag an die Spitze des französischen Autobauers. De Meo soll seinen Posten bei Renault ab 1. Juli antreten.

Es ist eine Rückkehr nach langer Reise. Bei Renault hatte de Meo seine Karriere begonnen, bevor er zu Toyota und anschließend zu Fiat wechselte. Dort wurde er nach der erfolgreichen Wiederbelebung des legendären Kleinwagens Fiat 500 zur italienischen Personifizierung des Neustarts. Kenntnisse und Charisma des Mailänders blieben schließlich auch in anderen großen Konzernzentralen nicht unbemerkt. Überraschend wechselte de Meo 2009 nach Wolfsburg zu VW.

Der grauhaarige Italiener mischte mit überschaubarem Erfolg das Marketing bei Volkswagen auf, ehe er die Vorstandsposition für Marketing und Vertrieb bei Audi bekam – einen der renommiertesten Posten des Wolfsburger Konzerns. 2015 wurde er dann als Seat-Chef Nachfolger von Jürgen Stackmann, der wiederum nach Wolfsburg wechselte.

Was de Meo im VW-Konzern gelang

Luca de Meo gilt nicht nur aufgrund seiner vorherigen Posten als ausgemachter Marketingexperte. Bei Kongressen waren seine Vorträge dank Filmen und Illustrationen schon vor Jahren immer etwas bunter und abwechslungsreicher als die der meisten anderen Referenten. Mit einem Lächeln kann er Menschen im Vorbeigehen gewinnen.

Ausgerechnet mit der Händlerschaft der verschiedenen Marken tat sich de Meo aber nicht immer leicht. So ist von Wegbegleitern bei Fiat Chrysler, VW, Audi und Seat immer wieder zu hören, dass er zwar für verrückte Ideen stets ein offenes Ohr habe, diese jedoch über Defizite im Vertrieb nicht immer hinweghelfen können. De Meo treibt lieber Innovationen voran, will Autokonzerne zu Mobilitätsunternehmen der Zukunft machen.

In den mehr als vier Jahren seiner Tätigkeit als Seat-Kopf haben sich die Zahlen der spanischen VW-Tochter insbesondere durch erfolgreiche SUV wie Arona oder Ateca deutlich verbessert. Und doch steht der nordspanische Autobauer weiter auf der Kippe. 2018 brachten 518.000 verkaufte Fahrzeuge einen Gewinn von immerhin 294 Millionen Euro. Jedoch werden die Umsätze im Wesentlichen von drei Ländern getragen – und das ist für eine vermeintliche Weltmarke ein gewaltiges Risiko. Zudem bekam Seat in China bisher kein Rad auf den Boden.

Auch die Idee, Seat mit Cupra eine eigene ertragreiche Submarke zu spendieren, wurde von Luca de Meo gesteuert. Mit deren Bekanntheit ist es trotz solider Verkäufe aber nicht zum Besten bestellt. Es gilt als unwahrscheinlich, dass Seat und Cupra auf lange Sicht im Volkswagen-Markenkonglomerat nebeneinander bestehen dürfen. Immer wieder kommen Gerüchte auf, Seat solle eingestellt werden, um Cupra zu einer modernen Elektromarke unter dem Volkswagen-Dach zu machen.

De Meo drückte in den vergangenen drei Jahren mächtig auf die Tube, um Seat in eine vernetzte Zukunft zu tragen. „Von nun an müssen wir daran arbeiten, einen traditionellen Sektor in ein multidisziplinäres und flexibles Umfeld zu verwandeln, wobei die Funktion als wirtschaftliche und soziale Triebfeder bewahrt werden muss“, so Luca de Meo. „Das neue Ökosystem der Mobilität erfordert Verständnis und Dialog zwischen Verwaltung, Autoherstellern und Wirtschaftszweigen wie Energie und Telekommunikation, die seit Neuestem zur Wertschöpfungskette der Autoindustrie gehören.“

Der vorhersehbare Wechsel?

Als vor rund drei Monaten Renault-CEO Thierry Bolloré gestürzt wurde, tauchte der Name Luca de Meo ungewöhnlich schnell in den Schlagzeilen auf. Anderen Kandidaten wie Interims-CEO und Chief Financial Officer Clotilde Delbos, Toyota-Vizepräsident Didier Leroy oder Faurecia-CEO Patrick Koller wurden kaum ernsthafte Chancen eingeräumt. Ungewöhnlich offen bekundete der Verwaltungsrat von Renault nach dem wenig ruhmreichen Abschied von Carlos Ghosn, dass Luca de Meo unter verschiedenen Kandidaten die absolute Wunschbesetzung sei.

Bis zum Amtsantritt von de Meo wird Clotilde Delbos weiter als Interim-Vorstandsvorsitzende des Unternehmens tätig sein und anschließend die Position der Deputy Chief Executive Officer einnehmen. Dass de Meo seine neue Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Renault S.A. und Präsident der Renault S.A.S. zum 1. Juli 2020 aufnimmt, dürfte für den Autokonzern gerade noch erträglich sein. Im schlimmsten Fall hätte nach dem Abgang von Seat eine Sperre bis 2021 drohen können.

Renault aber war daran gelegen, dass de Meo möglichst rasch anfängt. Immer größer sind in den vergangenen Monaten die Probleme des Unternehmens mit Kooperationspartner Nissan geworden, der offen eine Separation ansprach. Damit hätte Renault jedoch auf einen Schlag die wichtigen Märkte in Nordamerika und teilweise auch in Asien verloren.

Unter Druck gerät Renault unter anderem auch durch den Zusammenschluss des Rivalen Peugeot mit Fiat Chrysler – und die schärferen Klimavorgaben in der EU, mit denen alle Autobauer zu kämpfen haben.

Für Luca de Meo gibt es viel zu tun.

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