
Kurz vor der Hauptversammlung der Porsche-Holding war es dann klar: Ferdinand Piëch wird nicht erscheinen. Bei der VW-Hauptversammlung in der vergangenen Woche ließ sich der Autopatriarch schon nicht mehr blicken, nachdem er als Aufsichtsratschef von Volkswagen zurückgetreten war. Bei der Porsche-Holding hat er den Kontrolleursposten zwar nicht abgegeben. Ein Sprecher der Porsche SE sagte der Deutschen Presse-Agentur aber am Mittwochmorgen, Piëch habe kurzfristig mitgeteilt, dass er nicht kommen werde.
Über die Gründe war zunächst nichts bekannt. Dass Aufsichtsräte einer Hauptversammlung fernbleiben, ist an sich nicht ungewöhnlich. Bei Porsche wäre das Aktionärstreffen allerdings der erste Anlass seit dem großen Krach gewesen, bei dem Piëch und VW-Chef Martin Winterkorn gemeinsam hätten erscheinen können.
Wie ist die Ausgangslage?
„Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Mit diesen Worten entfachte Piëch vor etwas mehr als vier Wochen einen Machtkampf um die VW-Führungsspitze. Nach zwei Wochen stand Vorstandschef Martin Winterkorn als Sieger fest. Piëch, der Europas größten Autokonzern jahrzehntelang als Machtzentrum und VW-Großaktionär geprägt hatte, legte sein Amt als Chefkontrolleur nieder. Auch seine Ehefrau Ursula trat von ihrem Aufsichtsratsmandat zurück.
Piëch und seine Figuren
Auf dem Weg des Ferdinand Piëch vom Audi-Manager auf den Aufsichtsratschefsessel des größten Autokonzerns Europas, blieb so mancher Top-Manager auf der Strecke. Die wichtigsten Stationen zusammengefasst.
Nach fünf Jahren als Vize übernimmt Piëch bei Audi den Chefsessel von Wolfgang Habbel und baut die Marke mit den vier Ringen zur Premiummarke um. In die Ära des Vollblutingenieurs fällt die Entwicklung des Super-Diesels TDI sowie des Allradantriebs Quattro.
Als neuer VW-Chef wirbt Piëch den Einkaufschef José Ignacio López vom Konkurrenten General Motors (GM) ab, der die Preise der Zulieferer drücken soll. Wegen des Verdachts, GM-Betriebsgeheimnisse an VW verraten zu haben, muss Piëch 1996 López fallen lassen.
Piëch heuert das IG-Metall- und SPD-Mitglied Peter Hartz als VW-Personalchef an. Der führt die Vier-Tage-Woche ein und spart so 500 Millionen Euro Lohnkosten. Nachdem auffliegt, dass VW unter ihm Luxusreisen und Bordellbesuche für Betriebsräte finanzierte, muss Hartz gehen.
Als Piëch 2002 VW-Aufsichtsratschef wird, installiert er Ex-BMW-Chef Bernd Pischetsrieder als VW-Lenker. Der agiert eigenständig, macht Piëch-Ideen rückgängig. Fünf Jahre später schweigt Piëch demonstrativ, als er gefragt wird, ob Pischetsrieder im Amt bleibt. Kurz darauf holt er Winterkorn.
Jahrelang versuchte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking unter der Aufsicht von Piëch VW zu übernehmen. Als dies scheitert, sagt Piëch auf die Frage von Journalisten, ob Wiedeking sein Vertrauen genieße: „Zurzeit noch. Das ,Noch‘ können Sie streichen.“ Wiedeking muss gehen.
Was hat das mit der Porsche-Holding zu tun?
Seit der Übernahmeschlacht vor sechs Jahren ist die Porsche Automobil Holding SE quasi die Muttergesellschaft über dem VW-Konzern. Die Holding war einst gebildet worden, um Volkswagen zu schlucken. Am Ende brachte es Porsche aber nur auf 51 Prozent. Außerdem wurde der Sport- und Geländewagenbauer Porsche - die Porsche AG - an VW verkauft. Viele Positionen sind seitdem in Personalunion besetzt. Martin Winterkorn beispielsweise ist nicht nur Vorstandschef bei VW, sondern auch bei der Porsche-Holding.
Welche Rolle spielt Piëch bei der Porsche-Holding?
Im Gegensatz zu seiner früheren Rolle im Volkswagen-Konzern ist Piëch hier nur einfaches Aufsichtsratsmitglied. Den Vorsitz bei der Porsche SE hat sein Cousin Wolfgang Porsche. Neben Piëch sitzt auch noch sein Bruder Hans Michel Piëch in dem Kontrollgremium.
Welche Macht hat Piëch bei Porsche noch?
Die stimmberechtigten Stammaktien der Holding sind in der Hand der Familien Porsche und Piëch. Die genaue Aufteilung wird dabei üblicherweise nicht veröffentlicht. Ferdinand Piëch und seinem Bruder Hans Michel sind nach dpa-Informationen jeweils 13,16 Prozent der PSE-Stammaktien zuzuordnen.
Wird Piëch seinen Posten bei der Holding auch abgegeben?
Das stand bislang nicht zur Debatte. Wenn Piëch diesen Schritt machen würde, gäbe er weitere Macht im Porsche-Volkswagen-Konglomerat ab.
Könnte er auch dort versuchen, Martin Winterkorn abzusetzen?
Auch das war bisher kein Thema. Da Piëch mit seinem Vorstoß schon bei Volkswagen keinen Erfolg hatte, gelten ähnliche Versuche bei Porsche als unwahrscheinlich. Die Porsche-Familie hat früheren Angaben zufolge ein leichtes Übergewicht bei der PSE, Wolfgang Porsche höchstpersönlich hatte Winterkorn den Rücken gestärkt. Überdies ist sich auch die Familie Piëch nicht immer einig, wie Piëchs Kritik an der Berufung zweier Nichten in den VW-Aufsichtsrat zeigt.
Was halten die Porsche-Aktionäre von dem Ganzen?
Hier muss man unterscheiden: Die mit Stimmrechten ausgestatteten Stammaktien sind komplett in der Hand der Familien Porsche und Piëch. In der Regel sind die Beschlüsse auf der Hauptversammlung deshalb auch unstrittig. Die Vorzugsaktionäre, die von Dividenden profitieren und reines Rederecht haben, könnten sich zu Wort melden. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, die Kleinaktionäre vertritt, stellt die Doppelrolle Winterkorns bei Volkswagen und bei der Porsche-Holding infrage. Kritische Aktionäre, die sich schon bei der Volkswagen-Hauptversammlung Anfang Mai zu Wort gemeldet hatten, schlugen sich überraschenderweise auf Piëchs Seite.